Mein letztes Urlaubsziel sorgte bei mir für mehr Frust als Lust. Dabei klang die Beschreibung des Passes Col de la Loze (2301 m) eigentlich gar nicht so schlecht. Schlußendlich kam ich mir am Ende doch ziemlich vergackeiert vor, was ganz sicher dazu beiträgt, daß ich alle weiteren Unternehmungen in dieser Gegend von meiner Wunschliste gestrichen habe. Doch der Reihe nach.
Bereits einen Platz für die Übernachtung zu finden, erwies sich nämlich als eine unerwartete Herausforderung. Zwar war auf dem zuvor ausgesuchten Campingplatz in Brides les-Bains ganz offensichtlich noch ausreichend Platz für mein Auto - das Fräulein an der Rezeption wies mich dennoch ab, weil ich nicht reserviert hätte. Auch der Verwalter des etwas weiter höher im Tal gelegenen Campingplatzes ließ mich aus ähnlichem Grund abblitzen.
Wenigstens hatte ich zuvor festgestellt, daß der barrierefreie Sanitärtrakt des ersten Platzes nahezu vorbildlich ausgestattet und eingerichtet war. (Das muß ich fairerweise anmerken: es war beinahe die beste Ausstattung, die ich jemals auf Reisen erlebt habe - absolut durchdacht, so, als ob hier ein Rollifahrer an der Planung beteiligt gewesen wäre). Für meine nun nötige Improvisation wurde das ein zentrales Element. Denn ich übernachtete schließlich auf einem etwas abgelegenen bzw. versteckten Parkplatz und nutzte am nächsten Tag genau diesen Sanitärtrakt, indem ich mich noch einmal ungefragt auf dem Zeltplatz einschmuggelte und die offen zugänglichen Räumlichkeiten für meine Körperhygiene (Toilettengang und Duschen) nutzte. Den Leuten dort entging also die Übernachtungsgebühr von 2 x 25,- EUR und ich nutzte trotzdem, was ich brauchte. Ein schlechtes Gewissen habe ich deswegen nicht, schließlich hätte ich ja auch ganz gern offiziell dort übernachtet.
Nach einer recht kurzen Nacht startete ich dann bereits kurz vor Sonnenaufgang zur Paßfahrt. Ungeachtet der frühen Stunde wurde es dennoch ein Spießrutenfahren bis fast zum Ortsausgang von Courchevel. Eine schier endlose Karawane an Fahrzeugen walzte bereits gegen 6.30 Uhr die Straße zu den Ortsteilen dieses Nobel-Wintersportorts hinauf. Hauptsächlich waren es Kleintransporter und Baufahrzeuge, aber auch private Kfz, deren Nummernschilder die Besitzer vorzugsweise in den osteuropäischen Ländern verortete. Dabei überholten mich bei Gegenverkehr selbst schwere LKW, z.B. Betonmischer oder Autokräne sowie Betonplatten-Transporter, ohne Rücksicht auf irgendwelche Mindestabstände. Man mußte schon starke Nerven haben, um sich dadurch nicht verrückt machen zu lassen. Freude an der Auffahrt konnte da bei mir gar nicht erst aufkommen.
Massentourismus auf unterstem Niveau (Aufnahmeort) |
Am Beginn der eigentlichen Fahrradstraße zum Col de la Loze war ich bereits dermaßen frustriert, daß es mir schwerfiel, dieser Tour noch etwas Schönes abzugewinnen. Bis hierher gelangte zwar nicht mehr die Blechlawine, doch die Zerstörung der Landschaft (durch Skipisten, Liftanlagen, Kunstseen zur Beschneiung der Hänge usw.) war immer noch allgegenwärtig. - Wie abgestumpft muß man eigentlich sein, damit man sich in einer solchen Umgebung noch wohl fühlt, auch wenn das weiße Leichentuch des Schnees alles bedeckt?!
Das angekündigte "Massaker" für den Radsportler blieb ebenfalls aus. Weder vom konditionellen Anspruch noch hinsichtlich der Steigungsprozente hob sich diese Auffahrt aus der Masse hervor. Irgendwie kam es mir so vor, als ob dieser Spruch eine miese Masche der lokalen Tourismusvertreter war, um während der schneefreien Jahreszeit auch ein paar Gäste - in diesem Fall Radsportler - anzulocken, mit denen man Geld verdienen könnte. Der Bau dieser Radstraße ging ja offensichtlich auch auf eine Idee dieser Verantwortlichen zurück. An einer Stelle vor einer Seilbahnstation sowie unmittelbar vor dem Scheitelpunkt zog die Steigung allerdings mal bis auf geschätzte 16 - 18% an, jedoch nie so lange, daß ich mich hätte hochruhen müssen. Vielleicht auch, um es mir selbst zu beweisen und um den ganzen Ärger über dieses ganze Gemache abzureagieren, fuhr ich alle diesen steilen Passagen ohne Pause durch.
Auf der Paßhöhe (eigentlich war es gar kein richtiger Paß, sondern eher die Querung einer Bergflanke) kamen kurz vor dem Mittag erstaunlich viele Radsportler zusammen, natürlich nicht zu vergleichen mit dem Auflauf auf dem Mont Ventoux, einer echten Radsportlegende. Aber selbst hier nervte das aggressive Marketing der Wintersportorte Courchevel und Meribel, welches sich in der Beschriftung der Straße sowie riesigen Aufstellern und Schildern manifestierte. Die Mofa-Truppen waren logischerweise ebenfalls überdurchschnittlich präsent. Ein wenig Wiedergutmachung leistete hingegen das umfassende Drei-Seiten-Panorama mit dem Mont Blanc am Horizont. Man mußte sich dabei nur die verunstaltete nähere Umgebung wegdenken.
Die Abfahrt stellte dann noch einmal einen echten Belastungstest für meine Scheibenbremse dar. Der obere Teil dieser Auffahrt bzw. für mich nun Abfahrt war dermaßen brutal und gestaltete sich dabei so unrund (flache und steile Abschnitte im kurzen Wechsel), daß diese wohl am ehesten einer Killer-Attacke gleichkommt. Ich war jedenfalls froh, die andere Seite gewählt zu haben.
Der Rest ist schnell berichtet. Nach meiner Ankunft am Auto verpackte ich bald meinen Krempel, erledigte meine hygienischen Verrichtungen auf besagtem Campingplatz und startete endlich gegen 19.00 Uhr mit dem Auto in Richtung Heimat. Nach 1113 km und zwei kürzeren Schlafpausen unterwegs erreichte ich heute gegen 11.15 Uhr mein Zuhause.
Die Bilanz dieser 21 Tage: 16 Pässe bzw. Bergfahrziele (davon 15 bisher von mir noch nicht im Handbike bezwungen) auf 12 Touren mit insgesamt 839,3 km und 18.994 Hm. - Eine wirklich erfolgreiche Pässejagdsaison!
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