20. Juli 2018

Vier Tage im Juli

Ich bin wieder zurück. Ursprünglich wollte ich direkt von der Strecke berichten, doch leider war nachmittags bzw. abends das WLAN auf den jeweiligen Campingplätzen stark überlastet bzw. nicht erreichbar, so daß der erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gewesen wäre. Dafür konnte ich die Abende in entspannter Runde mit meinen Begleitern genießen und mich gleichzeitig mental auf den nächsten Tag vorbereiten.

Stolz erhebt sich der "Weiße Berg" über den Dächern von Chamonix
(Aufnahmeort)
Es gibt eine ganze Menge zu erzählen: Von der großartigen Landschaft mit ihren Monumenten aus Stein und Eis, von netten Begegnungen in den Etappenorten und auf der Strecke, von der hautnah erlebten Anerkennung durch die anderen Radsportler sowie durch Auto- und Motorradfahrer beim Befahren der Paßstraßen, aber natürlich auch von der besonderen Atmosphäre an den Abenden nach jeder erfolgreich absolvierten Etappe in trauter Runde mit meinen Freunden. Ich habe jede Minute genossen!

Für mich selbst überraschend, bin ich kein einziges Mal wirklich an meine Grenzen gestoßen. Weder die Gelenke noch irgendwelche Muskeln verweigerten mir jemals den Dienst. Nur einmal - während der 3. Etappe - siegte die Vernunft über den Ehrgeiz, als ich im Wissen um die letzte, wieder anstrengendere 4. Etappe hinter dem Kleinen St. Bernhard den Extrazacken über den Colle San Carlo ausließ und mich stattdessen für einen "Ruhetag" mit nur knapp über 1400 Hm entschied.

Deshalb stand auch niemals das Wort "Kapitulation" im Raum, denn selbst das Wetter wurde von Tag zu Tag besser und stabiler. So konnte ich mich ganz auf die körperlichen Herausforderungen konzentrieren und blieb vom Regenroulette verschont. Zwar gab es zur Begrüßung am Tag unserer Anreise in Martigny ein heftiges Unwetter, auch regnete es in der gleichen Nacht noch einmal ausgiebig, doch schon am nächsten Tag waren Sven und ich auf der Abfahrt vom Col des Montets schneller als die sich ab Chamonix hinter uns aufbauende rabenschwarze Gewitterfront. Lediglich auf den letzten Kilometern des Weges nach Demi-Quartier bescherten uns die Ausläufer eines weiteren Regengebiets etwas Naß von oben, doch die nach der gnädig gewährten abendlichen Verschnaufpause einsetzende Regennacht war der letzte Auftritt des Schlechtwetters.

Nahezu optimal war auch die Aufteilung der Etappen. Nicht nur von den Anforderungen her, denn nach der bereits fordernden 1. Etappe gleich am zweiten Tag die anspruchvollste Etappe in Angriff zu nehmen, erwies sich letztendlich als Griff in die Zauberkiste. So konnte ich mich anderntags während der hinsichtlich der körperlichen Anforderungen durchaus auch für Pässefahreinsteiger gut zu bewältigenden Auffahrt zum Kleinen St. Bernhard sehr gut erholen und sogar auf den letzten 26 km wieder gemeinsam mit Sven nach Sarre entspannt einrollen. Auch der letzte große Anstieg über 1850 Hm hinauf zum Großen St. Bernhard fuhr sich beinahe wie von selbst. Nur die obersten Kilometer zur Paßhöhe wurden anstrengend, weil die zwei dabei durchfahrenen baumlosen Felskessel wie Sonnenkollektoren für das von einem stahlblauen Himmel strahlende Zentralgestirn wirkten und die "armen" Radfahrer trotz der angenehmen Lufttemperatur darin ordentlich gebrutzelt wurden.

Von den Quartieren gibt es nur Positives zu berichten. Alle verfügten über barrierefreie Sanitäreinrichtungen und waren für Rollifahrer gut zugänglich. Es ist schon wirklich beeindruckend, daß die Campingplätze so gleichmäßig verteilt waren, um eine fast schon perfekte Streckenaufteilung zu ermöglichen. Hier die Liste der Unterkünfte inkl. der Links:

- Demi-Quartier, Ziel der 1. Etappe: Camping Bornand
- Bourg-Saint-Maurice, Ziel der 2. Etappe: Camping Huttopia
- Sarre - Saint Maurice, Ziel der 3. Etappe: Camping Monte Bianco
- Martigny, Ankunft sowie Ziel der 4. Etappe: TCS Camping

In Martigny konnten wir sogar die Übernachtung in einen jugendherbergsähnlichen Schlafraum (natürlich barrierefrei zugänglich) für akzeptable 24,- SFR p.P. buchen, was angesichts des Wetters bei unserer Ankunft sowie dem vor unserer Heimfahrt bereits gepacktem Auto einfach klasse war. Nicht nur aus diesem Grund ist Martigny der optimale Einstiegspunkt für die Rundfahrt um den Mont Blanc.

Unterhalb des Col du Pré mit Blick auf den Lac de Roselend.
Am Horizont im linken Bildviertel wieder der von Wolken
verhangene Mont Blanc (Aufnahmeort)
Noch etwas ist erwähnenswert und vermutlich für Wiederholer interessant. Ich bin immer im Zeitraum zwischen 5.30 und 6.00 Uhr, also mit dem ersten Tageslicht gestartet. Dadurch konnte ich die kühlen und verkehrsarmen Morgenstunden für meine ersten bzw. zuletzt einzigen Anstiege nutzen und hatte immer noch ausreichend Puffer für unvorhersehbare Zwischenfälle. Ohne Zeitdruck fährt es sich wesentlich entspannter! Selbst auf der längsten und schwierigsten Etappe erreichte ich daher noch vor 17.00 Uhr das Tagesziel.

Abgesehen davon, daß ich erst durch meinen frühen Start genügend Spielraum hatte, um am 16.07. zusätzlich über den sehr anspruchsvollen Col du Pré zum Lac de Roselend zu fahren. Die Rampe ab Arêches war die härteste Herausforderung auf der gesamten Runde, über die ich mich schließlich auf den letzten 300 Hm nur noch in kurzen Sprüngen hinaufmühte. Fast wie ein Hohn wirkten die Kilometerschilder mit Steigungsangaben von maximal 10,8 %. Das können höchstens Durchschnittsangaben gewesen sein, denn die Spitzen gingen über längere Abschnitte bestimmt bis 16 %. So viel Urteilsvermögen traue ich mir aufgrund meiner Erfahrungen zu!

Ganz zum Schluß möchte ich noch allen danken, die mich auf dieser Tour begleitet haben. Tobias sowie Sven mit seiner Familie haben mir nicht nur die notwendige Unterstützung zukommen lassen, sondern waren darüberhinaus sehr engagiert. Herzlichen Dank an Berit, der einzigen Frau im Team, die für uns kochte. Bratwürste vom Grill - und zwar original Thüringer - gab es auch einmal, natürlich erst abends nach der Tour in Demi-Quartier. Sie waren sehr lecker, doch unterwegs kann ein echter Sportler unter Vollast damit nichts anfangen.

Außerdem freue ich mich über alle diejenigen Freunde, Bekannten und Unbekannten, welche mich im Geiste bzw. virtuell über meinen bereitgestellten Livetrack auf dieser besonderen Herausforderung begleitet haben. Ihr seid die idealen Motivatoren für die Verwirklichung meiner Projekte! Wenn ihr mit mir mitfiebert, werde ich euch vielleicht das nächste Mal zu einer gemeinsamen Unternehmung treffen. Wir müssen dabei ja nicht gleich die Welt retten ...

Das Leben ist schön!

Übersicht der Mont-Blanc-Rundfahrt
Track der Handbiketour vom 15.07.2018  - 1. Etappe der Mont-Blanc-Rundfahrt
Track der Handbiketour vom 16.07.2018  - 2. Etappe der Mont-Blanc-Rundfahrt
Track der Handbiketour vom 17.07.2018  - 3. Etappe der Mont-Blanc-Rundfahrt
Track der Handbiketour vom 18.07.2018  - 4. Etappe der Mont-Blanc-Rundfahrt

2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Veit mir fehlen die Worte. Ich kann nur sagen einfach überwältigend was du da vollbringst. Gruß Toni

Láďa hat gesagt…

Moc hezké! Super! Big achievement! Congratulations!