31. Dezember 2022

Neue Horizonte

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Alles Neue verursacht erst einmal Aufregung, bevor es im Alltag ankommt. Das ist bei Krankheiten so, bei Konflikten und natürlich auch hinsichtlich einer sich verändernden Umwelt. Und damit meine ich noch nicht einmal das Totschlag-Argument irgendwelcher Spinner.

Ich habe im Jahr 2022 erneut meinen eigenen Horizont erweitert, eine neue Aktivität für mich entdeckt und interessante Menschen kennengelernt. Manches davon wird eine Episode bleiben, doch in einigen Erlebnissen steckt das Potential für mehr. 

So, wie konkret beim Skifahren - genauer: dem Tandem-Skilanglauf, der sich inzwischen zu meinem Lieblings-Wintersport entwickelt hat. Denn allein, d.h. solo im Langlaufschlitten, möchte ich gar nicht mehr so richtig in die Loipe. Gemeinsam mit meinen Gespannführern lassen sich nämlich ganz andere Strecken fahren.

Bereits zu Beginn der Wintersportsaison hatten Christiane und ich neue Streckenrekorde im Tandem aufgestellt, die bei den nachfolgenden Touren dann regelmäßig übertroffen wurden. Die Tour auf den Wieselstein (Loučná) bedeutete mir dabei besonders viel, weil Christiane, Carsten und ich dabei unter widrigsten Bedingungen einen Gipfel erklommen, welcher mir selbst im Handbike sonst völlig unzugänglich ist. An diesem Tag wurde mir klar, daß ich mich mit meinen Freunden noch weit größeren Herausforderungen stellen kann. Natürlich hatte ich bereits ein Projekt in der Schublade: den Jizerská padesátka (J50) im Isergebirge, dessen Strecke wir in großer Besetzung eine Woche vor dem eigentlichen Wettkampf erfolgreich bewältigten. Bis zum späten Ende der Skisaison Anfang März kamen schließlich auf 10 Touren 396,6 km zusammen, davon immerhin sechs länger als 40 km bzw. zwei länger als 50 km. Das gibt Zuversicht für mein nächstes großes Projekt.

Vom Handbiken gibt es ebenfalls Interessantes zu berichten. Anfang des Jahres kontaktierte mich Daria aus Salzburg, weil sie sich nach ihrem Bergunfall sportlich neu orientieren wollte und dabei mein liebstes Hobby für sich entdeckt hatte. Schon bald kristallisierte sich ein gemeinsames Projekt heraus, welches wir dann für den September planten. Davor gab es mehrere Gelegenheiten, sich aufeinander abzustimmen. Während meines Besuchs in Salzburg um Ostern herum befuhr ich dabei neben dem Gaisberg auch mit der Postalm den für mich einzigen neuen Alpenpaß in diesem Jahr.

Wenige Wochen später erkundeten Daria und ich auf Einladung des Ostbayerischen Tourismusverbands den Fünf-Flüsse-Radweg im Handbike. Die Etappentour war perfekt organisiert - bei meist herrlichem Frühlingswetter genoß ich diese Ausfahrt nicht zuletzt wegen des Rundum-Sorglos-Pakets vom Reiseveranstalter. Für meine Sportfreundin war es nach dem ersten Leistungstest über Ostern gleich die nächste größere Aktion, auf welcher sie sich ebenfalls bewährte.

In den Spätfrühling bzw. Frühsommer fallen auch üblicherweise meine Langstreckenunternehmungen. 2022 fuhr ich insgesamt sechs Lange Kanten, die mit 241 km längste Tour der Saison gleich zu Beginn.

Eigentlich war auch in diesem Sommer wieder die alljährliche Alpenpässejagd geplant, doch es kam anders. Zunächst lud mich jedoch Peggy vom Tourismusverband Sächsische Schweiz auf Wunsch der Mitglieder der AG Leichter Reisen ein, zum Arbeitstreffen Ende Juni in Südbrandenburg als Referent über meine Erfahrungen im Barrierefreien Tourismus zu berichten. Ich erbat mir darüber hinaus noch ein paar Tage, an denen ich beabsichtigte, mich dort im Handbike etwas umzusehen. Denn das flache Lausitzer Seenland ist selbst für wenig bergeliebende Handbiker schon aufgrund der sehr gut ausgebauten Radwege-Infrastruktur ein interessantes Urlaubsziel.

Bei dieser Gelegenheit kam es auch zum Kontakt mit Sportlern des 1. Wassersportvereins Lausitzer Seenland. Einer der Macher des Vereins, der als Trainer auch besonders an dem Thema Inklusion beim Segeln interessiert ist, bot mir an einen der Tage meines Aufenthalts im Familienpark Großkoschen an, doch mal mit ihm auf dem Geierswalder See das Segeln auszuprobieren. Ich war von diesem Sport so begeistert, daß ich mich kurz darauf für den knapp einwöchigen "Grundkurs Segeln" im August anmeldete. Wasser statt Berge - im Jahr 2022 fiel mir diese Entscheidung nicht sehr schwer, denn es lockte eine völlig neue Erfahrung. Ich habe es nicht bereut.

Zwei Urlaubsfahrten standen nun noch an, eine davon war die Handbiketour in vier Etappen mit meinen Salzburger Sportfreunden von ihrer Heimatstadt aus über die Großglockner-Hochalpenstraße bis zum Wörthersee. Dank großzügiger Sponsoren brauchten wir uns hierbei ebenfalls keine Sorgen machen, den Rest organisierte Daria absolut professionell. Obwohl mir die zweite Befahrung der Glocknerstraße sehr schwergefallen ist, bin ich doch dankbar für dieses Erlebnis.

Zuletzt war ich vor knapp vier Wochen noch einmal auf Reisen. Nachdem ich die Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern endgültig abgewählt habe wegen der sonderbaren Vorstellungen des dortigen Jugendherbergsverbandes zu den Beherbergungskonditionen, entschied ich mich für ein paar Tage in Deutschlands östlichster Stadt Görlitz. Abgesehen von einigen netten Streckenabschnitten auf dem (Oder-)Neiße-Radweg und einer haarsträubenden Aktion kurz vor Ultimo wird mir davon aber nicht viel im Gedächtnis hängenbleiben.

Dafür hat es sich inzwischen herumgesprochen, daß ich mich bereits seit vielen Jahren ehrenamtlich für den Abbau von Barrieren in Alltag und Urlaub engagiere. Vielleicht wirkte meine ehemalige Homepage "Sächsische Schweiz barrierefrei!" ein wenig als Katalysator, um das Thema verstärkt in den Blickwinkel der Touristiker zu rücken. Jedenfalls bin ich nun schon mehrmals daraufhin angesprochen worden, von Verbänden und Vereinen ebenso wie seitens der Behörden und Institutionen. Auch die zwei Reisen nach Ostfriesland im September 2021 sowie nach Franken 2022 hängen unmittelbar damit zusammen.

Nach meiner Beteiligung als Mitglied der Jury des "Tourismuspreises Barrierefrei" von Ostfriesland Tourismus wurde ich nun im Jahr 2022 seitens des Sächsischen Landesbeauftragten für Inklusion der Menschen mit Behinderungen um Mitarbeit in der Jury zur Auswahl der Preisträger für den 5. Sächsischen Inklusionspreis gebeten. Diesem Wunsch kam ich gerne nach, denn solche Anlässe sind immer wunderbar geeignet, den eigenen Horizont zu erweitern und neue Kontakte zu knüpfen. Im Anschluß an die Preisverleihung passierte genau das.

Auf die Statistiken meiner Aktivitäten im Handbike des Jahres 2022 will ich nun nicht noch einmal explizit eingehen, denn den Abbildungen dieses Blogbeitrags sind alle relevanten Daten zu entnehmen. Wichtig ist mir etwas anderes. Etwas, daß ich zwar schon viele Male angesprochen habe, jedoch nicht oft genug wiederholen kann: Wer denkt, ich sei ein Einzelkämpfer, der irrt! Ich habe mir nochmal alle meine großen Projekte ins Gedächtnis gerufen. Die Radfernfahrt nach St. Petersburg (2003), die Vätternrundan (2008), den Sella-Ronda-Bike-Day (2009) , den Styrkeprøven (2012), die "Frühstücksfahrt nach Prag" (2017), die Mont-Blanc-Umrundung (2018), "Berlin-Alexanderplatz" (2020) sowie den FichKona (2021). (Mein Dauer-Projekt "Alpenpässejagd" gehört nicht dazu, weil es aus vielen kleinen Einzelaktionen bzw. Urlaubsaufenthalten besteht.)

Selfies mit Christiane sowie mit Lád'a
Immer gab es Menschen in meinem persönlichen Umfeld, welche mich nicht nur bei der Verwirklichung meiner Träume begleiteten, sondern solche Unternehmungen vielfach überhaupt erst ermöglicht haben, indem sie mich z.B. logistisch unterstützten, mir unterwegs bei Bedarf halfen oder auch "nur" moralischen Rückhalt boten. Ohne sie sind meine größten Erfolge gar nicht denkbar. Ganz oben auf dieser Liste stehen dabei meine Sportfreunde Christiane und Lád'a. Während ich mit meinem tschechischen Kameraden schon seit 2010 befreundet bin, "stöberte" mich die leidenschaftliche Sportlerin aus meiner Heimat erst im Februar 2021 für gemeinsame Skitouren auf. Ein Sechser im Lotto ist bereits unglaublich, doch zwei solcher großen Würfe sind nahezu einzigartig. Daß ihre Ehepartner und Kinder voll dahinter stehen, macht diese Freundschaften für mich umso wertvoller.

Es wird viel geredet über Inklusion - besonders findige Behinderten-Aktivisten fordern sogar "Belonging"

Für mich war das nie ein Thema.

PS: Auch in diesem Jahr habe ich einen kurzen Rückblick mit vielen kommentierten Bildern auf meinen Facebook-Seiten veröffentlicht.

30. Dezember 2022

Bevor der Hammer fällt ...

Mit der Ausfahrt am 1. Weihnachtsfeiertag war eigentlich meine Handbiketourensaison abgeschlossen. Doch als Lád'a mich fragte, ob wir uns nicht zu einer gemeinsamen Aktion vor dem Jahresende treffen wollen, entschied ich mich für das Handbike statt des Rollstuhls. Denn die Rolliwanderung, die mein Kamerad vorschlug, ist zwar sehr reizvoll, aber eben nicht in dieser Jahreszeit. Später jedoch gerne!

Wir trafen uns also kurz vor zehn in Herrnskretschen (Hřensko) für eine kleine Runde. Endlich hatte ich mal wieder jemand an meiner Seite, wodurch ich mich gleich zu schnellerem Fahren bemüßigt fühlte. Dafür sollten es weniger Höhenmeter werden. Leider erwartete uns an der Kreuzung unterhalb des Kleinen Prebischtors (Malá Pravčická Brána) eine unschöne Überraschung (s. Track vom 30.12., km 41,8). Der ebenfalls als Radtrasse ausgeschilderte Forstweg durch Tonels Loch und weiter durch den Treppengrund (Hluboký Důl) zur Böhmerstraße (Česká silnice) war nämlich gesperrt - wahrscheinlich immer noch wegen der Schäden durch den Waldbrand im Sommer.

Deshalb mußten wir umkehren und über Hohenleipa (Vysoká Lípa) zum Touristengrenzübergang Hinterdittersbach (Zadní Jetřichovice) fahren. Das war nicht nur ein Umweg, sondern kostete uns auch zusätzlich Zeit, weil die Böhmerstraße ab dem Abzweig zu den Balzhütten nur noch eine grob geschotterte Piste ist (s. Track vom 30.12., km 49,0 - 52,1). Auf deutscher Straße - dann bereits im Kirnitzschtal - ist der Forstweg zwar ebenfalls nicht in einem besonders guten Zustand, aber trotzdem besser als zuvor. Jedenfalls bin ich diese insgesamt 9,6 km bis zur Kirnitzschtalstraße wesentlich behutsamer, d.h. langsamer gefahren, um nicht noch eine Panne zu riskieren.

Leider nützte uns die Sonne, die den ganzen Tag über schien, meistens nichts. Denn während wir unten im Talgrund herumkurvten, drangen die wärmenden Strahlen des tief stehenden Gestirns nicht bis zu uns. Bei 5°C bis manchmal sogar 0°C war ich mehrmals kurz davor, mir erneut die Handschuhe überzuziehen.

Besser wurde es erst im Elbtal, aber ab Bad Schandau war ja auch nur noch der Heimweg abzuspulen. Freilich inklusive des kurzen, steilen Anstiegs in Richtung Waltersdorf, bei dem tatsächlich an diesem Tag etwas Schweiß floß. Lád'a begleitete mich schließlich bis Pirna, bevor er auf dem Elberadweg nach Tetschen (Děčín) zurückkehrte, von wo er aufgebrochen war. Derweil genehmigte ich mir eine kleine "Stadtrundfahrt" zur Abrundung der Statistik.

Nun reicht es aber wirklich!

26. Dezember 2022

Qual der Zahl

Zum Schluß wurde es ziemlich mühsam: mental bin ich wohl schon auf Ruhe getrimmt, und auch mein Drahtesel ist nicht mehr in Topform. Mit meinen beiden vergangenen Ausfahrten, die wahrscheinlich die letzten in diesem Jahr waren, habe ich endlich mein Jahresziel geschafft. 14.006 Kilometer sind zwar immer noch 1.332 weniger als mein Rekord aus dem Jahr 2020, doch immerhin der zweitbeste Wert meiner gewiß nicht alltäglichen Handbike-Karriere. Auch wenn ich hinsichtlich der Höhenmeter ziemlich hinterherhinke - es ist mit 132.215 Hm nur der fünftbeste Wert - kann ich damit sehr zufrieden sein. Denn im Jahr 2022 ist die Alpenpässejagd wegen anderer Projekte faktisch ausgefallen.

Zu Weihnachten bin ich beinahe schon traditionell noch einmal im Handbike auf Achse, das alljährliche Weihnachtstauwetter macht's möglich. Am 24.12. standen bereits am Morgen rund 10°C auf dem Thermometer, rund zwanzig Grad mehr als noch sechs Tage zuvor. Allerdings wurde es dafür ziemlich windig.

Ohne festen Plan fuhr zunächst los, immer der Nase nach und mit immer neuen Umwegen. Wie sich die Strecke im Laufe des Tages dann entwickelt, ist jedesmal auf's Neue faszinierend für mich. An diesem Tag bin ich beispielsweise wieder einmal die Sackgasse am Hochwasserrückhaltebecken Mordgrundbach vorbei bis ganz hinter nach Bienhof gefahren. In dem kleinen Weiler mit im wesentlichen zwei Gehöften fühlt man sich wie am Ende der Welt, so abgelegen ist er. Dafür gab es dort in diesem Jahr in der vergangenen Woche einen sehr schönen Weihnachtsmarkt, von dem mir meine Physiotherapeutin erzählt und damit die Anregung für den Abstecher geliefert hatte.

Am Hang thront die Dorfkirche von Oelsen
(Aufnahmeort)
Die sich daran anschließende Steilrampe bis Oelsen befahre ich auch nicht oft, weil sie immer in eine üble Schinderei ausartet. Auch am Sonnabend war das so. Immerhin hatte ich dabei ausreichend Muße, mir den Streckenverlauf der restlichen Tour zu überlegen. Nach vielen Kilometern bergab, unterbrochen durch zwei kürzere "Standard"anstiege, rollte ich im Müglitztal bis Schlottwitz und schließlich weiter ins Lockwitzal. Hier traf ich endlich auch Gleichgesinnte, die zu Heiligabend ebenfalls eine Runde mit dem Rad drehten. Abseits des Elberadwegs, wo sich die gewöhnlichen Rennradler tummeln, herrschte hier an diesem Tag entspannte Weihnachtsstimmung. Fast alle, die mich überholten oder mir entgegenkamen, grüßten und wünschten ein Frohes Fest. Das fand ich sehr schön.

Ich selbst war eine Viertelstunde vor dem Sonnenuntergang zurück. Zuletzt ging mir zwar ziemlich die Puste aus, aber immerhin schaffte ich wenigstens noch einen 14er Schnitt. An diesem Abend wurde ich nicht mehr alt - zum Glück wartete niemand auf mich. An Weihnachten liebe ich vor allem die menschenleeren Straßen.

So verwundert es sicherlich auch wenig, daß ich am ersten Feiertag ebenfalls bereits im Dunkeln zu meiner letzten "Pflicht"veranstaltung aufbrach. Meinen linken Unterarmbeuger und die Schultern, welche sich am Vortag nachdrücklich bemerkbar gemacht hatten, rieb ich zuvor noch mit Dolobene-Gel (Original nicht mehr am Markt, sondern nur noch mit anderen Wirkstoffen) ein. Dieses bei meinen Alpenpässejagden öfters als letztes Aufgebot eingesetzte Medikament hat mir bisher immer geholfen, und auch diesmal ließ es mich nicht im Stich.

Flott kam ich voran, freilich gab es zunächst auch keine größeren Anstiege. Aber es herrschte schon wieder Handschuhwetter und ein leichter Gegenwind, der nicht zu unterschätzen war. Bis zum östlichsten Punkt der Tour lief es wie am Schnürchen, doch dann wurde es zunehmend mühsamer. 

Ich kann mich dabei des Eindrucks nicht erwehren, daß meine Kraftausdauer derzeit zu wünschen übrig läßt. Mag es am Wetter liegen, an der Ausrüstung oder einfach nur mental bedingt sein - die Leistungskurve fiel nun immer stärker ab. Trotzdem drückte ich noch so lange, bis ich sicher sein konnte, daß ich mit dieser Ausfahrt mein Jahresziel erreichen würde. Manchmal muß man sich auch bis zur körperlichen Erschöpfung und noch ein Stückchen weiter treiben. Erst dann bilden sich nämlich Reserven für reale Streßsituationen. Das Wort "Qual" ist dafür dennoch reichlich übertrieben.

Aber es reimt sich so schön ...

19. Dezember 2022

Wintersport-Einlage

Ich brauche unbedingt das Weihnachtstauwetter, um hoffentlich doch noch mein gewünschtes Handbiketouren-Ziel zu erreichen. Derzeit wird meine Geduld auf eine harte Probe gestellt.

Obwohl - ganz so schlimm stellt es sich ja auch nicht dar, denn dafür ist am vergangenen Wochenende meine Wintersportsaison ähnlich zeitig wie im Jahr 2021 gestartet. Das paßt perfekt in meine Planung. Bis zum Saisonhöhepunkt - nunmehr ein Großprojekt im Winter - zählt nämlich jede einzelne Tandem-Skitour als Training für diese ultimative Skilanglauf-Herausforderung mit meinen Freunden. Natürlich werde ich darüber berichten, wenn es dann soweit ist ...

Am Sonnabend ging es schon ziemlich zeitig auf die Piste, weil Christiane bereits am frühen Nachmittag wieder zurück sein mußte. Anfang der Woche hatte es viel geschneit, und auch in der Nacht zuvor waren noch einmal etliche Zentimeter Neuschnee hinzugekommen. Kurzfristig klinkte sich noch Kerstin mit ein, sodaß wir schließlich zu dritt bis zur Wittichbaude (Horská chata Vitiška) fuhren. Die meisten Abschnitte waren zwar nicht mit dem Pistenbully präpariert, doch lag der Schnee nicht so hoch, daß ich deswegen Probleme bekommen hätte.

Vor allem auf den Streckenabschnitten abseits der KLM (Krušnohorská lyžařská magistrála) waren wir manchmal sogar die ersten Skifahrer dort. Der erste dieser Abschnitte (s. Track vom 17.12., km 9,2 - 13,6) ließ sich aber trotzdem sehr schön fahren. Nur wenige hundert Meter von der stark frequentierten Haupttrasse entfernt, fühlte es sich in der Waldeinsamkeit manchmal so an, als wären wir ganz allen auf der Welt. Für Wiederholer: Dieses Teilstück ist wegen des moderaten Gefälles und der gemächlichen Steigung bei guten Bedingungen sicher auch ganz allein im Langlaufschlitten zu bewältigen.

Wieder zurück von der ersten Ausfahrt
im noch jungen Winter (Aufnahmeort)
Unser zweites Zackel artete danach aber wegen einer Buckelpiste auf vielleicht dreihundert Metern zu einer Skisafari aus (s. Track vom 17.12., km 13,9 - 14,6). Hier kippte ich trotz aller Bemühungen zwei-, dreimal um, womit der erste Schneekontakt der noch jungen Saison auch gleich abgehakt war. Das kostete uns jedenfalls sehr viel Zeit, sodaß wir zum Schluß den Abstecher zum Kahleberg streichen mußten. Am insgesamt gelungenen Saisonauftakt änderte das jedoch nichts.

Gestern bin ein weiteres Mal im Tandem-Langlaufschlitten unterwegs gewesen. Eigentlich stand eine Tour mit meinem tschechischen Kameraden Lád'a an. Leider fühlte er sich aufgrund einer Erkältung immer noch nicht wieder fit. Dafür sprang Kerstin und ihr Mann Gerald ein, mit denen ich von Holzhau aus über das Battleck zur tschechischen Talsperre Fleyh (Fláje) fuhr.

Sonst hatten es die Schneebedingungen noch nie erlaubt, bis zur Staumauer zufahren, doch am Sonntag herrschten nahezu optimale Verhältnisse. Der nicht allzu hohe Schnee auf der Straße war durch einige wenige Autos festgefahren, die Straße selbst jedoch für den öffentlichen Verkehr (durch eine Schranke) gesperrt. Erstaunlich, daß wir lange Zeit die einzigen Skifahrer auf diesen vier Kilometern bis zum Umkehrpunkt waren. Es machte echt Laune und ließ sich total entspannt fahren! Über uns die Sonne - der aus dem Böhmischen Becken gegen das Erzgebirge anbrandende Nebel reichte meist nicht ganz bis hierhin - um uns herum eine traumhafte Winterlandschaft mit tief verschneitem Nadelwald sowie zart bereiften Laubbäumen, unter uns der dampfende, teils zugefrorene Stausee. Winter wie im Bilderbuch!

Das vor wenigen Jahren neu errichtete Informationszentrum an der Talsperrenmauer war sogar geöffnet und damit auch die Toiletten inkl. Rolliklo. Bisher wußte ich gar nicht, daß es dort so komfortabel zugeht.

Für den Rückweg benutzten wir anschließend die gleiche Strecke, einen zusätzlichen Abstecher in Richtung Langewiese (Dlouhá Louka) ersparten wir uns. Die Skilanglauf-Saison hat gerade erst begonnen und ich wollte meine Begleiter keineswegs mit irgendwelchen Sonderwünschen terrorisieren. So haben wir alle den herrlichen Ausflug in diese wunderweiße Weihnachtswelt genossen.

Winterfreuden zum Vierten Advent!

10. Dezember 2022

Spannung ganz zum Schluß

Ich bin wieder zuhause. Wenn ich aus dem Fenster sehe, kann ich mich nur beglückwünschen. Bei diesem häßlichen Wetter möchte jedenfalls  ich nicht unbedingt stundenlang draußen herumturnen. Was hatte ich doch für ein Wetterglück während der vergangenen Tage - am Anfang ziemlich grau, aber nach dem Regen am Dienstag wurde es immer besser! Deshalb sind tatsächlich alle meine vier geplanten Touren Realität geworden. Zu dieser Jahreszeit will das schon etwas heißen.

Gestern aber stieg ganz unfreiwillig noch einmal mächtig mein Adrenalinspiegel. Dabei begann die Tour ganz locker bei heiterem Wetter. Der 600 m lange unbefestigte Feldweg nach dreieinhalb Kilometern nahe der Autobahnbrücke über die Neiße blieb nur eine kurze Episode auf diesem Teil des polnischen Neißeradwegs ab Görlitz. Die Hauptverkehrsachsen, erst in Richtung Breslau (Wroclaw), dann weiter nach Lauban (Lubań) und Marklissa (Leśna) waren wegen des Fernverkehrs zwar nicht besonders schön, aber immerhin sicher. Der oft vorhandene Randstreifen der Fahrbahn hatte nämlich teilweise doppelte Radwegbreite. Außerdem verhielten sich die Kraftfahrer echt rücksichtsvoll - ganz ohne Hupen und Schimpfen.

Frühwinterliches Idyll in Bärnsdorf an der Tafelfichte
(Horní Řasnice, Aufnahmeort)
Der längste Anstieg, welcher mich anschließend nach Tschechien führte, ließ sich ebenfalls erstaunlich gut fahren. Hier hatte ich mich durch das Streckenprofil mehr beeindrucken lassen, als es dann tatsächlich steil wurde. Auf dem Scheitelpunkt lag im Schatten immer noch frisch gefallener Schnee. Teilweise wurde es auf Asphalt so glatt, daß ich es kurz vor dem permanenten Durchdrehen des Antriebrades geradeso noch die Steigung hinaufschaffte. Auch das Gematsche aufgrund des Tauwetters hielt mich etwas auf, bei der darauffolgenden langen Abfahrt wurde es mir zudem allmählich ungemütlich.  Erst am letzten größeren Anstieg ab Friedland (Frýdlant v Čechách) konnte ich mich wieder aufwärmen.

Nach einem weiteren Grenzübertritt erreichte ich schließlich erneut den polnischen Neißeradweg. Diesen mußte ich aber zuerst finden, weil sich in Radmeritz (Radomierzyce) der Beginn der Trasse hinter einem Spielplatz versteckte (s. Track vom 09.12., km 95,8). Aber ab dort führte die offensichtlich erst kürzlich asphaltierte Strecke sehr schön durch die Neißeauen. (Eine ca. 8 m lange Rampe mit geschätzt 23% Steigung hinauf und gleich wieder hinunter - damit wurde ein alter Straßendamm überquert - dürfte für manche Handbiker allerdings zum Problem werden. Diese Passage befindet sich jedoch ziemlich am Anfang.)

Langsam wurde es nun dunkel, am Ortseingang von Zgorzelec - also der polnischen Stadthälfte von Görlitz - herrschte bereits völlige Finsternis. Doch die restlichen zwei Kilometer bis zum Ziel würden mich nicht mehr aus der Bahn werfen, dachte ich. Kurz darauf wurde mir himmelangst und bange ... Wieso? - Zunächst zeigte der Radwegweiser in Richtung eines Waldweges. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, dieser Ausschilderung zu folgen, obwohl der Weg weder asphaltiert noch beleuchtet war. Die anschließende Offroad-Safari lehrte mich das Fürchten. Nicht bloß, weil ich im Schein der Stirnlampe nur wenig von dem schotterigen, oft laubbedeckten glitschigen Untergrund sah und kaum mehr die Wegführung erahnen konnte, sondern weil mich nach einer langen Abfahrt noch eine vielleicht steile Auffahrt erwartete. Zu dieser Tageszeit weit entfernt von jeder möglichen Hilfe, hätte ich dann in der Mausefalle gesessen, wenn mein Vorderrad durchdrehen würde. Das erste Licht vor mir begrüßte ich daher überschwenglich im Geiste - zurück in der Zivilisation! Dazu erwies sich der Anstieg dorthin als nicht so schlimm wie befürchtet.

Dieses Abenteuer wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben - auch weil die Aktion absolut unnötig gewesen ist (s. Track vom 09.12., km 108,4 - 110,7) . Wer fährt schon im Dunkeln mitten durch schwieriges und vor allem unbekanntes Gelände, wenn es einen beleuchteten Radweg entlang der Straße gibt! Zum Glück zog mein Leichtsinn keine schwerwiegenden Konsequenzen nach sich, außer, daß ich mir damit mein bis dahin akzeptables Durchschnittstempo versaut habe. 

Nächstes Mal bin ich hoffentlich klüger ...
(Das sage ich jedes Mal.)

8. Dezember 2022

Schnippchen schlagen

Hartnäckig bleiben zahlt sich aus. Am Mittwoch sah es zwar auf dem Regenradar ebenfalls nicht gut aus, doch schlußfolgerte ich aus der zeitlichen Animation der Radarbilder, daß es im Norden weniger feucht werden würde. Auf der zweiten Handbiketour während meines Urlaubs fuhr ich deshalb den nördlich von Görlitz gelegenen Abschnitt des Neißeradwegs bis kurz vor Bad Muskau.

Nachdem ich anfangs eine knappe halbe Stunde zunächst Schneeregen über mich ergehen lassen mußte, blieb das tatsächlich der einzige Niederschlag des Tages, der mich erwischte. Und so konnte ich bald den bestens ausgebauten, d.h. asphaltierten Radweg genießen. Besonders gefiel mir dabei das Teilstück in Höhe des links begrenzenden Truppenübungsplatzes Oberlausitz (s. Track vom 7.12., km 32,6 - 60,6). Weit abseits öffentlicher Straßen, fühlte ich mich entrückt von jeglicher Zivilisation. Auch die wenigen Weiler, die ich  durchquerte, schienen am Ende der Welt zu liegen. Das trübe Wetter verstärkte noch die leise Melancholie, die von diesem Gemäuer ausging. Im Sommer ist hier aber bestimmt mehr los.

Auf dem Rückweg mußte ich dann direkt durch den Truppenübungsplatz. Das ging nur auf einer einzigen, dementsprechend stark befahrenen Straße, welche aber über einen gut ausgebauten Radweg verfügte. Trotzdem: das kilometerlang schnurgerade Asphaltband war nicht mein Ding. Auch danach wurde es nicht viel interessanter, am ehesten vielleicht noch der letzte Anstieg bei Torga. Als ich kurz danach auf den Bahntrassenradweg meiner ersten Tour einbog, glaubte ich, die Tour im Sack zu haben.

Weit gefehlt, denn es wurde nochmal richtig dramatisch! Als es bei einrechender Dunkelheit mal kurz holperte, hatte ich kein gutes Gefühl. Tatsächlich stellte ich kurz darauf fest, daß mein Vorderreifen Luft verlor. Im Dunkeln bei Nässe und Kälte am Rad zu basteln wollte ich aber keinesfalls! Darum sputete ich mich auf den letzten fünf Kilometern, von Zeit zu Zeit den verbleibenden Luftdruck überprüfend. Es wurde eng. Den letzten Kilometer schlich ich beinahe nur noch, um meine Felge nicht zusätzlich noch zu schrotten. Ich "erreichte den Hof mit Mühe und Not", aber wohlbehalten. Nachdem ich mir meinen Akku-Kompressor aus dem ca. 700 m entfernt geparkten Auto geholt hatte, war das Vorderrad aber schon nach knapp einer Stunde wieder in Ordnung. Ich mußte nur meinen Frust in Handlungsenergie umwandeln ...

Heute sah es hinsichtlich der Witterung bereits am Morgen wesentlich besser aus. Leider hatte mein Vorderrad über Nacht erneut Druck verloren, das machte mich unruhig. Ich werkelte etwas am Ventil herum und pumpte noch einmal voll auf - dann riskierte ich es, dennoch loszufahren. Die eigentlich geplante Tour nach Polen und Tschechien getraute ich mir aber nicht. Wenn es Probleme mit dem Vorderrad gäbe, wollte ich mir wenigstens auf deutscher Seite Hilfe organisieren. Außerdem war diese Strecke 10 km kürzer.

Auf dem Gipfel der Landeskrone ist der
Schnee sogar liegengeblieben (Aufnahmeort)
Dafür kletterte ich gleich zu Beginn auf die Landeskrone nahe Görlitz. Der Berg markiert nun den höchsten Punkt meines Urlaubs. Auch dieser Anstieg war durchgehend asphaltiert, jedoch mit einigen Steilrampen, sodaß ich im oberen Teil ein paar kurze Verschnaufpausen einlegen mußte.

Danach ging es wellig weiter, wobei mir auf den ersten zwanzig Kilometern zusätzlich der Wind das Leben schwer machte. Endlich kam die Sonne, und der Wind war kein Thema mehr. Es ist schon erstaunlich, wie mich ein paar wärmende Sonnenstrahlen motivieren können. Denn auf dieser Tour gab es - abgesehen von der Auffahrt zur Landeskrone - zwar keine langen und steilen Anstiege, aber die Höhenmeter summierten sich dessen ungeachtet zu einem erklecklichen Betrag.

Leider war das nicht der einzige Grund, warum ich wieder nicht besonders flott vorankam. Schon während ich mich nämlich von der Landeskrone herunterbremste, meldete sich unüberhörbar meine Bremsscheibe. Sie ist inzwischen so sehr abgenutzt bzw. dünn, daß sie sich durch die Hitze beim Bremsen zu verformen beginnt. Dann schleift sie an den Belägen meiner Scheibenbremse, und genau dieses Geräusch kannte ich schon. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Scheibe nach dem Abkühlen wieder etwas gerade gezogen hat und daher nicht mehr oder weniger schleift. Jedenfalls steht da zuhause eine weitere Wartungsarbeit an ...

Erfreulicherweise hielt dafür mein Vorderreifen den ganzen Tag gut durch, vielleicht hat mein morgendliches Basteln ja etwas gebracht. So blieb mir nach der Tour genügend Zeit für andere unaufschiebbare Dinge und die Hoffnung, morgen noch das Glückskleeblatt zu komplettieren. Aber schon jetzt bin ich mit der Ausbeute zufrieden.

Es war nicht alles schlecht!

7. Dezember 2022

Im Detail

An einem solch verregneten Tag wie gestern, gibt es nicht viele Möglichkeiten, die Zeit sinnvoll zu verbringen. Ich entschied mich für das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz, das sich bei meinem Erkundungsgang nach meiner Ankunft auf den ersten Blick als barrierefrei zugänglich zeigte.

Es war keine schlechte Idee, wie sich bald herausstellen sollte. An der Kasse ließ ich mir zunächst etwas über das Museum erzählen, die polnische Angestellte begrüßte mich sehr herzlich. Freilich konnte sie sich viel Zeit nehmen, denn kurz nach der Öffnung war ich der einzige Besucher.

Der Ausstellungen des Museums sprachen mich an, nur die Präsentation der Fauna des Regenwalds erschien mir museumspädagogisch antiquiert. Dafür gab es im Untergeschoß ein sehenswertes Vivarium sowie zwei weitere Stationen, die mich besonders faszinierten. Eines davon war ein lichtdurchlässiges 3D-Landschaftsmodell der Region zwischen Dresden und dem Riesengebirge, bei dem von unterhalb zu verschiedenen Themen, z.B. zur Geologie des Gebietes, farbige Flächen auf die Karte projiziert wurden.

In der Höhle lauert der weiße Grottenolm
(Aufnahmeort)
In der kleinen Sonderausstellung "Grundwasser lebt" befand sich das andere interessante Ausstellungsobjekt. Hier wurde u.a. auch gezeigt, wie vielfältig und artenreich dieser verborgene Lebensraum ist - angefangen von Mikroorganismen bis hin zu relativ großen Tieren. Zweifellos ist der Grottenolm von diesen eines der größten. An einer Konsole konnte man auf virtuelle Tauchfahrt in einer dreidimensional animierten verzweigten Unterwasserhöhle gehen und dabei deren verschiedenen Bewohner entdecken. Das war sehr unterhaltsam! Überhaupt kam diese kleine, aber feine Wanderausstellung ganz ohne moralischen Zeigefinger aus, was ich als sehr angenehm empfand. Ideologen hätten sicher wieder die Klimawandel-Keule herausgeholt, verbunden mit einer Belehrung über das umweltbewußte Handeln jedes Einzelnen.

Nach fünf Stunden trollte ich mich schließlich wieder ins Quartier. Der Regen hatte aufgehört, doch für Aktivitäten im Handbike war es längst zu spät. Aber es kommen noch ein paar Tage, an denen ich mich (hoffentlich) wieder sportlich betätigen kann.

Geduld ist eine Tugend!

6. Dezember 2022

Grenzwertig

Die Wetterlage ist derzeit so, wie meine Stimmung: reichlich eingetrübt. Dazu regnet es ausdauernd, sodaß ich weitere Aktivitäten im Handbike verschieben muß. Vielleicht sollte ich in einer Regenpause einen Kulturausflug-Versuch wagen, denn inzwischen habe ich noch einmal auf den Barrierefrei-Seiten der Stadt Görlitz recherchiert. Wer sucht, der findet.

Immerhin konnte ich am Montag eine erst Runde auf drei Rädern drehen. Nach der Auswertung des Niederschlagsradars kam dafür nur eine Tour in Richtung Süden infrage, für die ich mir eine Strecke auf dem Neiße-Radweg bis Zittau erstellt hatte. Anschließend sollte es dann zurück über Herrnhut und Reichenbach/Oberlausitz gehen, mit einem kleinen Umweg, um ab Königshain einen vermutlichen Bahntrassenradweg zu testen.

Nachdem ich den Abschnitt des Flußradwegs durch Görlitz überstanden hatte, ließ es sich gut an. Durchgängig asphaltiert (kurze Pflasterpassagen dienten nur zur Wasserableitung oder waren historisch bedingt), rollte es sich meistens ganz gut. Manchmal verringerte ich zwar wegen des heruntergefallen Laubes und etlicher Äste das Tempo, dafür verlief die Trasse weitab vom Kraftverkehr. Besonders gefiel mir der Abschnitt zwischen dem Zisterzienserinnen-Kloster St. Marienthal südlich von Ostritz und dem nächsten Ort Rosenthal, denn dort verläuft der Radweg in einem tiefen, bewaldeten Tal unmittelbar neben dem Fluß (s. Track vom 05.12., km 22,9 - 29,5). Diese 6,6 km ohne jede Ansiedlung waren selbst an diesem grauen Tag durchaus romantisch.

Die restlichen Kilometer auf einem Radweg entlang der Bundesstraße B99 gefielen mir dafür nicht so sehr, erst ab Zittau wurde es wieder etwas besser. Dabei verpaßte ich den Abstecher zum Dreiländereck, denn ich hatte diesen Punkt nicht bei meiner ursprünglichen Planung berücksichtigt. Wahrscheinlich gab es dort aber sowieso nicht viel zu sehen.

Vor der Weihnachtsstern-Manufaktur mit Verkauf
in Herrnhut (Aufnahmeort)
Der Rückweg von Zittau durch die Oberlausitz zog sich ziemlich hin. Auch das Wetter verschlechterte sich, manchmal nieselte es sogar etwas. Außerdem kamen nun die Berge, und die Feuchtigkeit drang in die Kleidung. Die kurze Fotopause in Herrnhut war mir daher sehr willkommen. Von hier stammen übrigens die bekannten Weihnachtssterne, die heutzutage vielerorts zum Jahresende aufgehängt werden.

Als ich schließlich nach dem letzten ernstzunehmenden Anstieg den Beginn des Bahntrassenradwegs in Königshain erreichte, war die Sonne bereits untergegangen. Im Schein der Stirnlampe konnte ich deshalb nur eingeschränkt die Fahrt auf der perfekt ausgebauten Piste (s. Track vom 05.12., km 94,6 - 103,1) genießen, weil ich ständig konzentriert nach möglichen Hindernissen Ausschau hielt. Trotzdem gefielen mir diese 8,5 km ausgesprochen gut. Sie versöhnten mich mit diesem Tag, an dem es nicht so gut rollte, wie ich es mir eigentlich angesichts der unterdurchschnittlichen Höhenmeterbilanz vorgestellt hatte.

Ob es das nächste Mal besser wird?

5. Dezember 2022

Gestrandet

Da bin ich gestern also in Görlitz angekommen. In den kommenden Tagen will ich während meines Saure-Gurken-Zeit-Urlaubs von hier aus die Gegend erkunden, und natürlich auch die Stadt. Untergekommen bin ich in der Jugendherberge, die auch über Rollifahrer-Zimmer verfügt. Sie liegt mitten in der Altstadt, womit aber einige Hürden verbunden sind.

Und zwar im eigentlichen Wortsinn, denn das Stadtzentrum erwies sich bei meinem ersten Erkundungsspaziergang als der Schrecken jedes Rollifahrers, der ohne Fußgänger-Begleitung auf Reisen ist. Das fängt beim großflächig vorhandenen Straßenpflaster aus wild durcheinandergewürfeltem Basaltschotter an, geht über vielerorts nicht abgesenkte Bordsteinkanten weiter (wegen des Holperbelags kann man diese gar nicht mit Schwung überfahren) und hört schließlich bei den nur wenigen Rolliparkplätzen auf, die man lange suchen muß. 

Ohne Worte - besonders skurril jedoch in Verbindung
mit dem anderen Gedruckten (Aufnahmeort)
Da wunderte es mich auch nicht mehr, daß viele Sehenswürdigkeiten überhaupt nicht barrierefrei zugänglich sind. Beim Schlesischen Museum habe ich genausowenig einen barrierefreien Zugang entdeckt, wie es wenigstens eine transportable Rampe gab, um in den Bethlehemshof zu den Hütten des kleinen Handwerkermarktes zu gelangen. Hinweise für Rollifahrer zur Zugänglichkeit habe ich nirgendwo entdeckt, außer das kleine Schild an der Peter- und Paulskirche. Weil alle anderen Eingänge nur durch Treppen zu erreichen sind, muß man sich zuerst im Gebäude melden, um dann durch das Nordportal eingelassen zu werden. - Genial!

Irgendwie scheint das Thema Barrierefreiheit bzw. Zugänglichkeit für alle bei den Verantwortlichen der Stadt Görlitz keine Rolle zu spielen.  Deshalb war mein geplanter Stadtrundgang eher ein mühsames Herumstolpern durch die Menschenmassen des vielgepriesenen Christkindelmarkts, dem ich ebenfalls nicht viel abgewinnen konnte, da die wenigen besser berollbaren Fußwege mit Buden zugebaut waren. Andere mobile Rollifahrer habe ich dabei keine getroffen und nur wenige ältere Passanten mit Rollatoren. Dafür kam ich mir vor wie in Polen, vielleicht auch wie in der Ukraine - die Grenznähe ist deutlich zu spüren.

Aber es gab auch Lichtblicke. Die Mitarbeiterin der Jugendherberge war sehr engagiert und half mir bei meinem Gepäck. Ich hätte das aufgrund der schon beschriebenen örtlichen Gegebenheiten nämlich nicht allein geschafft. Und für das Ausladen meines Handbikes boten mir Passanten, die gerade vorbeikamen, spontan ihre Hilfe an. Das war wirklich nett!

Menschlichkeit überwindet Hindernisse!

3. Dezember 2022

Festakt

Anläßlich des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderungen, der jährlich am 3. Dezember begangen wird, wurde gestern nun während einer Festveranstaltung im Sächsischen Landtag der 5. Sächsische Inklusionspreis übergeben. Eigentlich waren es ja eher fünf Preise, denn für jede der Kategorien „Digitale Barrierefreiheit“ - „Kinder & Familie“ - „Wohnen“ - „Tourismus“ - „Kultur“ hatte die Jury zur Beratung am 5. Oktober einen Preisträger gekürt.

Gruppenbild der Preisträger und Juroren gemeinsam
mit dem Sächsischen Inklusionsbeauftragten und
dem stellvertretenden Schirmherrn (Aufnahmeort)
Der Plenarsaal war ziemlich voll, weil die meisten Bewerber in Begleitung von Projektteilnehmern zur Feierstunde erschienen. Dank der perfekten Organisation mit musikalischer Umrahmung durch das Polizeiorchester sowie einer stimmigen Moderation wurde es recht kurzweilig, und selbst die Reden der "Würdenträger" paßten hinsichtlich Umfang und Inhalt gut in den Ablauf. Für Heiterkeit sorgte bei den anschließenden Interviews mit den geehrten Projektträgern und -teilnehmern manch launige Antwort. Spontane Reaktionen sind sowieso immer die ehrlichsten.

Als (ehemaliges) Jurymitglied der Kategorie „Tourismus" hielt ich die Laudatio für den Preisträger in dieser Sparte. Wahrscheinlich können sich die regelmäßigen Leser meines Blogs schon denken, wer hierbei das Rennen gemacht hatte: es war der Förderverein Lausitzer Findlingspark Nochten e.V. mit seinem Projekt „Findlingspark Nochten – Landschaft barrierefrei erleben“.  Als die Auszuzeichnenden feststanden, hatte ich mir nämlich den Landschaftspark vor einigen Wochen selbst angeschaut.

Nach der Preisübergabe gab es bei einem kleinen Imbiß Gelegenheit, mit den Anwesenden ins Gespräch zu kommen. Für mich ist das immer der schönste Teil solcher Veranstaltungen, lerne ich doch dabei regelmäßig interessante Menschen kennen. Auch gestern war das so, denn die Leute vom SFZ Förderzentrum aus Chemnitz, die gemeinsam unter fachkundiger Anleitung ein zerlegbares Großkanu gebaut haben und darüberhinaus nun auch regelmäßig damit auf's Wasser gehen, waren mir sofort sympathisch. - Ich denke, im nächsten Jahr werde ich dort mal vorbeischauen und mitmachen.

Das strahlende Gesicht von Julia begleitete mich noch lange auf dem Heimweg.