27. November 2016

Hunger-Gandhi

Wenn jemand sehr wenig ißt oder auch ziemlich abgemagert aussieht, so hieß es oft in unserer Familie, derjenige sei ein "Hunger-Gandhi". Der als Vater der Nation verehrte Inder hatte bekannterweise mehrmals gefastet, um seinem politischen Willen Nachdruck zu verleihen und war auch sonst eine eher hagere Gestalt.

Auf meinen Handbiketouren ist derzeit mein Energie- und Flüssigkeitsbedarf ebenfalls sehr gering. Das mag wohl hauptsächlich am Wetter liegen, doch nicht zuletzt auch daran, daß ich inzwischen sowohl die Streckenlänge, als auch das Höhenprofil meiner Ausflüge den jahreszeitlichen Gegebenheiten angepaßt habe. Um bei Pausen nicht zu sehr auszukühlen, raste ich zudem nicht länger als 10 Minuten. Das reicht aber auch völlig aus. Dementsprechend liest sich auch die Verbrauchsliste meiner Fahrten an den vergangenen beiden Tagen: In meiner einzigen "Freßpause" vertilgte ich da sage und schreibe 1 Banane und 2 Mini-Kuchen (Balconi Mix Max). Meine 1,5 l Apfel-Schorle habe ich jedesmal nur spazierengefahren.

Das Kalorien- und Flüssigkeitsdefizit gleiche ich dann meist abends zuhause wieder aus. Bei einem geschätzten Energieverbrauch von 3.500 kcal muß ich nun wirklich nicht darauf achten, was ich in mich dann hineinstopfe. Selbst ein halbes Kilogramm Schokolade bliebe da noch darunter. Und das muß man erst einmal schaffen ... Oft habe ich abends aber gar keinen großen Hunger. Der kommt erst in der Nacht. Trotzdem ist die Bilanz erst wieder nach einigen Tagen ausgeglichen.

Deshalb dürfte es auch nicht verwundern, daß es auf meiner zweiten Tour in Folge gestern nicht ganz so flüssig lief. Es ging noch einmal rund um den Tharandter Wald. Bikemap.net versprach mir bei der Planung nur 660 Hm. Das wunderte mich zwar etwas, widersprach es doch meinen Erfahrungswerten. Einzuwenden hatte ich dagegen aber nichts, zumal ich mich ja bereits am Vortag genügend ausgetobt hatte. Letztlich lag diese Angabe völlig daneben, denn bereits gegen 10.00 Uhr waren es mehr Höhenmeter.  Da hatte ich noch nicht einmal ein Drittel der Strecke geschafft. Diese Fehlkalkulation beeinflußte meinen Elan mehr, als ich es zunächst wahrhaben wollte. Auch das trübe Wetter mit zum Teil dichtem Nebel trug nicht gerade dazu bei, mich zu motivieren.

Als Lichtblick des Tages - und das im eigentlichen Wortsinn - erwies sich eine Methode, um bei ungünstigen Straßenverhältnissen für die Kraftfahrer besser sichtbar zu sein. Neben dem bereits vorhandenen blinkenden Doppel-Rücklicht konnte ich nämlich auch eine reflektierende Laufweste, die ich am Freitag auf meiner Tour von netten Tschechen geschenkt bekam, testen. Die läßt sich in der Taille mittels Klettverschlüssen öffnen, so daß ich sie nun über den Rucksack ziehen und befestigen kann, damit sie nicht herunterrutscht. Weil der Rucksack hinter der Lehne im Gepäcknetz verstaut wird, ist er von nachfolgenden Autos immer zu sehen.

Das war wieder mal typisch und ist mir nicht zum ersten Mal passiert! Da gibt es geduldige und aufmerksame Autofahrer, die sich tatsächlich Gedanken um die anderen Verkehrsteilnehmer machen. - Na ja, als ich am Freitag von Herrnskretschen (Hřensko) nach Rainwiese (Mezní Louka) gefahren bin, war ich trotz des Schattens meiner Meinung nach immer noch gut zu sehen. Denn es schien den ganzen Tag über die Sonne. Ein Auto überholte mich, schaltete die Warnblinker an, und heraus stieg eine junge Frau. Sie reichte mir die Laufweste, damit ich besser zu sehen wäre. Meine Einwände wischte sie freundlich weg und ließ sich nicht beirren, mir den Stoff am Handbike zu befestigen. Eigentlich unnötig, aber sehr nett. Am meisten freute ich mich darüber, daß ich diesmal sehr gut ihr Tschechisch verstanden habe. So kam sogar ein kurzes Gespräch zustande. Erst zuhause kam mir dann die zündende Idee, wie ich zukünftig die reflektierende Weste verwende.

Wer gut hinsieht, entdeckt ganz links am Pfaffenstein die schlanke
Felsnadel der Barbarine (Aufnahmeort)
Neu war für mich an diesem Tag nur ein kurzer Abschnitt von Rosenthal zum Fuchsteich (s. Track vom 25.11, km 21,2 - 24,3). Anfangs noch asphaltiert, geht es vom letzten Haus ca. 100 m über einen holperigen Feldweg aufwärts, bis man anschließend auf einer gut fahrbaren gesplitteten Forststraße hinab zur Fuchsbachstraße fährt. Das ist jedenfalls eine interessante Alternative zu den bisher bekannten Varianten.

Ab Cunnersdorf wählte ich den Umweg über Pfaffendorf, um noch einmal in diesem Jahr den Pfaffenstein zu sehen. Den Klettergipfel Barbarine, der heutzutage nicht mehr bestiegen werden darf, habe ich noch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion erklommen. Da war ich genauso verrückt wie heute.

Nur das Ziel meiner Leidenschaft hat sich inzwischen geändert.

Track der Handbiketour vom 25.11.2016
Track der Handbiketour vom 26.11.2016

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