30. Oktober 2022

Heiße Luft

Schon wieder drei Touren am Stück! Allerdings war es wohl die letzte Feierabendtour am Freitag. Denn gestern wurden die Uhren zurückgestellt, und nun wird es schon vor 17.00 Uhr dunkel. Da lohnt es sich für mich nicht mehr, erst mittags auf's Handbike zu steigen.

Auch habe ich am 28.10. nur eine vergleichsweise kurze Runde gedreht. Nach dem Einrollen bei Gegenwind auf dem Elberadweg nahm ich wieder mal den garstigen Anstieg nach Naundorf unter die Räder. Ich mag ihn nicht sonderlich, weil man dort hinauf ziemlich unrund fährt. Aber wenigstens einmal muß er in der Saison sein.

Danach stückelte ich mir wohlbekannte und gängige Abschnitte zusammen, bei denen noch genügend Höhenmeter zusammenkamen. Nachdem ich den Soll-Geschwindigkeitsschnitt an der Mündung des Seidewitztals erreicht hatte und noch genügend Zeit bis zum Dunkelwerden blieb, schlug ich einen letzten Haken über Heidenau. Meine 100. Tour des Jahres endete kurz vor dem Sonnenuntergang.

Blick von der Brandaussicht zum wolkenumwallten
Lilienstein (Aufnahmeort)
Am Sonnabend wollte ich natürlich dann eine längere Strecke zurücklegen. Ich hatte zwar nichts Konkretes geplant, doch sollte es ostwärts gehen. Als ich feststelle, daß aufgrund der hohen Luftfeuchte erneut die Wolken überm Elbtal lagen, bog ich in Hohnstein spontan zur Brandaussicht ab. Von dort eröffnet sich nämlich einer der schönsten Blicke über die Vordere und Südliche Sächsische Schweiz. Leider war es etwas dunstig und die Wolken nicht so scharf abgetrennt, wie an anderen Tagen. Gemeinsam mit den Übernachtungsgästen der Brandbaude genoß ich zu morgendlicher Stunde trotzdem das Panorama.

Ein kurzer Abstecher über die Radwege zwischen Hohnstein, Ehrenberg und Lohsdorf, dann hinab durch den Tiefen Grund nach Bad Schandau. Diese Straße ist ab 01.11. schon wieder für 1,5 Monate gesperrt - weiß der Geier, warum. Im Kirnitzschtal grüßte mich der Straßenbahnfahrer der Kirnitzschtalbahn beim Überholen, ich aber änderte meine Tour.

Statt ins Böhmische Elbsandsteingebirge zu fahren, wandte ich mich in Hinterhermsdorf bzw. später in Sebnitz nordwärts. Ich hatte nämlich keine Lust mehr auf das ständige Hoch und Runter zwischen Khaa (Kyjov) und Herrnskretschen (Hřensko), sondern wollte nur noch "gemütliche" Anstiege fahren. Höhenmetertechnisch lag ich sowieso schon weit im Plus, dafür haperte es beim Tempo.

Bis Nachhause gab ich mein Bestes, und auch der Südostwind unterstützte mich ein wenig. Trotz des Schlenkers bis zu den östlichen Vororten von Dresden schaffte ich meine Tempovorgabe nicht ganz, dennoch war ich zufrieden mit mir. Denn außer den vielen Höhenmetern gab es auch einige Streckenabschnitte abseits von Asphalt und glatten Straßen. An diesem Tag knackte ich dafür meine 12.000 km-Marke für die aktuelle Saison.

Heute wollte ich relativ zeitig wieder zurück sein. Das hieß: 1. zeitig starten und 2. nicht so weit fahren, ggf. auch weniger Höhenmeter. Mit der Zeitumstellung hatte ich überhaupt kein Problem, ich fuhr annähernd zur gleichen Zeit wie am Vortag los. - Nur das die Uhr nun eine Stunde früher anzeigte ...

Der längste Anstieg begann erst nach reichlich 50 km, bis dahin lag ich gut in der Zeit. Zwischen der Mündung des Bahra- in das Gottleubatal und dem höchsten Punkt oberhalb von Liebenau mußte ich auf 19 km  (s. Track vom 30.10., 51,1 - 70,1) reichlich 400 Hm überwinden - die kurze Abfahrt hinter Hartmannsbach und einige Flachstücken mit inbegriffen. Das kostete mich brutto (inkl. zwei Pausen für's Umziehen und die Hygiene sowie zum Trinken) 2,5 Stunden. Gutes Ausdauertraining! Bevor es aber ab Bad Gottleuba richtig steil wurde, entledigte ich mich noch meines langen Unterhemds. - Wann bin ich an einem 30.11. schon mal für den Rest der Tour nur im Kurzarmtrikot überm Oberkörper gefahren?!

Bei der langen Abfahrt durch's Müglitztal holte ich schließlich meinen Virtual Partner noch vor Schlottwitz wieder ein, sodaß ich mir noch den häufig als Zusatzprogramm gefahrenen Umweg über Kreischa genehmigte. Am Ortseingang von Lungkwitz hing plötzlich eine Gruppe von Rennradlern an meinen Hinterrädern. Nach einer Weile fuhren sie an mir vorbei, doch immer noch gut bei Kräften, ließ ich mich nicht lumpen. Mal überholte ich sie, dann fuhr ich eine Weile in ihrem Windschatten. So ging das eine ganze Weile, bis sie am Abzweig nach Kautzsch für eine Pause anhielten und ich allein weiterfuhr. Ich glaube, die haben ziemlich gestaunt über das Tempo, welches ich mithalten konnte. (Allerdings hätte ich dieses wohl nicht mehr lange durchgehalten.)

Dank dieser fabelhaften Schrittmacher legte ich beim Tagestempo einen ordentlichen Zahn zu. Damit rettete ich sogar meine Wochenbilanz.

Den Statistiker freut's!

25. Oktober 2022

3 x 3

Das immer noch sehr milde Wetter fordert geradezu sportliche Aktivitäten heraus. Ich nutze die Zeit, um Kilometer im Handbike zu sammeln. Bereits das dritte Mal in Folge bin ich nun an drei Tagen hintereinander auf Tour gewesen.

Dabei mußte ich mich vor allem am Sonnabend mit schlechterem Wetter als angekündigt abfinden. Lt. Prognose sollte es an diesem Tag sogar sonnig werden, doch es kam ganz anders. Ich versuchte zwar, durch Änderung meines Tourenziels dem Regen auszuweichen, aber in Bad Schandau erreichte er mich trotzdem. Drei lange Stunden mußte ich ausharren - davon eine im Freien unter einer Bahnbrücke, weil ich wider besseres Wissen zunächst noch weitergefahren war. Erst während einer kurzen Pause mit Nieselregen konnte ich in die Wartehalle des Bahnhofs Bad Schandau zurückkehren, wo es wenigstens angenehm warm war.

Daß ich nach dieser langen Pause ohne große Abstriche für meine 100 km Mindeststrecke weiterfuhr, kostete mich nur zu Beginn etwas Überwindung. Selbst mit der zweiten, diesmal halbstündigen, Zwangspause wegen Starkregens in Berthelsdorf kam ich einigermaßen zurecht, sodaß ich abends mit dem Ergebnis durchaus zufrieden sein konnte. Besser als zuhause bleiben war es auf jeden Fall.

Morgendlicher Blick oberhalb von Schmorsdorf zum
Wolkenmeer über dem Elbtal (Aufnahmeort)
Sonntags holte ich die Tour nach, die ich eigentlich für den Vortag geplant hatte. Als Christiane mich kontaktierte, um sich mir kurzfristig anzuschließen, lagen schon einige Anstiege hinter mir - darunter die knackige 14%-Rampe aus dem Müglitztal nach Falkenhain (s. Track vom 23.10., km 8,5 - 9,2). Wie verabredet, wartete ich  am Ende des Bahndamm-Radwegs in Kesselsdorf auf meine Sportfreundin. 

Leider lief es für mich auf meiner zweiten Tour nicht richtig rund, obwohl diese eigentlich ganz gut begonnen hatte. Christiane brauchte also wieder viel Geduld mit mir. Angesichts der begrenzten Tageslänge nahm sie es aber mit der gewohnten Gelassenheit. Am späten Nachmittag trennten wir uns hinter Schönborn dennoch vorzeitig, damit meine Tourenbegleiterin vor der völligen Dunkelheit ihr Zuhause erreichte. Im Gegensatz zu mir war sie nämlich am späten Vormittag ohne Beleuchtung aufgebrochen. Ich änderte aber auch meine Route, damit ich die letzten Kilometer wenigstens kraftfahrzeugfrei auf dem Elberadweg nach Pirna gelangte. Ab Pillnitz mußte meine Stirnlampe für ausreichend Helligkeit sorgen.

Prinzipiell war damit das Tourenwochenende für mich gelaufen. Deshalb nahm ich mir am Montag zunächst alle Zeit der Welt und schlief nach der reichlich einstündigen Unterbrechung für die Morgenhygiene erstmal weiter. Allerdings juckte es mich bald, den ebenfalls sehr milden Montag nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Gegen den kräftigen Südostwind griff ich dabei auf die altbewährte Strategie zurück: zuerst schlich ich durch tiefe Täler und dichte Wälder nach Süden  - dabei durfte es gern auch lange bergauf gehen - danach segelte ich mit Rückenwind im Elbtal zurück.

Weil Bequemlichkeit der Feind jedes Trainingsfortschritts ist, verordnete ich mir jedoch noch zwei weitere Klettereinlagen. Vor allem der Abschnitt von Krippen nach Kleinhennersdorf - genauer: die ca. 500 m lange 14%-Rampe vor dem Ortseingang (s. Track vom 24.10., km 66,0 - 66,5) - ist bei mir ziemlich gefürchtet und stellt jedesmal eine mentale Herausforderung dar. Erfreulicherweise konnte ich diese Quäldich-Passage gestern sogar in einem Zug meistern. Manchmal läuft es eben wesentlich besser, wenn man sich nicht zu sehr unter Druck setzt. In diesem Fall bedeutete dies, daß ich mich immer nur auf die nächste selbstgesetzte Wegemarke in ca. 10 m Entfernung konzentrierte, um dann beim Erreichen derselben einfach weiterzufahren bis zum neu danach ausgewählten Anhaltspunkt. Mit dieser Methode sind für mich tatsächlich auch längere Strecken zu schaffen, sofern ich dabei nicht ans Herzfrequenz-Limit komme.

Zur Höhenmeter-Kosmetik mußte am Ende auch noch der Anstieg aus dem Elbtal von Obervogelgesang nach Struppen und weiter auf die Ebenheit dran glauben (s. Track vom 24.10., km 95,0 - 98,0). Wenige Kilometer vor dem Ziel gab ich alles, um trotz der zusätzlichen rund 120 Höhenmeter den Gesamtgeschwindigkeitsdurchschnitt einigermaßen zu halten. Kraft war jedenfalls noch ausreichend vorhanden. - Endlich oben, ging hinter den Hochhäusern von Pirna-Sonnenstein gerade die Sonne unter.

Ein Schuß Romantik zum Schluß.

17. Oktober 2022

Schonungslos

Eigentlich wollte ich heute - dem bisher sonnigsten und wärmsten Tag im Oktober 2022 - wieder auf Tour gehen. Aber mein Körper braucht unbedingt Erholung, und das macht er mir deutlich klar. So schwer es mir fällt: einfach nur auf Verschleiß zu agieren, als gäbe es kein morgen, ist keine Option.

Langweilig wird mir trotzdem nicht. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus - nämlich mein letztes Wunschprojekt, diesmal im Winter. Da muß einiges organisiert werden, sodaß für die Planung ein paar Stunden mehr sehr willkommen sind.

Die vergangenen drei Tage brachten mich aber erneut um mehr als 300 km meinem Jahresziel näher. Am Freitag fuhr ich nach meinem Homeoffice-Dienstschluß eine erste Runde. Wohin es gehen sollte, überlegte ich mir erst unterwegs. Darunter fiel auch der asphaltierte Waldweg (s. Track vom 14.10., km 25,1 - 28,0), den ich bisher noch nicht kannte und der mir wenige Stunden vorher während des Kartenstudiums aufgefallen war. In völliger Abgeschiedenheit kam ich mir dort vor, wie irgendwo im Nirgendwo. Vor der Abfahrt nach Oberschlottwitz, waren dann alle übrigen Fleißaufgaben - will sagen: Anstiege - absolviert. Mit richtig Druck auf der Kurbel schaffte ich es sogar noch vor dem Sonnenuntergang bis nachhause.

Sonnabends traf ich mich dann am späten Nachmittag u.a. mit Christiane und Carsten in der Bergwachthütte Rathen zum vereinbarten großen Palaver. Davor sammelte ich fleißig Kilometer und Höhenmeter im Osterzgebirge. Meine Sportfreundin hatte mir als Ausflugsziel  Ottos Eck im Schloßpark Naundorf oberhalb des Weißeritztals empfohlen. Die Rampe aus dem Tal erwies sich bei der hohen Luftfeuchtigkeit als wahre Saftpresse, die ich an diesem Tag zuletzt nur mit kurzen Verschnaufpausen bewältigen konnte. Auch beim zweiten Anstieg aus dem Weißeritztal tat ich mich schwer, doch wenigstens lagen danach die meisten anstrengenden Passagen hinter mir. Mit dem Abstecher nach Rathen und zurück bis Pirna schaffte ich sogar noch mein Tagesziel.

Morgenstimmung im Gottleubatal (Aufnahmeort)
Bei meiner Vorbeifahrt an der Mündung des Bahratals in das Gottleubatal zwei Tage zuvor hatte ich festgestellt, daß die Straße nach Bahra (s. Track vom 16.10., km 11,5 - 14,0) nun offensichtlich nicht mehr gesperrt ist. Wegen drohender Niederschläge konnte ich das zwar nicht sofort am Sonnabend überprüfen, aber dafür bot sich nun der Sonntag an. Dieser 2,5 km langer Straßenabschnitt war schon mindestens seit 2016 Baustelle und damit nicht mehr befahrbar. Jetzt endlich kam ich wieder durch - wobei ich mich allerdings fragte, warum das trotz der komplizierten Sanierung (die Straße mußte mittels in den Boden eingelassener Betonsäulen stabilisiert werden) so lange gedauert hat. Denn solche Dauerbaustellen kennt man sonst nur von Projekten in Italien, bei denen die Mafia die Hände mit im Spiel haben soll.

Jedenfalls ist das dünnste Brett, also die Strecke mit den wenigsten Höhenmetern zum Grenzübergang Bahratal / Peterswald (Petrovice), nun wieder frei, und so fuhr ich schließlich über den Nollendorfer Paß (Nakléřovský průsmyk) bis in den Teil des Böhmischen Mittelgebirges, welcher sich westlich der Elbe zwischen Aussig (Ústí n. L.) und Tetschen (Děčín) erstreckt. Am Beginn der Abfahrt vom Paß ärgerte mich zwar die Defekthexe mit einem platten Vorderreifen - wieder einmal hatte sich ein unbemerkt gebliebener Glassplitter durch den Pannenschutz gearbeitet. Umso schöner wurde jedoch die Fahrt bei Bilderbuch-Herbstwetter zur Ohrener Höhe (Javorsky vrch), obwohl die letzten Meter bis zum Scheitelpunkt der Straße noch einmal alles abverlangten. Ähnlich wie an den beiden vorangegangenen Tagen waren damit jedoch alle kräftezehrenden Auffahrten abgehakt, und ich konnte mich auf die Jagd nach den verlorenen Kilometern machen.

Die wunderschönen Ausblicke von oben in fast alle Richtungen waren allemal jede Anstrengung wert, zumal mir in jenem Hochland nur sehr selten Kraftfahrer begegneten und die meisten Straßen mittlerweile in einem ausgezeichneten Zustand sind. Das Farbenspiel der Laubbäume im Sonnenschein setzte dem Ganzen dann die Krone auf. Von diesen Eindrücken konnte ich auf der langen Heimfahrt im Elbtal zehren, wo ich kurz vor der Zielankunft auch noch ein Gewitter mit sintflutartigem Regen erlebte.

Aber rechtzeitig unter einem schützenden Dach im Trockenen war das alles halb so wild.

10. Oktober 2022

Wandern? - Geht auch!

Heute war ich im Rollstuhl mit Peggy vom Tourismusverband Sächsische Schweiz auf Achse. Genauer: nicht nur im Rollstuhl sondern inklusive des Freeway-Lenkvorsatzes, der gerade im Offroad-Gelände unschlagbare Vorteile besitzt, weil damit die kleinen Vorderrollen nicht mehr mit dem Boden in Kontakt kommen und somit für manch unsanften Stop sorgen können.

Peggy betreut das Thema "Barrierefrei" / "Leichter Reisen" im Verband, und daher kennen wir uns schon viele Jahre. Außerdem verbindet uns das gemeinsame Hobby Klettern, welches für mich selbst ja inzwischen seit meinem Bergunfall vor mehr als 23 Jahren ad acta gelegt ist.

Vor dem ca. 80 m hohen Bloßstock (links,
Aufnahmeort)
Jedenfalls möchten die Touristiker in der Sächsischen Schweiz meine vor Jahren erstellte Liste der Rolliwandervorschläge den aktuellen Gegebenheiten anpassen, was den Wegfall mancher Route aus der Tourendatenbank bedeutet, aber gleichzeitig neue Wanderungen beinhaltet. Denn inzwischen sind einige Wege wegen der Umsturzgefahr von Bäumen (aufgrund der Borkenkäferkalamität) gesperrt, andere wiederum lohnen sich nun noch viel mehr, weil ganz neue Blickachsen entstanden sind. Es gibt aber auch lohnenswerte Rolliwanderungen, die ich in den vergangenen Jahren bei meinen Streifzügen neu entdeckt habe bzw. auf die ich von Freunden hingewiesen wurde. Außerdem wollen wir diesmal unser Augenmerk auch auf einen Aspekt für Gäste im Rollstuhl lenken, dessen Bedeutung mir in der Vergangenheit gar nicht bewußt war, weil er mich nicht unmittelbar betrifft. Im Austausch mit Rollifahrerinnen / weiblichen Betroffenen kristallisierte sich nämlich immer deutlicher die Notwendigkeit von barrierefreien Toiletten im Tourengebiet heraus. Vor allem für Frauen ist das mit der Hygiene offensichtlich doch nicht so unkompliziert zu handhaben, wie z.B. für mich.

So also der Stand, und demnächst (also hauptsächlich im kommenden Jahr) werde ich und vielleicht auch weitere interessierte Betroffene die Tourenvorschläge unter dem Blickwinkel der Machbarkeit (Schwierigkeit) sowie weiterer Kriterien (z.B. Toiletten, Verkehrsanbindung, Gastronomie) testen, wobei natürlich das Landschaftserleben meiner wunderschönen Felsenheimat trotz Mobilitätseinschränkung ganz wesentlich ist. Übrigens ein kleine Bemerkungen noch am Rande: die wenigsten dieser Tourenvorschläge sind im Rollstuhl völlig ohne Unterstützung zu bewältigen - vielmehr setze ich darauf, daß sich Wanderer mit und ohne Handicap gemeinsam auf Tour begeben. Das macht ja auch viel mehr Laune!

Die heutige Wanderung als "Probedurchgang" war eine der anspruchsvollsten Touren aus dieser überarbeiteten Liste, gleichzeitig aber auch eine der schönsten. Vom Parkplatz am Nassen Grund - wo eine Rolli-Toi-Toi-Toilette aufgestellt wurde (sehr sauber!) - wanderten wir erst auf der Kirnitzschtalstraße, dann jedoch auf als "Radweg im Nationalpark" ausgewiesenen gut befahrbaren Forstwegen unmittelbar an einigen der eindrucksvollsten Felsgestalten des Elbsandsteingebirges vorbei. Tolle Fotomotive gab es da zuhauf. Wir haben fast soviel Zeit zum Fotografieren benötigt, wie für's Wandern. Aber dabei sind prima Aufnahmen entstanden, die vielleicht dann auch mal in der einen oder anderen Veröffentlichung erscheinen werden.

Peggy und ich hatten heute eine wunderschöne Tour bei perfektem Wetter in unserem Lieblingsgebiet  - was will man eigentlich mehr?!

Und das alles quasi vor unserer Haustür ...

Track der Rolliwanderung vom 10.10.2022

9. Oktober 2022

Alles dabei!

Drei Tage, drei Touren. Wieder einmal. Weil der Plan aber schon vorher feststand, habe ich es bei keiner Tour übertrieben und die Streckenlänge entsprechend kalkuliert.

Deshalb benötigte ich selbst bei der Feierabendtour am Freitag nur für die letzten paar Minuten meine Beleuchtung - und das auch bloß deswegen, weil zum Schluß noch Zeit für ein paar Bonuskilometer blieb. Manchmal erstaunt es mich selbst, welchen Bereich man mit solch einer Nachmittagsrunde abdecken kann, wenn es gut rollt. Nämlich diesmal vom Bielatal im südlichen Elbsandsteingebirge bis fast in das Stadtzentrum von Dresden. Das sind immerhin 30 km Luftlinie ...

Wesentlich zäher gestaltete sich dann meine Tour am Sonnabend. Dabei gab es gar keine langen und giftigen Anstiege, und insgesamt blieb die Höhenmeterbilanz unter der 1%-Marke. Auch fühlte ich mich morgens eigentlich gar nicht so schlecht, als ich schon nach 7 km auf den Feldweg zum Koordinatenstein nahe Mühlsdorf abbog (s. Track vom 08.10., km 9,0). Aber bereits dort ließ ich viel Zeit liegen, weil ich nur Schrittempo fahren konnte. - Wenigstens kenne ich nun nicht nur den schönen Aussichtspunkt, sondern auch die Stelle, wo sich der 51. Grad nördlicher Breite und der 14. Grad östlicher Länge für das GPS (Weltkoordinatensystem) kreuzen. Die Stelle befand sich ebenfalls unmittelbar am Rand des Malerweges und war selbst für mich vom Handbike aus in Griffnähe.

Später kamen dann weitere Kilometer Schotterpiste durch Wald hinzu (s. Track vom 08.10., km 22,7 - 24,5), doch mein langsames Gesamttempo nur damit zu erklären, trifft nicht den Kern. Es war wohl wieder mal die Motivation, die besser hätte sein können. Meist trübes und windiges Wetter nahm mir allen Schwung, zumal ich deutlich merkte, daß es nicht rundlief. - Schnell abhaken und weiter im Text!

Am Abend kontaktierte mich dann mein tschechischer Kamerad und schlug einen gemeinsamen Sonntagsausflug mit dem Rad in den böhmischen Teil des Elbsandsteingebirges vor. Da mußte ich nicht lange überlegen, zumal ich sowieso am nächsten Tag in dieses Gebiet fahren wollte. Außerdem hatten wir uns schon eine Weile nicht gesehen, denn Lád'a war erst unlängst aus dem Urlaub zurückgekehrt.

Auf der Straße Herrnskretschen - Rainwiese
(Aufnahmeort)
Kurz nach Herrnskretschen (Hřensko), beim Anstieg nach Rainwiese (Mezní Louka) trafen wir uns schließlich. Die Straße führt durch genau das Areal, in dem die Waldbrände des Sommers besonders schlimm gewütet hatten. Der Anblick war tatsächlich ziemlich deprimierend, und es fiel mir schwer vorzustellen, daß sich durch die dicke Ascheschicht zwischen den verkohlten, noch stehenden Baumstämmen jemals wieder Pflanzen ohne menschlichen Eingriff hindurchkämpfen können. - Aus der Traum vom großsprecherischen Getön "Natur Natur sein lassen". Jetzt fehlen nur noch heftige Sturzfluten nach ergiebigen Niederschlägen, welche die nächste Eskalationsstufe einläuten. Immer weiter, bis es auch der letzte Wunschdenker begriffen hat, daß in dieser kleinräumigen Schutzzone noch für lange Zeit - vielleicht auch immer - die Unterstützung / Lenkung durch menschliche "Hegemaßnahmen" erforderlich ist.

Im Gelände zwischen Hohenleipa (Vysoká Lípa) und den Balzhütten (Tokáň) beräumt man inzwischen sämtliches Totholz, wahrscheinlich, um den weiter drohenden Großfeuern die Nahrung zu entziehen. Dadurch hat sich hier das Landschaftsbild nahezu komplett gewandelt. Fuhr man auf der Böhmerstraße (Česká silnice) früher durch dichte Wälder, so müssen die flachen Felsentäler nun ohne hohen Bewuchs auskommen. Dadurch tritt zwar die interessante Topologie noch viel deutlicher zutage, doch darauf hätte ich gern verzichtet. Es wird jedenfalls Jahrzehnte dauern, bis man hier wieder durch einen geschlossenen Baumbestand fahren kann. Ich erlebe das wahrscheinlich nicht mehr.

Auf der deutschen Seite sah es dann nicht mehr ganz so dramatisch aus, zumindest nicht dort, wo wir mit unseren Rädern vorbeikamen. Mir ist allerdings sehr wohl bewußt, daß es auch im sächsischen Elbsandsteingebirge großflächig verbrannte Flächen gibt. Aber die Illusion einer heilen Welt war zu schön. Das bunte Farbenspiel der herbstlich geschmückten Laubbäume gehörte dazu, das nach wie vor romantische und scheinbar von Brandschäden verschonte Kirnitzschtal, und die im Sonnenschein ruhig dahinfließende Elbe.

Während Lád'a noch einmal hoch hinaus mußte, um nachhause auf die andere Seite des Osterzgebirges zu gelangen, rollte ich zuletzt am großen Fluß entlang nach Pirna.

Der goldene Herbst dauert an.

6. Oktober 2022

Vorbild+Wirkung

Gestern wurden die Preisträger des 5. Sächsischen Inklusionspreises ermittelt. Aus diesem Anlaß hatte die Koordinatorin vom Büro des Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen des Freistaates Sachsen alle Jurymitglieder unter dessen Federführung zur Beratung in die Sächsische Staatskanzlei eingeladen.

Momentaufnahme während der Jurysitzung 
Es war ein vielfältiges Bild, welches sich dort allen Anwesenden bot.  Trotz des (sinnvollerweise) beschränkten Kreises der Teilnehmer waren neben den anwesenden Fachleuten der einzelnen Kategorien, die beruflich mit dem Sachgebiet zu tun haben, auch in jeder Kategorie Juroren mit Handicap vertreten. Und zwar mit nahezu allen Einschränkungen, d.h. hinsichtlich Mobilität (Rollstuhl), Sinneswahrnehmung (Sehbeeinträchtigung / blind, gehörlos) und kognitiv. Das hat mich ziemlich beeindruckt - besonders, wie unkompliziert und selbstverständlich die Kommunikation zwischen allen Beteiligten erfolgte. Die beiden Gebärdendolmetscherinnen waren voll ins Geschehen integriert, und eine helfende Hand bei sinnvoller bzw. notwendiger Unterstützung immer bereit. Sogar die Online-Verbindung zu einem Juror über die Konferenzsoftware klappte reibungslos. 😉 

Freilich hatte ich schon den Eindruck, daß die Preisrichter mit Handicap schon seit vielen Jahren mitten im Leben stehen. Aus meiner Sicht könnte jeder von ihnen ein Vorbild für andere Betroffene sein, weil sie zeigen, wie man sich in der Gesellschaft nicht nur behauptet, sondern auch am sozialen Leben der Gemeinschaft aktiv teilnimmt.

Interessant war für mich vor allem der Austausch. Es gab viele unterschiedliche Sichtweisen auf die Themen sowie die Aktivitäten der Bewerber, auch solche, auf die ich selbst noch gar nicht gekommen war. Mir erschienen dabei zwei Dinge bei der Beurteilung der eingereichten Projekte als sehr wichtig: 1. Motiviert die Aktion zur Nachahmung? und 2. Wie groß ist die Außenwirkung des Vorhabens? Frei nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber!" Ohne Öffentlichkeit wird nämlich viel Potential verschenkt, um Inklusion als etwas völlig Selbstverständliches in der Gesellschaft zu verankern. Denn erst dann muß auch niemand mehr darüber reden. 

Letztlich war dieser Tag auch für mich eine inhaltliche Bereicherung, ganz abgesehen von den neuen Kontakten zu engagierten Leuten, für die solche Aktivitäten ebenfalls eine Herzensangelegenheit sind.

Bis weit in den Nachmittag dauerte die Beratung, dann standen alle Preisträger fest. Außerdem wurde der organisatorische Ablauf der Preisverleihung am 2. Dezember im Sächsischen Landtag mit allen Jurymitgliedern abgestimmt. Ich werde hierbei die Laudatio für den Preisträger in der Kategorie Tourismus halten, also zu jenem Themengebiet, in welchen ich selbst schon jahrelang ehrenamtlich aktiv bin.

Was werde ich wohl in diesen drei Minuten sagen?

4. Oktober 2022

Umstellung

Mit den kürzeren Tagen kommt auch die Kälte. Zwar schwitzt man nun nur noch selten während der Anstiege, doch dienen die Zwischenstops mittlerweile fast immer den unbedingt notwendigen Verrichtungen - also Essen, Trinken und Hygiene. Die Mütze kam bereits am Sonntag zum ersten Mal zum Einsatz, demnächst folgen auch die Handschuhe.

Trotzdem war die Tour am 2. Oktober sehr schön. Bereits am Morgen begrüßte mich die Sonne, die mir noch sehr lange treu blieb. Meine Fahrt führte mich über Neustadt / Sachsen und den Schluckenauer Zipfel (Šluknovský výběžek) ins böhmische Elbsandsteingebirge. Dort wollte ich mir nunmehr selbst ein Bild vom Zustand der Wälder nach dem verheerenden Großfeuer des Sommers machen. In den (Online-)Medien kursieren ja bereits etliche Fotos von großflächigen Verwüstungen durch den Brand.

Allerdings kam ich recht gut voran, sodaß ich mich noch vor Schönlinde (Krásná Lípa) entschied, meine Runde weiter östlich auszudehnen. Inzwischen zog sich aber der Himmel immer weiter zu, auf der Abfahrt von Rennersdorf (Rynartice) nach Dittersbach (Jetřichovice) wurde es im Wald sogar richtiggehend dunkel. Mit den ersten Regentropfen erreichte ich den Ort und fand auch einen geeigneten Unterschlupf, bevor ich richtig naß wurde. Denn kurz darauf regnete es Bindfäden.

Die Zwangspause nutzte ich gleich zum Energienachschub, und schon nach rund 20 Minuten konnte ich weiterfahren. In Windisch Kamnitz (Srbská Kamenice) kamen mir zwei Rennradler in den typischen Farben von Làd'as Sportklub entgegen. Roman erkannte mich sofort. Bevor ich sein Gesicht einsortiert hatte, waren sie vorbei. Dafür konnte ich ihn später auf dem Heimweg im Elbtal, als sie mir dann zum zweiten Mal an diesem Tag begegneten, ebenfalls mit Namen grüßen. - Es ist ein schönes Gefühl, auch unter meinen tschechischen Sportkameraden anerkannt zu sein. Ich jedenfalls würde mich sehr freuen, wenn es wieder einmal mit einem gemeinsamen "Frühjahrstrainingslager" in der Toskana klappt.

Zum Katastrophentourismus bin ich am Sonntag schließlich doch nicht gekommen. Zum einen war ich mir nicht sicher, ob dort brandschadensbedingt immer noch Straßen gesperrt sind. Zum anderen hätte ich mir allein schon wegen der erheblich längeren Tour nicht viel Zeit zur Begutachtung nehmen können. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. 

Stele mit Hochwassermarken in
Altkaditz (Aufnahmeort)
Am Feiertag sah es zunächst so aus, wie die Stimmungslage im ganzen Land ist: nämlich trübe. Dennoch knüppelte ich meinen inneren Schweinehund nieder und setzte mich auf meinem Handbike gegen 9.00 Uhr in Bewegung. Im strammen Westwind ließ ich die Komfortzone schon wenige Minuten nach dem Start hinter mir. Wenigstens hatte ich unmittelbar vor dem Losfahren meine Planung der Witterung angepaßt. Statt erst die Berge zu fahren, kämpfte ich mich zunächst im flachen Elbtal bei immer kräftiger werdenden Gegenwind westwärts.

Auf dem Rückweg im meist offenen Gelände half mir nicht zuletzt der Wind bei den Anstiegen - ausgleichende Gerechtigkeit für die Kälte, die am Vormittag trotz ständiger Bewegung in den ganzen Körper gekrochen war. Offensichtlich bin ich noch nicht fit für das kühle Wetter. An meinem Handbike ist ebenfalls einiges zu tun.

Morgen, morgen - nur nicht heute, ...