30. August 2020

20 x 100

Nach dem heißen Sommer ist nun wieder die Zeit der Wohlfühltemperaturen gekommen. 18 bis 24°C reichen mir völlig aus, um lange und dabei auch bergige Strecken zu fahren. Wenn sich dann noch der Wind zurückhält, rollt es perfekt.

So, wie gestern. Da hatte ich mir ursprünglich gar keine 100-Meilen-Tour vorgenommen. Sonst wäre ich nämlich vielleicht ins linkselbische Böhmische Mittelgebirge gefahren. So aber wandte ich mich nach dem langen, doch meist entspannten Aufstieg durch das Müglitztal und der schnellen Abfahrt vom Erzgebirgskamm nach Eichwald (Dubí) bereits in Teplitz (Teplice) ostwärts.

Das gab mir die Gelegenheit, ein Stück des neuen und perfekt asphaltierten Radwegs um den See Milada kennenzulernen. Lád'a hatte ihn mir empfohlen, und tatsächlich läßt er sich schön in eine Tour einbinden. Der See ist übrigens das geflutete Restloch des Tagebaus Karbitz (Chabařovice), welches nun - ähnlich wie auch in den (ehemaligen) Braunkohlerevieren der Lausitz und rund um Leipzig - rekultiviert und für den Tourismus bzw. die Naherholung erschlossen wurde.

Nach meinem Abstecher mit zusätzlichen 300 Hm hinauf in das von mir so gern besuchte Hochland zwischen Aussig (Ústí nad Labem) und Tetschen (Děčín) wollte ich eigentlich nur noch gemütlich an der Elbe entlang in Richtung Heimat kullern. Aber schon auf meinem Weg nach Herrnskretschen (Hřensko) entschied ich mich für ein Extrazackel über Rainwiese (Mezní Louka), den Fußgängergrenzübergang Hinterdittersbach (Zadní Jetřichovice) sowie das Kirnitzschtal. Hierher bin ich in diesem Jahr überhaupt noch nicht gekommen, den im Frühjahr geschlossenen Grenzen wegen der ganzen Corona-Hysterie sei dank. Nun endlich konnte ich auch diesen Teil des Elbsandsteingebirges wieder durchstreifen, wobei ich auch hier erschrocken war, wie nachhaltig erst der Borkenkäfer und zu dessen Bekämpfung dann der Mensch das Erscheinungsbild der einst dichtbewaldeten Täler verändert hat. Ich werde die Zeit wohl nicht mehr erleben, bis alle Folgen dieser Katastrophe nicht mehr sichtbar sind.

Als ich in Bad Schandau schließlich auf den Elberadweg wechselte, war dort glücklicherweise der Hauptschwung der Radtouristen schon durch. Einige wenige Nachzügler kamen mir als Pacemaker gerade recht, um flott nachhause zu kommen.

Bei der Tournachbereitung am Computer - u.a. mit meiner favorisierten Auswertungs- und Dokumentationssoftware BikeXperience - stellte ich dann fest, daß diese Runde meine nun schon zwanzigste 100-Meilen-Tour im Jahr 2020 war: 12 x >161 km (100-Meilen-Tour),  6 x >200 km (Langer Kanten), 1 x >300 km (Ultra), 1 x >400 km (Ultra).

Diese Bilanz kann sich doch sehen lassen!

Track der Handbiketour vom 29.08.2020

25. August 2020

Gegenprobe

Mit dem Regen am Sonnabend wurde es deutlich kühler.

Noch am Freitag bin ich nach dem zeitigen Dienstschluß bei heißen 29°C zu einer Nachmittagsrunde aufgebrochen. Natürlich habe ich mir dabei das Tourengebiet entsprechend der Witterung herausgesucht - in diesem Fall wenigstens für die erste Hälfte also mit viel Wald.

Eine Entdeckung dabei war die "Alte Eisenstraße" zwischen Berggießhübel und Bahra (s. Track vom 21.08. km 15,0 - 19,0), eine komplett asphaltierte Querverbindung weitab vom Kraftverkehr. Auch nach Buchenhain bin ich nun endlich gekommen. Die öffentliche Straße endet im Ort, doch mit meinem Handbike konnte ich auch die sich anschließende und teilweise recht steil aufwärtsführende Schotterpiste zum wieder gut befahrbaren Schwert-A-Weg meistern (s. Track vom 21.08. km 21,9 - 22,3).

Abend am Lilienstein (Aufnahmeort)
Später wechselte ich nach einem jagdbedingten Umweg (solche Absperrungen sollte man tunlichst nicht ignorieren!) auf die böhmische Seite und fuhr auf dem Elberadweg wieder zurück, um zuletzt einen Routenvorschlag der Nationalparkverwaltung für eine barrierefreie Wanderung rund um den Lilienstein zu testen (s. Track vom 21.08., km 84,8 - 88,9). Leider ist dieser Rundweg für Otto-Normal-Rollifahrer abschnittsweise aufgrund des sandig-schotterigen bzw. teils wurzeldurchsetzten Untergrundes eher ungeeignet. Selbst ich bräuchte hier trotz meines Geländerollstuhls Unterstützung durch Begleiter, und mit dem Handbike kam ich an diesem Tag nur mit ausgefeilter Fahrtechnik allein weiter.

Bei angenehmen Temperaturen bin ich sonntags bereits recht zeitig los. Wieder einmal ohne konkreten Plan, doch mit der Idee im Hinterkopf, das Triebischtal abwärts nach Meißen zu befahren. Bis dahin sollten allerdings schon ein paar Höhenmeter zusammengekommen sein, deshalb ging es zunächst in die Ausläufer des Osterzgebirges. Diesmal konnte ich auch zur Talsperre Lehnmühle fahren, denn die Straße durch Reichstädt hinter Dippoldiswalde ist nun wieder frei.

Eine weitere positive Überraschung erwartete mich ab Hartmannsbach. Bis dahin war mir nämlich noch nie aufgefallen, daß man es von dort entlang der Bobritzsch ganz entspannt bis nach Naundorf rollen lassen kann (s. Track vom 23.08., km  45,3 - 67,7). Nach einem kurzen Gegenanstieg auf der Bundesstraße B173 und ein paar weiteren kleinen Auffahrten ging es dann im Triebischtal nahezu nahtlos weiter abwärts bis nach Meißen im Elbtal. Da waren es schon 102 km.

Statt mir den Rückweg auf dem vielbefahrenen Elberadweg anzutun, bin ich schließlich über Moritzburg sowie Radeburg und -berg wieder nach Pirna gefahren. Hinsichtlich des Streckenprofils erwarteten mich dabei keine großen Herausforderungen mehr, so daß ich sehr flott vorankam. Als ich kurz vor halb sieben zuhause ankam, standen einmal mehr über 100 Meilen bei 1700 Hm zu Buche - das ganze mit einem 17er Schnitt.

Zwischen Berbisdorf und Radeburg verläuft die Schmalspurbahnstrecke der Lößnitzgrundbahn
parallel zur Straße (Aufnahmeort)
Für den Montag hatte ich mir nur eine kürzere Ausrolltour vorgenommen. Eigentlich wollte ich dabei in die Hintere Sächsische Schweiz und dort vor allem einige Offoad-Abschnitte - z.B. auf der Böhmerstraße (Česká silnice) - fahren. Als ich (erst) beim Losfahren allerdings feststellte, daß am Reifen des Vorderrads bereits die Karkasse auf der Lauffläche durchkam, änderte ich die Strecke auf 100% Asphalt.

Trotzdem wurde es eine schöne Runde mit ein paar zusätzlichen Klettereinlagen zu Beginn sowie langen Abfahrten am Ende. Darunter solch schöne Abschnitte, wie die Fahrt von Struppen an den Bärensteinen vorbei und über Weißig nach Rathen (s. Track vom 24.08., km 7,7 - 13,7), der Umweg von Cunnersdorf über Papstdorf und weiter durch den Krippengrund nach Krippen (s. Track vom 24.08., km 27,9 - 42,9) sowie die Auffahrt ab Hainersdorf über die Goldgruben und Schönbach bis hinter Krumhermsdorf (s. Track vom 24.08., km 63,3 - 70,2).

Zur Kaffeetrinkerzeit war ich zurück. Obwohl ich mich an diesem Tag nicht mehr so ganz frisch fühlte, stand das Mindestsoll (100 km, 1000 Hm) nie zur Debatte. Bei meinem Trainingszustand ist halt vieles nur reine Kopfsache. 

Track der Handbiketour vom 21.08.2020
Track der Handbiketour vom 23.08.2020
Track der Handbiketour vom 24.08.2020

23. August 2020

Urlaubsbilder 2020

Den gestrigen Regentag habe ich auch dafür genutzt, ebenfalls eine Auswahl von schönen und aussagekräftigen Bildern zusammenzustellen und mit Begleittexten zu versehen. Nun habe ich diese Galerie sowie einen kurzen Einführungstext auf Facebook veröffentlicht.

Der zusammenfassende illustrierte Urlaubsbericht muß aber noch etwas warten. Diesmal könnte es damit durchaus etwas länger dauern ....

20. August 2020

Bericht aus der Schweiz: Alpenhandbiketouren im Rhonetal und Val d'Hérens

Auch mein Schweizer Sportfreund Rudy hat nun einen Bericht über unsere zwei gemeinsamen Touren ab Sion verfaßt - ich hatte bereits früher darüber berichtet. Zwar hat Rudy mit der Befahrung der Großglockner-Hochalpenstraße in dieser Saison schon eine wesentlich härtere Strecke unter die Räder genommen, doch vor allem aufgrund der Hitze waren diese Unternehmungen im Wallis durchaus nicht zu unterschätzen.

Rudy in Arolla vor dem Mont Collon
(Aufnahmeort)
Wir hatten eine schöne Zeit miteinander, ist doch Rudy einer der wenigen Handbiker, die sowohl das Potential als auch den Willen haben, mit mir gemeinsam auf Tour zu gehen. Ich habe es immer schon gesagt: wenn man seine Erlebnisse auf der Fahrt unmittelbar mit jemanden teilen kann, macht es einfach mehr Spaß! Vorausgesetzt, die Leistungsunterschiede sind nicht so gravierend, daß einer immer warten muß, während der andere ständig am Limit fährt. Und das ist bei uns beiden kein Thema.

Hier also kommt sein Bericht von unserer Einfahrtour im Rhonetal sowie dem Ausflug nach Arolla. Besonderes Schmeckerchen ist neben den Tracks der beiden Touren am Ende des Textes die umfangreiche und kommentierte Bildergalerie mit vielen zusätzlichen interessanten Informationen.

Bis demnächst mal wieder!

18. August 2020

Neuauflage

Dort wieder anfangen, wo man aufgehört hat: Die letzte Ausfahrt vor dem Urlaub war eine 100-Meilen-Tour, die erste danach ebenfalls.

Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus, denn Bremsscheibe und Bremsbeläge hatten im Urlaub das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Den Tausch wollte ich eigentlich im Rahmen der Wartung erledigen lassen, doch ist diese frühestens im September möglich. Der Ersatz lag aber schon zuhause, also konnte ich es wenigstens probieren. Im Bremsbelagwechsel bin ich mittlerweile geübt, doch wegen möglicher festsitzender Schrauben ist die Demontage / Montage der Scheibe ein eher heikles Thema. - Aber alles klappte erstaunlich reibungslos, so daß mein Handbike nun zwar noch nicht optimal, doch ausreichend versorgt ist.

Unterwegs mit Lád'a, hier am Fußgänger-
grenzübergang Hilgersdorf (Aufnahmeort)
Am Sonnabend kam abends mein tschechischer Kamerad zu mir nach Pirna. Am nächsten Morgen wollten wir gemeinsam auf Tour gehen - ich für eine Rundtour bis nach Rumburg (Rumburk), er ab dort weiter in Richtung Osten. Diesmal fuhr Lád'a mit seinem Gravel-Bike und Reisegepäck, denn für ihn war das der Start für eine Mehretappentour durch Tschechien.

Zu morgendlicher Stunde war es eine Freude, über die Straßen zu kreuzen. Bis nach neun konnten wir die Autos an einer Hand abzählen, die uns begegneten. Dafür hatte ich aber auch eine schöne Strecke zusammengestellt, die uns über kleine Landstraßen und Radwege führte. Am Fußgängergrenzübergang zwischen Hilgersdorf (Serverní) und Steinigtwolmsdorf bog mein Sportfreund dann zum Nordkap ab. - ??? - So heißt bei unseren Nachbarn der nördlichste Punkt Tschechiens, der sogar mit einem Stein markiert ist. Die rund 1,3 km bis dorthin waren für mich allerdings leider nicht machbar. Große Wurzeln sowie ein teilweise extrem schmaler Pfad mit einigen Bachübergängen sind selbst mit meinem robusten Gefährt nicht zu bewältigen.

Tschechiens Nordkap, fotografiert von
meinem Sportfreund (Aufnahmeort)
Gemeinsam fuhren wir dann noch bis Georgswalde (Jiříkov), wo sich nach dem Mittagessen unsere Wege trennten. Ich peilte Schönlinde (Krásná Lípa) an, um anschließend über Khaa- (Kyjovské údolí) und Kirnitzschtal ins Elbtal zurückzukehren. Statt auf dem Elberadweg enspannt, aber für mich eben auch langweilig, die letzten Kilometer nachhause zu rollen, hängte ich noch zwei Extrazacken an meine Strecke und sicherte mir so die 8 Punkte für eine 100-Meilen-Tour auf dem Garmin-Connect-Portal.

Anderntags mußte ich mich zunächst etwas mehr als üblich motivieren, um mit dem Handbike auf die Piste zu gehen. Aber vor allem dann, wenn man Widerstände überwindet, bringt das einen weiter. Ich wäre nicht dort, wo ich heute bin, hätte ich nie die Komfortzone verlassen ...

Spontan dehnte ich meine Runde immer weiter ins Osterzgebirge bis auf rund 630 m NHN aus, um mich dann mit langen und schnellen Abfahrten zu belohnen. Die zwei relativ unspektakulären Gegenanstiege aus Schlottwitz und Kreischa heraus zeigten jedoch auch, daß meine Reserven bereits ziemlich aufgebraucht waren. Oder war das (erneut) eine reine Kopfsache? - Egal, auf den letzten Kilometern konnte ich trotz immer noch existierender Defizite am Handbike endlich wieder mal mein Geschwindigkeits-Soll erreichen.

Das stimmt mich optimistisch.

Track der Handbiketour vom 16.08.2020

15. August 2020

Bericht aus der Schweiz: Großglockner-Hochalpenstraße sowie Kühtai (Österreich)

Als ich im vergangenen Sommerurlaub mit meinem Schweizer Sportfreund Rudy zwei Mal im Wallis unterwegs war, hatte er ebenfalls schon einige Pässetouren hinter sich.

Sein größtes Projekt in der aktuellen Saison war bis dahin sicherlich die Befahrung der Großglockner-Hochalpenstraße inkl. der kurzen Kletterei auf die Edelweißspitze. Wer am Ende seines kurzen Berichts auf das Bild klickt, gelangt zu einer unkommentierten Fotogalerie auf Google.

Im Rahmen seines Urlaubs mit der Familie in Österreich war Rudy auch noch ein weiteres Mal mit dem Handbike aktiv. Diesmal hatte er sich den Kühtaisattel mit Abstechern in Richtung Finstertaler Stausee sowie zum Sattele vorgenommen. Der Bericht mit - wie zuvor - verlinkter Fotogalerie enthält natürlich ebenso die eingebettete Bikemap-Karte mit dem Track. 

12. August 2020

Einmal und nie wieder!

Nicht, daß ich etwas bereuen müßte! Meine letzte Alpentour in diesem Jahr war wirklich der krönende Abschluß! Sowohl, was die erreichte Höhe betrifft, als auch in Bezug auf die Schönheit und die Schwierigkeit der Strecke stellte meine Fahrt auf den Männlichen alles bisher in diesem Urlaub Erreichte in den Schatten. Das Bergrennradfahrer-Portal Quaeldich.de hatte wirklich nicht übertrieben: 5 Sterne - also die Maximalbewertung - für Anspruch und Landschaft.

Natürlich ahnte ich, daß diese Tour nicht einfach mal so zu absolvieren ist. Deshalb hatte ich mir am Tag zuvor extra handbikefrei genommen und war lieber noch einmal in Interlaken mit dem Rolli auf Achse. Nachmittags sollte es sowieso regnen - und so kam es dann auch.

Auch wollte ich am Dienstag extra früh mit der Tour beginnen, denn ich mußte ja die zusätzlich rund 20 km und 350 Hm für die Anfahrt von Interlaken nach Grindelwald einplanen. Zwei Stunden braucht man dafür schon, zumal das Steilstück bei Stalden bereits etwas mehr Zeit erfordert. Leider mußte ich morgens erst mal den Regen abziehen lassen, bevor ich gegen 6.30 Uhr starten konnte.

In Grund, dem Ortsteil von Grindelwald, wo die eigentliche Auffahrt beginnt - stand ich dann ziemlich ratlos vor einer 20%-Rampe. Auf Bikemap hatte dieses Verbindung ganz plausibel ausgesehen, im Gegensatz zu der eigentlichen Strecke, die ich dann für den Rückweg wählte.  Danach ließ sich jedoch der Weiterweg zunächst gut an. Besonders die vielen Trinkwasserbrunnen sprangen mir sofort ins Auge. Verdursten muß auf dem Weg nach oben keiner! Nach den letzten Wohnhäusern von Grindelwald wurde es bald mühsam. Die Sonne knallte voll auf den Hang, und nur selten spendeten Bäume etwas Schatten. Außerdem bewegten sich die Steigungsprozente konstant im zweistelligen Bereich. Immerhin müssen auf 14,8 km etwa 1270 Hm bewältigt werden, einige kurze Flachstücke inklusive.

Schon ab km 25 begann ich, öfter mal eine kurze Pause einzulegen. Da lagen noch 8,5 km und 780 Hm bis zum Gipfel vor mir. Die andauernde Steilheit und aber auch die Sonne setzten mir sehr zu, und so sah ich die einzige Möglichkeit, diesem Anstieg beizukommen, im Faktor Zeit. In der Ruhe liegt die Kraft - in diesem Fall in regelmäßigen knapp 1-minütigen Ruhepausen zum Verschnaufen. Irgendwann wollte ich ja oben ankommen. Trotzdem konnte ich nicht ganz unbesorgt sein, denn ab ca. 13.00 Uhr waren Gewitter angekündigt. Öfter als sonst ging also mein Blick zum Himmel, um jede Veränderung der Wetterlage sofort zu erkennen. Lieber durch die Sonne gebraten werden, als im strömenden Regen vor den Blitzen zu flüchten.

Blick vom Männlichen nach Grindelwald, der Sattel am Horizont
links des Wetterhorns ist die Grosse Scheidegg (Aufnahmeort)
An der Waldgrenze sah ich schließlich zum ersten Mal mein Ziel. Unendlich weit über mir thronte die Bergstation der Seilbahn, bis dahin baumlose und steile Almweiden. Angesichts meines überdurchschnittlichen Kräfteverschleißes fragte mich ernsthaft, ob ich nicht besser umkehren sollte. Denn inzwischen war es bereits kurz vor Mittag. Aber das immer noch stabile Wetter lieferte mir keinen Vorwand. Außerdem konnte ich mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen, diese Tortur bei einem erneuten Anlauf noch einmal auf mich zu nehmen.

Zähne zusammenbeißen, weiterkämpfen! Das Ziel für meine kurzen Sprünge waren immer irgendwelche Auffälligkeiten auf bzw. neben der kleinen Straße. Den Stein, das Schlagloch, den grasbüschelgefüllten Riß im Asphalt anpeilen und dann möglichst bis dorthin vor der nächsten Kurzpause durchhalten. Jeder, der selbst schon solche steilen Passagen gefahren ist, weiß, wovon ich schreibe! So sehr gelitten, wie bei dieser Auffahrt, hatte ich lange nicht mehr! Und obwohl ich das schon mehrmals betont habe: sicher war daran auch mein nicht mehr zu 100% einsatzbereites Handbike nicht ganz unbeteiligt.

Blick vom Männlichen ins Lauterbrunnental mit
Wengen (oben) und Lauterbrunnen (unten, Aufnahmeort)
13.40 Uhr, d.h. 5 Stunden und 20 Minuten (!!!) nach dem Start in Grindelwald, hatte alle Qual ein Ende. Rund um die Bergstation tummelten sich die Ausflügler und betrachteten mich höchstens wie einen Gast aus einer anderen Welt. Bis hierher hatten es an diesem Tag vor meiner Ankunft nur eine Handvoll Radfahrer geschafft, selbst die E-Bike-Fahrer mit eingerechnet. (Wahrscheinlich stößt deren E-Bike-Akku bei diesem Streckenprofil an seine Grenzen.) Ich ließ mir jedenfalls nun viel Zeit, um das grandiose Panorama in alle Richtungen zu genießen. Hierher würde ich mit den Handbike nie wieder kommen!

Immer noch hielt das Wetter durch, und es gab keine Anzeichen für einen baldigen Witterungsumschwung. Dafür machten sich während der Abfahrt meine Bremsbeläge bemerkbar. Seit dem Bremsbelagwechsel war ich zwar erst ca. 400 km gefahren, aber die schleifende Bremsscheibe hatte da wohl ganze Arbeit geleistet. Ein Grund mehr, nun die Alpenpässejagdsaison zu beenden.

Im Wissen darum bog ich jedoch noch einmal ins Lauterbrunnental ab. 2002 war ich von den hunderte Meter hohen Steilwänden schwer beeindruckt, hatte ich doch nie zuvor so etwas gesehen. Diesmal freute ich mich über das Wiedersehen, denn hier bzw. in Grindelwald begann vor 18 Jahren meine Karriere als Alpenpässejäger im Handbike.

So schließt sich der Kreis.

10. August 2020

Parade der Schlappschwänze

Ich habe lange überlegt, ob ich diese drastische Überschrift wähle. Schließlich gibt es genügend Leute, die gewichtige Gründe dafür anführen können, daß sie ein E-Bike verwenden. Zum Beispiel ältere Radfahrer (wobei "alt" ja immer relativ ist) oder eben auch Sportler mit Handicap, wie relativ hoch gelähmte Tetraplegiker. Aber ist das dann tatsächlich noch Sport, wenn sich nicht genau bestimmen läßt, was die persönlich erbrachte Leitung ist und welchen Anteil am Vorwärtskommen der Elektroantrieb hat?! - Gestern jedenfalls sind mir am Berg etliche E-BikerInnen begegnet - kostümiert wie bei der Tour de France - die sich selbst offensichtlich als ganz tolle Sportler gesehen haben. (Übrigens: Genußfahrer ohne sportlichen Ehrgeiz oder Berufstätige, die das E-Bike für den täglichen Arbeitsweg statt eines Autos verwenden, nehme ich ausdrücklich von dieser negativen Kategorisierung aus ...)

Am 09.08. hatte ich mir die Rundtour ab Interlaken über Grindelwald und die Große Scheidegg vorgenommen. Dieser Übergang war der erste Paß, den ich im Handbike erklommen habe. Damals herrschte weit oben nebelig-feuchtes Wetter, doch konnte ich mich an keine nennenswerten Schwierigkeiten auf den Weg nach oben an jenem 17.07.2002 erinnern.

Grandiose Hochgebirgslandschaft östlich knapp unterhalb der
Grossen Scheidegg (Aufnahmeort)
Umso überraschter war ich diesmal über den Charakter der Auffahrt. Nach dem moderaten Streckenabschnitt zwischen Interlaken und Grindelwald - nur bei Stalden wurde es für ca. 1,5 km mal etwas anstrengender (s. Track vom 09.08., km 14,5 - 15,5) - begann bereits im oberen Teil des Ortes der Kampf um den Berg. Quaeldich.de gibt 927 Hm auf 10 km an - das ist schon eine eindeutige Ansage! Aber ich hatte mich vorher nicht darüber informiert, wunderte mich stattdessen jedoch sehr bald über die Steilheit der Straße. Ab dem Hotel Wetterhorn war der Weiterweg eigentlich für den Privat-Kfz-Verkehr gesperrt, doch passierten mich auf den restlichen 7 km immer noch etliche Einheimische und Anlieger mit dem Auto. Dazu kamen die Postautos, die geradeso noch auf das einspurige Sträßchen paßten. Trotzdem gab es während meiner Fahrt nie irgendwelche Probleme, denn sie kündigten sich bereits von Weitem mit ihrem typischen Drei-Ton-Signalhorn an, so daß ich immer rechtzeitig die Straße räumen konnte.

Die Busfahrer selbst waren echt tiefenentspannt. Das müssen sie wahrscheinlich auch sein, denn vermutlich kommen ihnen gelegentlich auch unvernünftige Radler in die Quere. Ich verpeilte mich auch einmal, als ich den zweiten unmittelbar folgenden Bus versehentlich nicht abwartete. Aber sogleich ergab sich eine Gelegenheit zu einem freundlichen Schwätzchen mit dem Fahrer, der - wie seine Kollegen auch - mich bereits während meines Aufstiegs gesehen und gegrüßt hatte. Deren aufrichtige Anerkennung war mir sicher!

Kurz vor dem Mittag mußte ich immer öfter anhalten. Zeit für Energienachschub, den ich mir eigentlich für den Scheitelpunkt aufheben wollte. Die Pausen hatten jedoch auch ihr Gutes, denn immer wieder kam ich unterwegs mit Leuten ins Gespräch. Da waren die Eltern, die ihren Sohn von der Straße aus per Fernglas durch einen Kletterweg am Wetterhorn begleiteten. Oder auch das Radfahrer-Pärchen, mit denen ich gemeinsam über die E-Bike-"Sportler" herzog. 

Die Letztgenannten waren / sind nämlich mittlerweile beinahe wie eine Seuche. Vor 18 Jahren teilte ich die Straße hier nur mit einigen wenigen Radsportenthusiasten und den Postbussen. Heute höre ich die Geräusche der unter Vollast laufenden E-Motoren hinter mir schon von weiten, bevor mich dann nicht selten irgendwelche unförmigen Klopse / Strichmännchen oder alternativ faschingsbunt bekleidete Möchtegern-Sportler überholen. Leider übervölkern diese Gestalten inzwischen auch die Hochgebirgs-Singletrails und verringern damit durch ihre bloße Anwesenheit und ihre fehlende (geländeschonende) Fahrtechnik die Akzeptenz bei den Einheimischen, die nicht vom Tourismus leben. Allerdings bringe ich es meist nicht über's Herz, den Gruß der E-Biker unbeantwortet zu lassen, wenn sie mich als erstes grüßen. Da geht Höflichkeit vor persönlicher Einstellung ... 

13.00 Uhr erreichte ich endlich den höchsten Punkt in der Gewissheit, daß nun keine nennenswerten Steigungen mehr bis zum Ausgangspunkt kommen würden. Doch auch die Abfahrt wäre sicherlich noch viel entspannter mit einem zu 100% funktionierenden Bremssystem gewesen. So war ich froh, als ich mich endlich (langsamer als sonst) die vielen Kilometer heruntergebremst hatte.

Auf dem Rückweg über das Aaretal und entlang des Brienzersees mußte ich leider wieder durch eine Gluthölle. Die Hitze kann einem den ganzen Spaß verderben! Das Schwitzen ging nach der Ankunft auf dem empfehlenswerten TCS Camping Interlaken noch eine ganze Weile weiter, bis die Sonne hinterm Berg verschwand.

Aber auch das habe ich überstanden.

8. August 2020

Gegen die Wand

Zum Glück war ich nicht so vermessen, gleich am Tag nach unserer Tour nach Arolla das nächste Projekt in Angriff zu nehmen. Der Ruhetag am Freitag half mir, mich wenigstens etwas zu erholen - auch wenn ich mich inzwischen nicht mehr vollständig regenerieren kann. Zudem hindert mich die abgenutzte Bremsscheibe vermutlich mehr, als mir lieb ist, am Vorwärtskommen. Direkt beim Fahren ist das zwar nicht unmittelbar zu spüren, doch weiß ich, daß ich ingesamt schon schneller unterwegs gewesen bin. Und das liegt ganz sicher nicht nur an den nachlassenden Kräften...

Meine letzte Tour im Wallis führte mich diesmal zum Barrage de la Dixence, dem größten Staudamm in Europa. Allerdings war mir bereits vorher von der Beschreibung auf Quealdich.de her bekannt, daß man als Radsportler mit seinem Gefährt nicht bis zur Dammkrone hinauffahren kann. Der Blick auf den Stausee würde mir also verwehrt bleiben.

Blick von Fey über das Rhônetal (Aufnahmeort)
Doch auch ohne diesen krönenden Abschluß wurde es eine sehr anstrengenden, aber schöne Panoramafahrt. Dabei fühlte ich mich einmal mehr auf den ersten Kilometern der Tour bis Fey wie beim Start eines Flugzeugs. Die Talsohle der Rhône verschwand immer weiter in der Tiefe, und Häuser, Autos und erst recht die Menschen wurden zu winzigen Objekten in einem großen Diorama. Das beeindruckt mich jedesmal auf's Neue, wenn ich in den großen Bergen unterwegs bin und macht einen großen Teil des Reizes der Fahrt im Hochgebirge aus.

Am Endpunkt der Tour (Aufnahmeort)
Ich hatte bereits 900 Hm absolviert, als ich gegen 11.00 Uhr die Staumauer zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Sie schien gar nicht mehr so weit entfernt zu sein, doch aufgrund ihrer Dimension war das ein Trugschluß. Es dauerte nämlich noch zweieinhalb Stunden bis ich den Beginn der Schlußserpentinen erreicht hatte. Diese beanspruchten dann einen erheblichen Teil meiner Kraftreserven. Bei durchschnittlich 10%, nicht selten auch mehr, benötigte ich während dieser letzten 3,5 Kilometer etliche kurze Erholungspausen. Wenigstens fand ich immer ein schattiges Plätzchen zum Verweilen. Schließlich hatte ich es kurz vor drei geschafft. Mir reichte es an diesem Tag.

Die Rückfahrt verlief dann wesentlich entspannter, auch weil die sommerlichen Temperaturen mir nun nichts mehr anhaben konnten. Nur wegen der Bremsscheibe und des teilweise rissigen sowie welligen Straßenbelags mußte ich etwas behutsamer fahren. Eine Die abschließende Stadtrundfahrt durch Sion mußte wegen der Hitze dennoch nicht mehr sein.

Abends gab's dafür zum Abschied von Sion auf dem Campingplatz noch ein "Kulturprogramm" einer Folk-Band. In der ersten Pause habe ich mich aber ins Auto zurückgezogen.

Der Schlaf kam sofort.

6. August 2020

Im Duett

Drei weitere Tourentage liegen hinter mir, bei zwei Ausfahrten davon begleitete mich mein Schweizer Sportfreund Rudy.

Ursprünglich hatten wir ja zunächst drei gemeinsame Touren geplant, eine davon ab Martigny. Doch als ich am vergangenen Sonntag (02.08.) abends in meinem neuen Quartier ankam, zogen bereits die ersten Regenschauer durch. Immerhin sah es am nächsten Morgen ganz friedlich aus, so daß ich vor Rudys Ankunft zu einer kurzen Einrollrunde auf den Col de Champex aufbrach. Denn hätte ich  auch 2018 bei meiner Mont-Blanc-Umrundung fahren können, doch damals wollte ich auf der 4. Etappe nur noch ins Ziel nach Martigny.

Jetzt war er die perfekte Halbtagestour, zumal ich lt. Wetterprognose mit Regen rechnen mußte. Bewußt wählte ich die Auffahrt ab Orsières, denn sie ist hinsichtlich der Steigungswerte die angenehmere Variante. Dafür mußte ich wesentlich länger auf der stark befahrenen Straße zum Großen St. Bernhard fahren, doch kam ich damit ganz gut klar. Für mich ziemlich unvermittelt - ich hatte die heraufziehende Regenfront nicht kommen sehen, weil sie hinter dem Berg lag - begann es auf der Paßhöhe zu regnen. Dabei hatte ich mir noch in dem Örtchen Champex-Lac mit dem schönen See viel Zeit gelassen. Nun wurde es jedoch zunehmen ungemütlicher. Bloß gut, daß ich die Regenjacke mitgenommen hatte. Dadurch blieb ich zwar nicht trocken, war aber gegen den Wind geschützt. Nach einer kurzen Atempause wurde der Regen schließlich immer heftiger. Den Wolkenbruch ließ ich geschützt unter dem Vordach einer Tankstelle erst durchziehen, doch irgendwann mußte ich die restlichen fünf Kilometer bis zum Ausgangspunkt zurücklegen. Es war die erste Spülung seit dem zeitigen Frühling.

Als abends dann mein Sportfreund kam, schmiedeten wir zwar noch Pläne für Martigny, doch aufgrund des Dauerregens blieben die am nächsten Morgen Makulatur. Wir entschieden, nach Sion weiterzuziehen, denn dort lagen unsere nächsten Ziele. Der dortige TCS Zeltplatz schockte uns mit völlig überzogenen Übernachtungspreisen, doch gleich gegenüber fanden wir mit dem Camping Sedunum eine akzeptable Alternative. Nur bzgl. der Sanitäreinrichtung mußten wir hier Abstriche hinnehmen.

Bald schon hellte sich die Wetterküche auf, und so schlug mein Freund eine erste gemeinsame Tour im Rhônetal vor. 13.00 Uhr ging es los. Als erstes fuhren wir nach Sion, stießen dort auf den Rhône-Radweg und folgten diesem bis kurz vor Sierre. Für den Rückweg wählten wir eine Straße, die zunächst durch Weinberge immer weiter bergauf führte.  Allerdings wußten wir da noch nicht, daß wir noch bis auf rund 1140 m Seehöhe klettern würden. Doch weder Rudy noch mich störte das, wurde es damit doch eine sehr schöne Akklimatisationstour für den nächsten Tag, die überdies mit landschaftlichen Reizen nicht geizte.

Auf dem Dorfplatz in Arolla vor dem Mont Collon (Aufnahmeort)
Gestern begann der Tag ziemlich holperig. Rudy ging es morgens gar nicht gut, er hatte sehr schlecht geschlafen. Zum meinem Erstaunen rappelte er sich bald wieder auf, nachdem er sich aus seiner Reiseapotheke bedient hatte. Mit nur geringer Verzögerung konnten wir also zu unserer großen Tour ins Val d’Hérens starten. Geplanter Endpunkt war der Dorfplatz in Arolla auf 2006 m NHN.

Die Witterungsbedingungen waren von Anfang an perfekt. Frische Luft, angenehme Temperaturen, und vor der Sonne von einem strahlend blauen Himmel schützte ausreichend Bewuchs am Straßenrand. So lassen sich lange Anstiege am kraftsparendsten bewältigen! Das war auch notwendig, denn bis zu unserem Ziel gab es mehrere steile Abschnitte, die zunehmend kurze Erholungspausen erforderten. Immerhin war das Thema Flüssigkeitsnachschub ausreichend durch Trinkwasserbrunnen in den Ortschaften abgedeckt. Da kamen sogar wir als Handbiker ran.

Das Hôtel du Glacier in Arolla (Aufnahmeort)
Schon bei der Einfahrt ins Val d’Hérens grüßten die schneebedeckten Bergriesen des Wallis, doch ein ganz besonderer Höhepunkt auf der Anfahrt waren die Erdpyramiden von Euseigne. Allein deswegen hatte sich die Fahrt gelohnt. Je weiter wir ins Tal vorstießen, umso mehr der schneebedeckten Gipfel schauten auf uns herab. Es war genau das Bild, was man sich unter Schweiz, Alpen und Gletscher vorstellt - beinahe schon kitschig in seiner grandiosen Schönheit. Dazu paßte auch das Hôtel du Glacier mit seinem überbordenden Blumenschmuck.

Vollgepumpt mit Glückshormonen machten wir uns endlich gegen 16.30 Uhr an den Rückweg, welcher uns nun größtenteils bergab zurück ins Rhônetal brachte. Nur meine Bremsscheibe stimmte mich etwas nachdenklich. Inzwischen ist sie soweit abgenutzt, daß sie sich bereits verzieht. Abgesehen davon, daß sie dadurch permanent auf den Bremsbelägen schleift (und diese damit zusätzlich verbraucht), bremst sie mich so natürlich auch zusätzlich aus. Das ist ärgerlich - vor allem deshalb, weil mein Mechaniker wegen dieses bekloppten Corona-Theaters vor meinem Alpenurlaub eben die schon zu dieser Zeit fällige Wartung nicht durchführen durfte. Nun hoffe ich, daß ich wenigstens noch meine Alpentouren einigermaßen über die Bühne bekomme. Die Ersatzscheibe liegt jedenfalls zuhause bereit.

Der letzte Anstieg hinauf nach Saint-Martin heizte uns schließlich noch einmal ordentlich ein. 300 weitere Höhenmeter genau dann zu absolvieren, wenn man mental mit der Tour eigentlich schon abgeschlossen hat, ist mindestens eine psychische Herausforderung. Die 1000 Hm hinunter nach Sion vernichteten wir anschließend auf einer famosen Panoramastraßen-Abfahrt innerhalb von 30 Minuten.

Das war ein toller Abschluß!

2. August 2020

Flucht nach oben

Gestern war ich wieder allein unterwegs, denn mein Schweizer Sportfreund wird erst in der kommenden Woche zu mir stoßen.

Zunächst mußte ich jedoch erst einmal klären, wo ich übernachte. Auf dem Camping des Pêches in Le Landeron durfte ich nämlich nicht bleiben, weil es dort keinen einzigen freien Stellplatz mehr gab. Freundlicherweise verwies mich der Platzwart auf einen nahen Parkplatz und ermöglichte mir gegen ein kleines Entgelt trotzdem die Nutzung des barrierefreien Sanitärtrakts auf seinem Gelände.

Deshalb konnte ich dann doch noch zum Chasseral fahren. Der Berg ist mit 1607 m NHN die höchste Erhebung des Berner Jura. Le Landeron liegt auf ca. 450 m NHN, also kamen dabei auf den 45 km bis zum Gipfel bereits mindestens 1200 Hm zusammen. Das ist schon beinahe die Dimension der Anstiege in den Alpen.

In Erwartung der kommenden Hitze startete ich diesmal kurz nach dem Sonnenaufgang. Glücklicherweise verschwand diese bald hinter Wolken, aber selbst in der Nacht hatte es sich nur bis auf ca. 24°C abgekühlt. Als ich nach dem flachen Abschnitt bis Neuchâtel endlich den ersten Anstieg des Tages unter die Räder nahm, lief schon bald der Schweiß. Mit Sonne wäre es allerdings noch unangenehmer gewesen. So aber kam ich gut voran, und nach den 300 Hm kam ein längeres Flachstück. Hinter Villiers wurde es allmählich wieder steiler, doch erst die Serpentinen auf der Nordseite des Vorberges zwangen mich zu einigen kurzen Erholungspausen. Auch die Sonne machte immer noch Pause.

Pünktlich mit Verlassen des Waldes meldete sie sich zurück. Bei 25°C auf 1400 m Höhe ließ sie sich dennoch einigermaßen gut ertragen. Das letzte Stück ab dem Col du Chasseral zur Sendestation bot dann keine nennenswerten körperlichen Herausforderungen mehr, so daß ich so ziemlich genau 13.00 Uhr den Gipfel erreichte.

Auf dem Chasseral (Aufnahmeort)
Der Rundblick war phantastisch! Etwas diesig zwar, doch ein echtes 360° Panorama. Von hier waren jedoch auch die schweren Regengüsse mit Gewittern zu erkennen, die zu dieser Zeit schon ca. 20 km nördlich von Chasseral niedergingen. Es sah gar nicht gut aus! Ich beendete also bald meine Gipfelrast und stürzte mich in die Abfahrt.

Die verlief leider ziemlich holperig, denn der Straßenbelag war nicht mehr der beste. Auch machte sich inzwischen die Bremse bemerkbar. Die Bremskraft ließ merklich nach, außerdem gab es die typischen Bremsgeräusche. Zeit für einen Belagwechsel (den ich heute gleich über die Bühne gebracht habe). Am ersten Trinkwasserbrunnen in Nods stoppte ich, um meine Reserven aufzufüllen. Es ist schön, daß es hier in fast jeden Dorf einen oder mehrere Wasserstellen gibt, aus denen man sich versorgen kann.

Die Hitze nahm nun mit jeden Höhenmeter zu, den ich auf meinem Weg nach unten abgab. Bis hinab zum Bielersee kühlte immerhin noch der Fahrtwind, doch danach wurde es temperaturmäßig erneut recht mühsam. Dabei war die Fahrt durch die Weinberge vor Biel ansonsten ganz nett - oberhalb der stark befahrenen Hauptstraße und mit einem schönen Ausblick über den See.

In Biel fuhr ich ohne einen Abstecher in Zentrum gleich weiter. Es war einfach zu heiß und der Tag schon fortgeschritten. Leider war meine gewählte Streckenvariante für den Rückweg auf der Nordseite des Bielersees suboptimal, denn sicher gibt es direkt am See auch schöne Radwege. Ich aber wollte ohne ewiges Gekurve nur schnell vorankommen. Aus dem gleichen Grund fuhr ich letztlich auch nicht auf die St. Petersinsel, eine schmale Landzunge, die in den Bielersee hineinragt und auf die man über eine Brücke gelangt. Zudem bauten sich nun auch schwarze Gewitterwolken auf, die nichts Gutes ahnen ließen.

Schnellstmöglich trollte ich mich zu meinem Auto, brachte mich per WLAN auf den neuesten Wetterstand und erledigte alle die Dinge, die zur Nachbereitung der Tour erforderlich waren. Die Nacht wurde dann teils recht stürmisch, blieb aber weitgehend trocken.

Zum Glück!