7. September 2016

Abenteuer Reisen

Das Wetter meinte es gestern nicht gut mit uns. Und so wurden wegen des Dauerregens die Außenaktivitäten beim Besuch des Naturparks Purkersdorf zusammengekürzt. In dem westlich von Wien gelegenem, eher touristisch orientierten Ausflugsziel beschäftigt man sich ebenfalls sehr intensiv mit Angeboten für sehgeschädigte Gäste. Unsere Ansprechpartnerin hatte sich wirklich gut vorbereitet und gab sich viel Mühe. Ich ersparte mir allerdings den Rundgang im Freien, um nicht völlig durchgespült zu werden. Der anschließende Erfahrungsaustausch im Trockenen wurde jedoch durchaus interessant, denn diesmal kamen Gastgeber und auch Gäste zu Wort.

Danach begann der spannendste Teil des Tages. Der Transfer nach Admont ausschließlich mittels öffentlicher Verkehrsmittel. Die Züge der ÖBB sowie der U-Bahn ließen sich dabei für mich relativ problemlos nutzen. Zwar war hin und wieder beim Ein- und Aussteigen Unterstützung durch meine Begleiter erforderlich. Doch das Personal war recht engagiert. Allerdings sollte dabei erwähnt werden, daß unsere "Reiseleiterin" die Umstiegshilfen vor der Reise von Deutschland aus reserviert hatte.

Für Nervenkitzel sorgte zwischendurch jedoch der planmäßige Schienenersatzverkehr von Waidhofen / Ybbs nach Kleinreifling. Obwohl die Dispatcher bei der Bahn wußten, daß ein Rollifahrer unterwegs ist, wurde kein geeigneter Bus bereitgestellt - und das trotz extrem kurzer Anschlußzeiten. Glücklicherweise erklärten sich zwei meiner Mitstreiter ohne lange Diskussion zu einer unkonventionellen Aktion bereit: Einer griff mir unter die Arme, der andere faßte meine Beine, um mich danach zu zweit in den Reisebus zu hieven. Nachdem alles Gepäck und mein Rollstuhl endlich verstaut waren, fuhr der Busfahrer wie die Feuerwehr. So konnte er die verlorene Zeit noch gutmachen und wir erreichten rechtzeitig unseren nächsten Zug. Jetzt weiß ich, woher der Begriff "Bahnerlebnisreisen" kommt ...

Mit dem Swiss-Trac am Beginn des Leierweges
(Aufnahmeort)
Unser neues Quartier in Admont, das Hotel "Traube", war zwar nicht uneingeschränkt barrierefrei, für mich als mobilen Rollifahrer aber akzeptabel. Nach einer Einführung zum Gebiet am Vorabend erkundeten wir heute von hier aus barrierefreie Angebote im Nationalpark Gesäuse. Dazu gehörten die "Wanderung" auf dem erst unlängst fertiggestellten Leierweg, die Besichtigung einiger Stationen im Nationalpark-Erlebniszentrum Weidendom und schließlich die Besichtigung einer Ausstellung zur Geologie des Gebirges in Gstatterboden. Bei der Wanderung konnte ich nun auch mal einen Swiss-Trac testen, der hier für 25,-EUR pro Tag bzw. 4,-EUR pro Stunde inkl. Rollstuhl ausgeliehen werden kann. Es gibt sogar einen speziellen "Barrierefreien Wanderführer" dazu.

Insgesamt hatte ich den Eindruck, daß man sich hier um spezielle Angebote für Besucher mit Mobilitätseinschränkungen bemüht, wobei man dabei jedoch eine ganz andere Vorstellung von Inklusion vertritt, als sie in meinem Kopf existiert. Vieles ist eben Ansichtssache, und auch ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen.

Unsere Besichtigungstour klang mit dem Besuch des Benediktiner-Stifts Admont aus. Neben der eindrucksvollen Klosterbibliothek war ich besonders von einer Installation mit Spiegeln begeistert, bei der man den Eindruck hatte, auf einem Balkon in einem riesigen Auditorium vor einer großen schwebenden Kugel zu stehen. Die Erläuterungen des unsichtbaren und allgegenwärtigen Sprechers zum Benediktiner-Orden und seinem Gründer begleitete dabei auf der Kugel eine Symphonie von Farben und Bildern. Großartig!

Abends wurde es in der Diskussionsrunde zur Tagesauswertung noch einmal ungewohnt lebhaft. Schließlich hat jeder Teilnehmer seine eigenen Erfahrungen zum Thema Barrierefreiheit und deren Umsetzung. Für mich ist es jedenfalls gut, auch mal die Standpunkte der anderen zu erfahren.

Das erweitert den eigenen Horizont.

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