28. August 2023

Wetterwechsel

Es hatte sich am Ende der Woche bereits abgezeichnet, daß nun wieder kühlere und feuchtere Tage kommen. Deshalb bin ich auch am Freitag nach der Arbeit - wie so häufig in dieser Saison - noch einmal mit dem Handbike losgefahren.

Der Regen der Nacht sorgte erneut für eine drückend feuchte Luft. Im offenen Gelände spürte man das nicht so sehr, doch unter dem dichten Blätterdach der Bäume, wie z.B. im Prießnitzgrund, herrschte dafür umso mehr Saunaklima. Erste Regenschauer konnte ich an diesem Tag aber geschickt umgehen, nur die lange Strecke durch die Dresdener Heide machte mich naß - vom Schweiß. Ich hatte diesen Abschnitt von Dresden-Neustadt bis zur Hofewiese (s. Track vom 25.08., km 35,5 - 45,7) gar nicht mehr als so lang und mit solch anspruchsvollem Offroad-Untergrund im Gedächtnis - es wurde insgesamt eine ziemlich mühsame Fahrt, auf der ich viel Zeit verlor.

Abends auf der Heimfahrt von Porschendorf
(Aufnahmeort)
Dafür stabilisierte sich das Wetter, und kurz vor dem letzten nennenswerten Anstieg hinter Porschendorf vergoldete der Schein der untergehenden Sonne Maisfelder und Bäume, sodaß ich hier für diesen romantischen Anblick innehielt. Meine Beleuchtung benötigte ich trotzdem nicht mehr, denn mit dem Sonnenuntergang kam ich zuhause an.

Den Sonnabend konnte ich es mir dann zuhause gemütlich machen, es regnete kräftig und ausdauernd bis zum Mittag. Auch für den Sonntag verhieß die Wettervorhersage schlechtes Wetter. Dennoch wagte ich die Ausfahrt, nachdem ich eine Weile den Zug der Regengebiete auf dem Wetterradar beobachtet hatte. Es schien gar nicht unmöglich zu sein, wenigstens eine kleine Runde im Trockenen absolvieren zu können.

So geschah es dann auch. Erst kurz nach Rückersdorf holten mich Ausläufer großer Niederschlagsgebiete mit Nieselregen ein, doch blieb es dabei. Erneut gelang es mir, zur richtigen Zeit immer genau die Flecken zu passieren, wo es entweder gerade geregnet hatte oder aber die Regenwolken erst noch kamen. So konnte ich meine Tour bis zum Wunschkilometer-Soll ausdehnen. Das war übrigens die beste Lösung. Hätte ich dagegen die kürzere Variante gewählt, wäre ich wirklich gründlich durchgespült worden. Bei meiner Heimfahrt über Pillnitz fuhr ich nämlich auf den klatschnassen Straßen, welche diese kräftigen Schauer hinterlassen hatten.

Bei der Tourauswertung stellte ich abends dann fest, daß im Monat August nur noch knapp 300 Hm bis zur 20.000 fehlten. Solche Werte erreiche ich nur in Verbindung mit Handbike-Akitivitäten im Hochgebirge, also in den Alpen. - Diese Marke reizte mich sehr, doch da für den ersten Tag der neuen Woche wieder reichlich Naß angekündigt war, machte ich mir darüber zunächst keine ernsthaften Gedanken.

Ganz anders heute morgen. Zwar sah ich auf dem Radar den Regen heranziehen, doch die Zeit bis dahin sollte eigentlich reichen, um nach 2018 endlich wieder einmal diese Schallmauer zu durchbrechen. Das wäre dann erst das vierte Mal, wobei mein Bestwert mit 23.584 Hm vom Juli 2013 stammt.

Um ganz sicher zu gehen, nahm ich mir ohne langes Vorgeplänkel gleich die Berge vor. Bis Herbergen, also nach rund 12 Kilometern hatte ich es geschafft, der Rest war Kür. Das paßte auch ganz gut, denn nun wurde es allmählich feucht von oben. Zunächst noch verhalten. Auch gab es längere Regenpausen, die mich ermunterten, meine Runde wenigstens bis auf Kurzstreckenlänge (50 km < x < 99 km) zu erweitern. Etliche Höhenmeter kamen dabei natürlich auch hinzu.

Im Elbtal ab Rathen setzte schließlich der erwartete Landregen ein, welcher mich zwang, auf den letzten zehn Kilometern mir doch noch meine Regenjacke überzuziehen. Gut durchfeuchtet, jedoch nicht völlig durchnäßt, erreichte ich kurz nach dem Mittag endlich mein Zuhause. Seit Rathen regnet es nun schon über fünf Stunden durch.

Heimfahren ohne Abzuwarten war die richtige Entscheidung

21. August 2023

Urlaubsfinale

Bevor ich morgen wieder regelmäßig auf Arbeit erscheinen muß, hatte ich mir noch ein paar Kilometer im Handbike vorgenommen. Dabei ließen sich meine Ausfahrten prima mit anderen Vorhaben verknüpfen.

Am Freitag konnte ich Kerstin in der Klinik Bavaria in Kreischa besuchen, um mich dort wiegen zu lassen. Weil auf meiner Urlaubsreise kurz vor der Heimfahrt doch noch eine kleinere Hautverletzung im Bereich des Steißbeins entstanden war, kam mir außerdem das Angebot meiner Sportfreundin und Oberärztin des dortigen Querschnittgelähmten-Zentrums sehr gelegen, ebenfalls die Wunde zu begutachten und zu behandeln. Natürlich fuhr ich nicht auf dem kürzesten Weg ins rund 20 km entfernte Kreischa, sondern vorher im weiten Bogen um Dresden.

Mein Besuch in der Klinik zeitigte dann sehr erfreuliche Ergebnisse. Zum einen ist die offene Stelle im Sitzbereich schon fast wieder verheilt (trotz meiner fortgesetzten Aktivitäten!), zum anderen offenbarte sich meine Alpenpässejagd der vorangegangenen drei Wochen als wahrer Kilo-Killer. Hatte ich im Frühjahr noch fast 67 kg gewogen, so standen nun 62,4 kg auf dem Display der Waage. Das ist nahezu mein Traumgewicht, denn mit 1,65 m Körpergröße sollte ich trotz gut ausgebildeter Oberkörper-Muskulatur nicht mehr als zu Fußgängerzeiten wiegen. Vor 24 Jahren waren es 63 kg.

Im Laufe des Tages meldete sich auch Christiane bei mir. Sie schlug vor, sich doch nun endlich mal zum gemeinsamen Freiübernachten im Osterzgebirge zu treffen. Ich hatte mir das schon lange gewünscht, auch weil der Transport der dafür benötigten Ausrüstung nur in meinem Handbike aufgrund des Umfangs nicht so ohne weiteres möglich ist. Das war natürlich eine freudige Überraschung! Wir einigten uns auf Zeit und Ort, nämlich sonnabends um 19.30 Uhr an der Schutzhütte am Schulhübel, die wir von unseren Ausflügen bereits kannten und von der wir wußten, daß sie für unsere Zwecke geeignet war.

Während meine allerbeste Sportfreundin an diesem Tag noch bis 17.00 Uhr arbeitete, startete ich aber auch erst nach dem Mittag mit einer kleinen Aufwärmrunde über Stadt Wehlen und Lohmen. Davor verbrachte ich etliche Stunden zur Erstellung eines Kurzberichts über meinen Alpenurlaub für Facebook. Der Beitrag enthält ebenfalls eine kommentierte Bildergalerie mit bisher noch nicht veröffentlichten Aufnahmen.

Auf meinem Weg durch das Müglitztal kontaktierte mich schließlich auch noch mein tschechischer Kamerad Lád'a. Er wollte ebenfalls zum Treffpunkt kommen und mit uns dort übernachten. Ich war begeistert. Mit meinen zwei besten Freunden eine romantische Nacht im Freien genau da, wo ich immer wieder sehr gerne bin - das war die perfekte Aktion zum Abschluß meines Sommerurlaubs!

Zu dritt vor unserem Quartier (Aufnahmeort)
Christiane brachte abends nicht nur Isomatte und Schlafsack für mich mit, sondern tafelte dann auch auf, als würden wir kurz vorm Hungertod stehen. Sogar an Knabbereien hatte sie gedacht, und am nächsten Morgen gab es selbstzubereitetes Müsli mit viel Obst und Joghurt. Ich sage ja immer: Wer solche Freunde hat, ist gegen alle Widrigkeiten der Welt gefeit. Am besonderen Ort mit besonderen Menschen Besonderes erleben - dafür lohnt es sich zu leben! Auch mit oder gerade wegen meines Handicaps ...

Am Sonntag unternahmen wir dann zu dritt noch einen Abstecher zum "weltberühmten" C-Loch, einem tiefen und fast immer mit Wasser gefüllten Schlagloch auf der alten Straße nach Breitenau, wo sich Christiane bei einem Sturz mit dem Fahrrad einst großflächige Asphaltflechten an der Haut zugezogen hatte, und gedachten dieses Ereignisses. 😜 Während sich Lád'a hier von uns zwei übrigen verabschiedete - er war für den Nachmittag bereits verplant - schlug ich meiner Sportfreundin nun den Umweg über Pirna vor. Dort trennten wir uns an diesem Tag nach dem ausgelobten Belohnungseis. Ihr blieb damit noch der ganze Nachmittag für die Familie, und ich drehte danach eine schnelle, weil flache Zusatzrunde zwischen Dresden und Bad Schandau. Als ich schließlich 16.00 Uhr zuhause einrollte, war ich gründlich im Schweiß gebadet.

Die Badewanne wartete schon auf mich.

17. August 2023

Großraumsauna

Es gibt Angenehmeres, als sich bei schwülwarmen Wetter sportlich zu betätigen. Doch zuhause den Tag ungenutzt verstreichen zu lassen, wollte ich auch nicht. Vielleicht würde es ja angesichts der kompakten Wolkendecke wenigstens nicht so heiß werden ...

Das wurde es dann bis zu fortgeschrittener Stunde am Nachmittag auch nicht. Dafür staute sich die Feuchtigkeit in der Luft kurz über dem Boden, bis ich schließlich an der deutsch-tschechischen Grenze hinter Rosenthal in ca. 500 m Meereshöhe selbst in die tiefliegende Wolkenschicht eintauchte. Dort waren es dann bestimmt 100% Luftfeuchte, denn obwohl es nicht regnete, wurden meine Nylon-Radhosen richtiggehend naß. Das Radtrikot war sowieso schon völlig durchgeweicht. - Mein ursprünglicher Plan, wieder mal auf den Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník) zu fahren, fiel dieser Waschküche natürlich zum Opfer. Denn ohne Sicht hatte das nun wirklich keinen Sinn!

Nach einer angenehm kühlenden Abfahrt bis Tetschen (Děčín) kletterte ich auf der anderen Elbseite wieder aus dem Elbtal, um zu erkunden, ob die Straße durch Heidenstein (Kámen) in Richtung Binsdorf (Bynovec) wieder für den Verkehr freigegeben ist. Bei meiner letzten Tour in dieser Gegend wurde dort gerade gebaut. Erstaunt mußte ich gestern nun registrieren, daß sich daran noch nichts geändert hat. Das sind ja schon beinahe deutsche Verhältnisse im Straßenbau!

Ich schaffte es trotzdem mit einigem Hin und Her, die Baustelle zu passieren, ohne den Unmut der Bauarbeiter auf mich zu ziehen (s. Track vom 16.08., km 47,3 - 48,9). Nur, um dann wenige hundert Meter später am Ortseingang von Binsdorf vor der nächsten zu stehen. Hier wurde gerade eine Brücke erneuert. Glücklicherweise machten die Männer in ihren Baufahrzeugen, die geradeso Platz für ein Durchkommen im Handbike freiließen, gerade Mittag(sschläfchen), sodaß ich mich auch hier - diesmal unbemerkt - vorbeischummeln konnte.

In Herrnskretschen (Hřensko) hatte ich dann zwar das gewünschte Höhenmetersoll erreicht. Doch weil mir noch Strecke fehlte, um ganz billig auf der Heimfahrt im Elbtal wenigstens die 100-km-Marke zu erreichen, bog ich zuvor noch einmal elbaufwärts ab. Das war nicht besonders kreativ, aber bei diesem schwülen Wetter für mich das einzig Akzeptable. Am Ziel in Pirna fehlte mir dennoch etliche Zehntel zu meinem Wunschtempo.

 Abgehakt!

15. August 2023

Höheneffekte

Auf meinen ersten beiden Touren nach der Alpenpässejagd profitierte ich unmittelbar von den vorangegangen Tagen. Wie jedesmal, wenn ich nach längeren Aufenthalt bzw. sportlicher Betätigung in größeren Höhen zurück nachhause gekommen bin, beobachtete ich an mir ganz unmittelbar die leistungssteigernden Auswirkungen meines Alpenurlaubs. Das ist immer wieder faszinierend.

Schön: (Kindergarten?-)Kinder haben die
Steinbarriere am Touristengrenzübergang
Steinigtwolmsdorf - Hilgersdorf (Serverní) mit
ihren Bildern verziert(Aufnahmeort)
Zwar habe ich mich bei meiner ersten Tour am Sonntag, was Auffahrten betrifft, noch zurückgehalten. Aber gerade bei solchen Steigungen, die sonst bei mir unter der Charakterisierung laufen "zum Strecke machen (= Schnellfahren) zu steil, zum Klettern (viele Höhenmeter auf kurzer Strecke sammeln) zu flach" machte sich die Hochgebirgsakklimatisation besonders deutlich bemerkbar. Die Grenze, ab welcher das Bergauffahren anstrengend wird, verschob sich nämlich um einiges ins steilere Gelände.

Am Ende der Tour nahm ich an diesem Tag noch die bergige Abkürzung über Waltersorf mit, um an dem 13% durch Porschdorf zu testen, ob auch bei steileren Anstiegen, dieser Effekt wirkt. Trotz der inzwischen herrschenden Hitze ließ ich diesen Berg dabei so zügig hinter mir, daß mein Durchschnittstempo davon kaum beeinflußt wurde. Zur Kaffeetrinkerzeit war ich wieder zurück - mehr wollte ich mir in dieser Wärme auch nicht zumuten.

Gestern hatte ich mir dann einen Ausflug in die Berge - sprich: ins Osterzgebirge - vorgenommen. Meine Hoffnung, in größeren Höhen weniger unter den hochsommerlichen Temperaturen zu leiden, erfüllte sich jedoch nicht. Denn aufgrund des Regens vom Vorabend herrschte eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, die den Schweiß aus allen Poren der Haut drückte. Da half es auch nicht sonderlich, daß ein erheblicher Teil der Strecke bis zum Scheitelpunkt geschützt in Tälern bzw. unter Bäumen im Schatten verlief.

Einmal mehr verfestigte sich hierbei mein Eindruck, daß ich selbst an den gelähmten Körperteilen noch schwitze. (Für Nichtbetroffene bzw. Leser ohne das entsprechende medizinische Wissen über die Auswirkungen einer Querschnittlähmung: Allgemein geht man davon aus, daß durch die Rückenmarksverletzung nicht nur unmittelbar die Muskeln bzw. der Körper gelähmt sind, weil die Reizweiterleitung durch die Schädigung unterbrochen wurde, sondern davon auch das vegetative Nervensystem betroffen ist, welches grundlegende Körperfunktionen - z.B. die Wärmeregulierung durch Schwitzen - regelt.)

Aufgrund der Witterung spulte ich jedenfalls nur mein Minimalprogramm ab. Nachdem ich auf den letzten Kilometern der langen Auffahrt leistungsmäßig ziemlich eingebrochen war, konnte ich aber doch noch den Virtual Partner (meines Fahrradnavis) deutlich deklassieren. Viel weiter hätte ich allerdings am Montag nicht fahren wollen.

Leider ist nicht zu erwarten, daß dieser leistungssteigernde Höheneffekt auch längerfristig für entspannteres Fahren sorgt. Nach meinen Erfahrungen der früheren Jahre stellt sich die Leistungsfähigkeit ungefähr nach ein bis zwei Wochen wieder auf den Normalpegel ein. Dann sind nämlich wieder wesentlich weniger rote Blutkörperchen vorhanden, die für die Sauerstoffversorgung der Muskeln sorgen. 

Aber das weiß jeder, der sich für dieses Thema interessiert.

12. August 2023

Nachbetrachtungen

Diese Alpenpässejagdsaison war für mich so erfolgreich wie lange nicht. Man mag meinen, daß ich deshalb rundum zufrieden und glücklich sei. Bin ich aber nicht. Denn es gab etliche Dinge, die mir während meiner Reise sauer aufgestoßen sind und mich nachdenklich machen. Davon will ich nun berichten.

Übersicht aller meiner Aktivitäten
im Handbike während der 23er
Jagdsaison - die grünen Marker
bezeichnen meine 7 Basislager
(Zur Darstellung in Originalgröße
Bild bzw. Link ggf. in neuem
Fenster / Tab öffnen) 
Obwohl ich mein Auto quasi als Wohnmobil nutze und daher prinzpiell überall (kostenlos) übernachten könnte, wähle ich doch immer Campingplätze als Basislager. Denn weil ich allein unterwegs bin, benötige ich barrierefreie Sanitäreinrichtungen für meine Körperhygiene. Vor einer Reise erkundige ich mich daher im Internet, ob der gewünschte Platz (nach Eigenaussage) über eine entsprechende Einrichtung verfügt.

Leider ist aber so, daß die Betreiber sehr unterschiedliche Maßstäbe für die Barrierefreiheit anlegen. Auch in diesem Urlaub war die entsprechende Ausstattung bis auf wenige Ausnahmen in Frankreich, aber auch Italien weit unterhalb dessen, was man in Deutschland einem Gast mit Mobiltätseinschränkung zumuten würde. Nicht vorhandene Klobrillen, nicht von innen verriegelbare Kabinen, fehlende Sitzmöglichkeiten in der Dusche, fest (und weit oben) installierte Duschköpfe statt einer Handbrause sowie keine bzw. unerreichbare Ablagemöglichkeiten sind nur die Mängel, welche mir auf Anhieb einfallen. Regelmäßig waren zudem die Rezeption / Anmeldung des Campingplatzes nicht barrierefrei zugänglich. Besonders auf den Camps in Südostfrankreich fielen mir die schmuddeligen heruntergekommenen bzw. defekten Sanitäreinrichtungen auf, mit denen übrigens alle Gäste konfrontiert waren. Wackelige Armaturen, Dichtungen, die ihren Namen nicht mehr verdienten, Uralt-Sanitärkeramik, der man schon rein äußerlich ansah, daß sie noch aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts stammte.

Nicht selten hatte ich jedenfalls den Eindruck, daß es den Betreibern nur darum ging, mit minimalen Aufwand für Pflege und Instandhaltung maximale Erlöse zu erzielen. Die französischen Gäste mögen dies ja von ihren Landsleuten gewohnt sein, und selbst die anspruchslosen Camper aus den Niederlanden - welche sich allerdings noch nicht einmal in diese Regionen verirrten - scheinen da sehr tolerant zu sein. In Deutschland würden solche touristischen Einrichtungen aber sicherlich aus hygienischen Gründen zu Recht dicht gemacht werden.

Trotz des überaus miesen Zustands der Campingplätze wurden dann jedoch regelmäßig mir gegenüber Übernachtungspreise aufgerufen, die man - zurückhaltend formuliert - nur als unangemessen bezeichnen muß. Zwischen 22,- und 25,- EUR (in der Schweiz SFR) kostete mich jede Nacht in meinem eigenen Auto. Dafür, daß ich lediglich die (meist miserable) und für mich nur teilweise nutzbare Sanitäreinrichtung des Campings in Anspruch nahm, ist das ganz schön happig. Lediglich in Ceresole Reale, von wo aus ich den Colle del Nivolet bezwang, bezahlte ich für zwei Nächte insgesamt 30,-EUR. Dabei war die junge, sportliche Chefin von meiner Art zu reisen ganz offensichtlich so beeindruckt, daß sie sich förmlich die Beine rausriß, um mir für meinen Aufenthalt die besten Bedingungen zu schaffen. - Hierher würde ich jederzeit gerne wiederkommen!

Was mich außerdem erstaunt hat, war die Unflexibilität bzw. der mangelnde Willen der Campingplatz-Betreiber, mich trotz sogenannter ausgebuchter Kapazitäten, noch mit aufzunehmen, obwohl ich jedesmal betonte, daß ich wirklich nur die barrierefreie Sanitäreinrichtung benötige und mit meinem Auto an jedem beliebigen Platz stehen könnte. Beispielsweise in Berchtesgaden habe ich das unter ähnlichen Umständen schon (positiv) ganz anders erlebt ...

Begegnungen sind für mich im Urlaub beinahe genauso wichtig, wie meine sportlichen oder touristischen Aktivitäten. In diesen knapp drei Wochen schlug mir auf den Zeltplätzen vielerorts jedoch eine Gleichgültigkeit entgegen, die im krassen Gegensatz zu bereits Erlebtem stand. Vielleicht hat diese unsägliche Farce namens Corona-Pandemie dazu beigetragen, daß die Menschen immer mehr auf Distanz gehen, vielleicht liegt es aber auch an meiner Nationalität. Denn gerade in Frankreich konnte ich mich häufig nicht des Eindrucks erwehren, als Deutscher hier nur geduldet zu sein. Und das in einer Region, die nie durch die deutsche Wehrmacht besetzt wurde ... Oftmals war ich aber der einzige Deutsche, manchmal überhaupt der einzige Ausländer vorort.

In Italien, genauer gesagt: auf dem Colle di Tenda, lernte ich jedoch die Radsportlerin Natascia aus Cuneo kennen. Das war der Lichtblick bzgl. Kontakte. Sie blieb locker und unbefangen im Umgang, als sie den Grund dafür realisierte, warum ich mit einem Handbike fahre. So wünsche ich es mir immer, doch diese Kommunikation auf Augenhöhe erlebe ich viel zu selten. Am ehesten noch von (gleichgesinnten) Radsportlern. Die können in der Regel nämlich auch am besten beurteilen, welche Leistung hinter meinen Aktionen steckt. - Vielleicht hält sich ja der Kontakt auch über eine Facebook-"Freundschaft" hinaus.

Insgesamt betrachtet, zieht es mich nicht (mehr) sonderlich in die französischen Alpen, und nach Nordwestitalien auch nicht unbedingt. Gerade die Franzosen scheinen so von sich selbst und ihren "tollen" touristischen Angeboten überzeugt zu sein, daß ich mich frage, wieso tatsächlich noch Leute aus anderen Ländern hier ihren Urlaub verbringen. Gemessen am Asien-Index (das ist die Anzahl asiatischer Gäste in einer touristischen Destination), liegen selbst die aggressiv beworbenen Aushängeschilder der von mir besuchten Gebiete weit hinter meiner Heimat zurück. Lediglich in Courchevel habe ich mal drei von ihnen gesehen, deren Vorfahren aber vielleicht auch aus dem früheren Französisch-Indochina stammten. Eigentlich schade, denn die Landschaft ist vor allem im mediterran geprägten Südfrankreich wirklich sehens- und erlebenswert. - Warum sich die Einheimischen solcherart das Wasser abgraben, bleibt mir rätselhaft. Möglicherweise nehmen sie das in ihrer Selbstsicht aber gar nicht wahr.

So, das ist erneut ein langer Beitrag geworden - doch ich mußte mir diese Dinge einmal von der Seele schreiben. Bei meinen zukünftigen Veröffentlichungen werde ich mich dann aber kürzer fassen.

Hoffe ich.

11. August 2023

Unrühmlicher Abgang

Mein letztes Urlaubsziel sorgte bei mir für mehr Frust als Lust. Dabei klang die Beschreibung des Passes Col de la Loze (2301 m) eigentlich gar nicht so schlecht. Schlußendlich kam ich mir am Ende doch ziemlich vergackeiert vor, was ganz sicher dazu beiträgt, daß ich alle weiteren Unternehmungen in dieser Gegend von meiner Wunschliste gestrichen habe. Doch der Reihe nach.

Bereits einen Platz für die Übernachtung zu finden, erwies sich nämlich als eine unerwartete Herausforderung. Zwar war auf dem zuvor ausgesuchten Campingplatz in Brides les-Bains ganz offensichtlich noch ausreichend Platz für mein Auto - das Fräulein an der Rezeption wies mich dennoch ab, weil ich nicht reserviert hätte. Auch der Verwalter des etwas weiter höher im Tal gelegenen Campingplatzes ließ mich aus ähnlichem Grund abblitzen.

Wenigstens hatte ich zuvor festgestellt, daß der barrierefreie Sanitärtrakt des ersten Platzes nahezu vorbildlich ausgestattet und eingerichtet war. (Das muß ich fairerweise anmerken: es war beinahe die beste Ausstattung, die ich jemals auf Reisen erlebt habe - absolut durchdacht, so, als ob hier ein Rollifahrer an der Planung beteiligt gewesen wäre). Für meine nun nötige Improvisation wurde das ein zentrales Element. Denn ich übernachtete schließlich auf einem etwas abgelegenen bzw. versteckten Parkplatz und nutzte am nächsten Tag genau diesen Sanitärtrakt, indem ich mich noch einmal ungefragt auf dem Zeltplatz einschmuggelte und die offen zugänglichen Räumlichkeiten für meine Körperhygiene (Toilettengang und Duschen) nutzte. Den Leuten dort entging also die Übernachtungsgebühr von 2 x 25,- EUR und ich nutzte trotzdem, was ich brauchte. Ein schlechtes Gewissen habe ich deswegen nicht, schließlich hätte ich ja auch ganz gern offiziell dort übernachtet.

Nach einer recht kurzen Nacht startete ich dann bereits kurz vor Sonnenaufgang zur Paßfahrt. Ungeachtet der frühen Stunde wurde es dennoch ein Spießrutenfahren bis fast zum Ortsausgang von Courchevel. Eine schier endlose Karawane an Fahrzeugen walzte bereits gegen 6.30 Uhr die Straße zu den Ortsteilen dieses Nobel-Wintersportorts hinauf. Hauptsächlich waren es Kleintransporter und Baufahrzeuge, aber auch private Kfz, deren Nummernschilder die Besitzer vorzugsweise in den osteuropäischen Ländern verortete. Dabei überholten mich bei Gegenverkehr selbst schwere LKW, z.B. Betonmischer oder Autokräne sowie Betonplatten-Transporter, ohne Rücksicht auf irgendwelche Mindestabstände. Man mußte schon starke Nerven haben, um sich dadurch nicht verrückt machen zu lassen. Freude an der Auffahrt konnte da bei mir gar nicht erst aufkommen.

Massentourismus auf unterstem Niveau (Aufnahmeort)
Die Ortsteile von Courchevel wirkten auf mich deprimierend. Riesige Touristenbunker zwischen Kitsch und Protz, außerdem Boutiquen von Edel-Marken für Gestalten vom Schlag dieses deutschen TV-Show-Millionärspärchen - und genau darauf abgestimmt in der Anmutung. Jetzt war hier jedoch fast alles geschlossen - obwohl für den kommenden Winter an allen Ecken und Enden gebaut wurde, als ob es kein morgen gäbe. Ein solches Armageddon des Massentourismus' hatte ich nun wirklich bisher noch nicht gesehen.

Am Beginn der eigentlichen Fahrradstraße zum Col de la Loze war ich bereits dermaßen frustriert, daß es mir schwerfiel, dieser Tour noch etwas Schönes abzugewinnen. Bis hierher gelangte zwar nicht mehr die Blechlawine, doch die Zerstörung der Landschaft (durch Skipisten, Liftanlagen, Kunstseen zur Beschneiung der Hänge usw.) war immer noch allgegenwärtig. - Wie abgestumpft muß man eigentlich sein, damit man sich in einer solchen Umgebung noch wohl fühlt, auch wenn das weiße Leichentuch des Schnees alles bedeckt?!

Das angekündigte "Massaker" für den Radsportler blieb ebenfalls aus. Weder vom konditionellen Anspruch noch hinsichtlich der Steigungsprozente hob sich diese Auffahrt aus der Masse hervor. Irgendwie kam es mir so vor, als ob dieser Spruch eine miese Masche der lokalen Tourismusvertreter war, um während der schneefreien Jahreszeit auch ein paar Gäste - in diesem Fall Radsportler - anzulocken, mit denen man Geld verdienen könnte. Der Bau dieser Radstraße ging ja offensichtlich auch auf eine Idee dieser Verantwortlichen zurück. An einer Stelle vor einer Seilbahnstation sowie unmittelbar vor dem Scheitelpunkt zog die Steigung allerdings mal bis auf geschätzte 16 - 18% an, jedoch nie so lange, daß ich mich hätte hochruhen müssen. Vielleicht auch, um es mir selbst zu beweisen und um den ganzen Ärger über dieses ganze Gemache abzureagieren, fuhr ich alle diesen steilen Passagen ohne Pause durch.

Auf der Paßhöhe (eigentlich war es gar kein richtiger Paß, sondern eher die Querung einer Bergflanke) kamen kurz vor dem Mittag erstaunlich viele Radsportler zusammen, natürlich nicht zu vergleichen mit dem Auflauf auf dem Mont Ventoux, einer echten Radsportlegende. Aber selbst hier nervte das aggressive Marketing der Wintersportorte Courchevel und Meribel, welches sich in der Beschriftung der Straße sowie riesigen Aufstellern und Schildern manifestierte. Die Mofa-Truppen waren logischerweise ebenfalls überdurchschnittlich präsent. Ein wenig Wiedergutmachung leistete hingegen das umfassende Drei-Seiten-Panorama mit dem Mont Blanc am Horizont. Man mußte sich dabei nur die verunstaltete nähere Umgebung wegdenken.

Die Abfahrt stellte dann noch einmal einen echten Belastungstest für meine Scheibenbremse dar. Der obere Teil dieser Auffahrt bzw. für mich nun Abfahrt war dermaßen brutal und gestaltete sich dabei so unrund (flache und steile Abschnitte im kurzen Wechsel), daß diese wohl am ehesten einer Killer-Attacke gleichkommt. Ich war jedenfalls froh, die andere Seite gewählt zu haben.

Der Rest ist schnell berichtet. Nach meiner Ankunft am Auto verpackte ich bald meinen Krempel, erledigte meine hygienischen Verrichtungen auf besagtem Campingplatz und startete endlich gegen 19.00 Uhr mit dem Auto in Richtung Heimat. Nach 1113 km und zwei kürzeren Schlafpausen unterwegs erreichte ich heute gegen 11.15 Uhr mein Zuhause.

Die Bilanz dieser 21 Tage: 16 Pässe bzw. Bergfahrziele (davon 15 bisher von mir noch nicht im Handbike bezwungen) auf 12 Touren mit insgesamt 839,3 km und 18.994 Hm. - Eine wirklich erfolgreiche Pässejagdsaison!

9. August 2023

Schönheit mit Makel

Etwas verspätet der Beitrag zu meinen beiden vergangenen Touren. Das liegt schlicht und ergreifend daran, daß in meinem gewählten Basislager weder WLAN noch frei zugängliche Stromanschlüsse gab. Auch sonst war der Campingplatz nahe Saint-Martin-d'Entraunes nur äußerst bedingt für Rollifahrer geeignet. Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, daß den Betreibern in Frankreich, aber auch in Italien (NICHT Südtirol!) Gäste mit Handicap ziemlich egal sind. Und als alleinreisender Radsportler mit Rollstuhl bin ich sowieso ein Exot.

Ich arrangierte mich mit den suboptimalen Bedingungen, weil der Ort optimal für meine nächsten Vorhaben gelegen war. Auf meiner Quaeldich.de-Liste "Club 2k" fehlte mir nämlich noch der Col des Champs (2087 m). Außerdem konnte ich von hier aus gleich noch zwei weitere "kleine" Pässe im Doppelpack erklimmen, für die sich eine separate Anfahrt sonst nicht gelohnt hätte. Über den Col de la Couillole (1678 m) und den Col de Valberg (1673 m) war ich zwar schon bei der Anfahrt mit dem Auto gefahren, die alternative Strecke von Guillaumes im Var-Tal über Peone kannte ich jedoch noch nicht.

Zuerst widmete ich mich jedoch am Montag dem 2000er-Paß. Offensichtlich ticken bei den Franzosen die Uhren etwas anders, denn als mir das erste Auto auf der Paßstraße begegnete, lagen bereits rund 600 hm und fast zwei Stunden Fahrt hinter mir. Auch am späteren Vormittag wurde es nicht viel betriebsamer auf der Strecke, die ersten Radsportler kamen mir sogar erst rund 300 Hm unterhalb des höchsten Punkts entgegen. Ich genoß die Stille und die großartige Landschaft um mich herum umso mehr. Bei einem solchen Wetter in den Bergen unterwegs zu sein, ließ alle Widrigkeiten des Tales in der Bedeutungslosigkeit versinken.

Mein vorletzter 2k-Club-Paß (Aufnahmeort)
10.15 Uhr war ich oben, doch für die Drei-Pässe-Tour Champs-Allos-Cayolle reichte das zeitlich trotzdem nicht. Aber damit hatte ich sowieso nur ganz am Rande geliebäugelt. Daher entschied ich mich zu dieser frühen Zeit schließlich für den Abstecher zum kleinen Weiler Sussis und stellte dabei fest, daß es im Mittelteil noch eine alternative Auffahrt zum Col des Champs gab. Der Ort selbst faszinierte mich in seiner Abgeschiedenheit. Erstaunlich, daß dort noch Leute wohnen. Mir winkte jedenfalls auf dem Rückweg eine alte Dame zu, die es sich auf der Terasses ihres Hauses in ihrem Stuhl gemütlich gemacht hatte.

Meine Doppelpaßtour am nächsten Tag gestaltete sich dann als eine sehr entspannte Angelegenheit. Die Steigungsprozente lagen fast durchweg im Wohlfühlbereich, und bei erneut optimalen Witterungsbedingungen tropfte im morgendlichen Schatten noch nicht einmal der Schweiß. Da konnte ich auch bei der Durchfahrt die potthäßliche Bettenburg Valberg mit ihrer dazugehörigen Klientel ertragen. Selbst die hier - wenn wundert's -überdurchschnittlich anzutreffenden Mofafahrer in ihren Tour-de-France-Kostümen ließen mich kalt.

Das romantische Tal mit den bizarren Felsen während der Auffahrt, ein paar sehr schöne Ausblicke auf die Umgebung, bevor ich wieder ins Var-Tal rollte und die rauschende Abfahrt auf der Hauptstraße wird mir von dieser Tour im Gedächtnis bleiben. Das war's dann aber auch.

Nun werde ich wohl nicht mehr in diesem Leben in diese Gegend kommen - zu ungünstig sind für mich die Übernachtungsbedingungen (auf Campingplätzen). Die oben erwähnte Drei-Pässe-Tour kann ich auch ab Barcelonette in Angriff nehmen.

Andere Ziele haben jetzt aber erst einmal höhere Priorität. 

5. August 2023

Pässe im Wald

Mein Ausflug in die Seealpen brachte mediterranes Gelände mit sich. Das hieß aber auch, daß hier die Waldgrenze viel höher lag, als in den Zentralalpen, weil das warme Mittelmeerklima und die vom Wasser heranziehenden Regenwolken günstige Wachstumsbedingungen dafür schaffen.

Den bekanntesten Paß der Region, nämlich den Col de Turini, wollte ich unbedingt für meine Sammlung. Ich hatte mir im Vorfeld zwar auch hier Campingplätze ausgesucht, wurde aber dann aber vorort auf den Platz in Roquebillière verwiesen. Angeblich wäre dort alles viel besser für Gäste mit Handicap geeignet. Naja, ich weiß ja, wie die sanitären Einrichtungen oft in Frankreich sind und wurde deshalb nicht enttäuscht. Nur soviel: die Franzosen sind offensichtlich kurz vor der Erfindung der Klobrille ...

Für den Tag nach meiner Ankunft waren ab dem frühen Nachmittag Gewitter angekündigt. Trotzdem fuhr ich morgens gegen 6.30 Uhr los. Die geplante Streck war nicht sehr lang, sodaß ich hoffen konnte, rechtzeitig zurück zu sein. Außerdem sah es überhaupt nicht nach Regen aus, keine Wolke bedeckte den Himmel.

Der Anstieg zum Turini war wieder ein Gedicht - nicht zu steil und kurven- bzw. serpentinenreich. 10.15 Uhr erreichte ich die Paßhöhe, die auf mich wenig einladend wirkte. Deshalb fuhr ich gleich weiter. Nach einer Art Höhenstraße, welche leider wegen des Waldes nur seltene und sehr begrenzte Ausblicke in die Umgebung ermöglichte, rollte ich zunächst hinab zur Baisse de la Cabanette, bevor die Abfahrt weiter zum Col Saint-Roch führte. Zum Col des Portes (nicht wie fälschlicherweise bei der Beschreibung des Saint-Roch "Col de la Porte" genannt) gab es dann einen kleinen Gegenanstieg, genauso wie etwas später zum Weiler Loda.

Blick auf der Abfahrt zum Col Saint-Roch zum Mittelmeer, dieses konnte man in Bildmitte noch vor den
ganz schwach zu erkennenden Bergen erahnen - jedenfalls in Originalauflösung (Aufnahmeort)
Ab dem Col Saint-Roch befürchtete ich schon, daß ich irgendein Baustellenschild übersehen hätte und die Straße eine Sackgasse wäre. Denn eine mir unendlich lang erscheinende Zeit begegneten mir weder Autos noch Radsportler. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als mich endlich kurz vor Loda Rennradler und danach sogar zwei Autos überholen. Ich glaube, ich bin noch nie eine so einsame, dabei aber wunderschöne Straße in den Alpen gefahren.

Auf dem Rückweg im Tal des Vésubie baute sich vor mir eine schwarze Wand auf. Während um mich herum die Gewitter und Regengüsse näher rückten, sputete ich mich auf den letzten Kilometern, die dazu aber bergauf zu fahren waren. Kurz vor 14.00 Uhr erreichte ich den Campingplatz, verstaute mein Handbike unter einem Dach und zog mich in mein Auto zurück. Da fielen schon die ersten Regentropfen eines heftigen Gewitters, welches sich die nächsten drei Stunden im Tal entlud. Aber ich war im Trockenen.

Nachdem ich dann noch gestern meinen Aufenthalt um einen Tag verlängert hatte, fuhr ich heute in der Frühe mit dem Handbike zunächst talaufwärts. Lange konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich ab Saint Martin-Vésubie den Col Saint-Martin erklimme und weiter ins Vallon des Millefonts fahre oder mich doch eher für die kürzere Strecke mit weniger Höhenmetern zum Col de Salèse entscheide.

Trotz abschreckender Beschreibung wählte ich schließlich letztere Auffahrt. Ein echter Alpenpässejäger läßt sich durch nichts aufhalten! Was ich dann jedoch auf den letzten 4,5 km bis zum Scheitelpunkt erlebte, war jedoch grenzwertig.

Besonders brutal erwies sich der Untergrund bis zur ersten Kehre nach dem letzten Wanderparkplatz (s. Track vom 05.08., km 21,8 - 22,1). Grober Schotter, ein tief ausgewaschener Weg, der eigentlich nur noch den kläglichen Rest der einst gut befahrbaren Piste darstellte und dabei für diese Verhältnisse mit ca. 8% ziemlich steil. Dort kam ich jedenfalls an die Traktionsgrenze meines Gefährts. Bloß gut, daß ich nicht sofort kapituliert habe! Mit zunehmender Höhe wurde nämlich der Fahrweg immer besser. Obwohl immer noch weit davon entfernt, Spaß am Bergauffahren zu haben, sah ich nun immerhin eine Chance, doch den Paß zu erreichen. Aus dem Radfahren wurde dabei allerdings Radwandern im wörtlichen Sinne.

Doch meine Hartnäckigkeit wurde belohnt, wenngleich der Salèse nun wirklich kein lohnenswertes Ziel darstellt und damit eher für Sammelwütige wie mich infrage kommt. Immerhin ist er ein sogenannter 2k-Paß, d.h. er schlägt mit mehr als 2000 m Meereshöhe zu Buche.

Die ersten Kilometer der Abfahrt bis zum Beginn der asphaltierten Straße schlich ich schließlich ebenso hinab. Eine Reifenpanne konnte ich wirklich nicht gebrauchen, zumal ich hier (beinahe logischerweise) im Funkloch steckte. Wenigstens begegneten mir hin und wieder Wanderer sowie - als ich mich gerade über ihr völlige Abwesenheit an diesem Ort freuen wollte - eine ganze Horde Mofafahrer.

Auf der Rückfahrt brach ich keine Rekorde mehr!

2. August 2023

Kurzrapport

Heute bin ich viel zu müde für einen detaillierten Bericht über meine Aktivitäten der vergangenen beiden Tage. Trotzdem ein paar Zeilen, denn morgen geht es über die Grenze nach Frankreich, nachdem ich auf der italienischen Seite dieses Teils der Alpen nun endlich alles für mich Interessante abgegrast habe.

Noch am 31.07. schlug ich mein Lager in Demonte auf. Ich hatte keine guten Informationen über die Barrierefreiheit der örtlichen Campingplätze, doch erwies sich meine Wahl als fast optimal. (Gut, das Herren-Rolliklo ist - wie in Italien und Frankreich öfters - eine Zumutung. Dafür eignet sich aber das für Frauen nahezu perfekt.)

Am Dienstag, den 01.08., startete ich morgens gleich zum Col del la Lombarde. Hinsichtlich der Anforderungen (also der Steilheit und der Höhenmeterbilanz) war das die schwierigere Tour der beiden. Trotzdem kam ich recht gut klar, auch weil sich die Sonne während meines Aufstiegs größtenteils hinter Wolken versteckte und mir nicht zusätzlich einheizte. Auf dem Rückweg war ich dann noch so gut in Schuß, um mich mal wieder selbst zu überlisten und den 200-Hm-Abstecher zum Santuario di Sant'Anna di Vinadio dranzuhängen. Von dort hatte man noch einmal einen schönen Ausblick auf den oberen Teil des Anstiegs zum Col de la Lombarde. Die Dimensionen beeindrucken mich immer wieder auf's Neue.

Ein netter Radsportler fotografierte mich kurz vor
der Paßhöhe des Colle di Tenda (Aufnahmeort)
Heute wurde es sonniger und damit noch wärmer. Relativ kurzfristig hatte ich mich entschlossen, auch zum Colle di Tenda von Demonte aus zu fahren. Für den Hinweg nach Borgo San Dalmazzo wählte ich zu früher Stunde die Fernverkehrsstraße, da war dort noch nicht viel los. Aber auch von Borgo aus mußte ich etliche Kilometer eine Fernverkehrsstraße bis zum Beginn der alten Paßstraße nutzen. Weil der Tenda-Straßentunnel jedoch immer noch geschlossen ist (die Straße wurde durch Unwetter vor Jahren stark in Mitleidenschaft gezogen und die Wiederherstellung dauert noch bis 2024), fuhren hier deutlich weniger Autos sowie nahezu kein Schwerlastverkehr.

Die positive Überraschung des Tages war, daß die Paßstraße ab der Wintersport-Bettenburg Panice Soprana im vergangenen Jahr komplett neu geteert wurde, wie mir eine Einheimische bestätigte. Die unzähligen Serpentinen bis zur Paßhöhe ließen sich dadurch umso angenehmer fahren, zumal dabei die Steigung 8% nie überstieg.

Am Scheitelpunkt lernte ich dann eine nette Italienerin kennen, die für ihren Begleiter gerade das "Paßbild" machte. Natascia fotografierten dann auch mich, und wir kamen sofort ins Gespräch. Sie war nämlich eine Italienerin, mit der man recht gut auf Englisch kommunizieren konnte - in diesem Land offensichtlich keine Selbstverständlichkeit. Schließlich tauschten wir unsere Kontaktdaten aus, denn sie hatte eine Menge Tips zu Tourenzielen auf Lager.

Gut möglich, daß ich doch mal wieder in der Gegend vorbeischaue ...