31. März 2020

Weißer Frühling

Nach meinem mir selbst verordneten Ruhetag am Sonntag fühlte ich mich gestern wieder bereit für eine Handbiketour.

Allerdings war es inzwischen noch ein ganzes bißchen kälter geworden, immerhin -3°C standen morgens auf dem Thermometer. Doch die Sonne kam bald, und mit ihr die Wärme. Denn zu dieser Jahreszeit hat sie schon wieder sehr viel Kraft. Wenn man sich - so wie ich gestern - dunkle Kleidung übergezogen hatte - wurde es also trotzdem recht angenehm.

Noch einmal Weiß im Frühling.
Im Hintergrund in Bildmitte der Lilienstein, "Wappen"berg
des Nationalparks "Sächsische Schweiz" (Aufnahmeort)
Dazu frische Luft mit einer herrlichen Fernsicht, daß einem die Augen tränten. Von der Straße in Richtung Hohburkersdorf (s. Track vom 30.03. km 15,9) hat man den umfassendsten Überblick - Lausitzer Bergland, Elbsandsteingebirge, Osterzgebirge, Böhmisches Mittelgebirge, Dresden und Umland, Burg Stolpen ... einfach unglaublich! Es müssen mindestens 50 km Sichtweite gewesen sein. Diesmal blinkte der Schnee nicht nur noch von den Hängen des Osterzgebirges, denn der Niederschlag in der Nacht hatte selbst in der näheren Umgebung ein wenig Weiß gebracht. Zu dieser Zeit Ende März ein ungewohntes Bild.

Bei mir rollte es jedenfalls wunderbar. Trotz der vielen Höhenmeter zu Beginn hatte ich schon vor der Überquerung der B6 bei Fischbach meinen Virtual Partner wieder eingeholt. Einzig mein Antrieb treibt mir immer mehr Sorgenfalten auf die Stirn. Es knackt, quietscht und knirscht ordentlich im Getriebe - ein Zeichen dafür, daß unbedingt die Kette gewechselt werden muß, evtl. wegen des damit verbundene Verschleißes sogar die Kettenblätter sowie das Rohloff-Ritzel. Lange wird das so jedenfalls nicht mehr gutgehen, doch die Bike24-Werkstatt ist weiterhin geschlossen und damit mein Haus- und Hofmechaniker Eddy offiziell nicht verfügbar. Evtl. kaufe ich demnächst alle benötigten Teile schon im Onlineshop, damit ich sie dann wenigstens daliegen habe, falls es brenzlig wird. - Zum Friseur müßte ich übrigens auch wieder mal ...

Es wurde über den Tag eine sehr schöne Runde, die ich immer wieder verlängerte. Laußnitzer Heide, die Zillestadt Radeburg, natürlich Moritzburg mit dem herrlichen Jagdschloß. In Dresden hatte ich immer noch nicht genug und wollte unbedingt ein paar weitere Höhenmeter sammeln. Deshalb ging's weiter über Freital nach Possendorf sowie Kreischa bis zu den ausgedehnten Obstplantagen zwischen Lockwitz- und Müglitztal. Ganz zum Schluß blieb nur der Bergrücken zum Seidewitztal, so daß ich für den Rückweg letztlich den Elberadweg komplett ausgelassen habe. Die zusätzliche Höhenmeter bremsten mich weniger aus, als gedacht - mit dem Tempo konnte ich am Ende mehr als zufrieden sein.

Ich hätte mich schwarz geärgert, wenn ich an diesem herrlichen Tag mit Sonne von morgens bis abends zuhause geblieben wäre.

Track der Handbiketour vom 30.03.2020

29. März 2020

Anders ist besser

Normalerweise wäre es gestern auf große Tour gegangen, doch leider sprach schon am Ende der Woche einiges dagegen. Ich werde als einzelner Radfahrer zwar noch nicht von den Kontrollen zur Durchsetzung der Allgemeinverfügung behelligt, dennoch meide ich weitestgehend städtisches Gebiet sowie stark frequentierte (Rad-)Verkehrswege wie z.B. den Elberadweg. Meistens bin ich ja sowieso im ländlichen Raum unterwegs.

Am Freitag, nach dem zeitigen Dienstende am Telearbeitsplatz, suchte ich mir sogar eine noch einsamere Region für die Nachmittagsrunde heraus. Das große linkselbische Waldgebiet - auch Cunnersdorfer Forst genannt - welches sich bis zur tschechischen Grenze erstreckt, ist nicht nur in diesen Tagen ideal für ungestörtes Naturerleben. Diesmal begegneten mir dort allerdings wesentlich häufiger Radler. Da scheinen noch andere Leute auf den Trichter gekommen zu sein ...

Dafür hatte ich auf der anderen Elbseite das wildromantische Polenztal ganz für mich allein, als ich am späten Nachmittag kurz nach fünf den für Radfahrer gesperrten Wanderweg zwischen Waltersdorfer Mühle und "Pension & Gasthaus Polenztal" (s. Track vom 27.03., km 67,5 - 70,1) unter die Räder nahm. Dieser Abschnitt ist nur mit einem geländetauglichen Gefährt möglich, und wegen des extra ausgeschilderten Verbots eben auch nur mit einem "Sportrollstuhl". Obwohl ich hier meistens im Schrittempo fahren mußte, war es mir das wert. Ganz allein in der dämmerigen, tiefen Schlucht, von unten das glucksende Rauschen der Polenz, darüber die nur noch ganz oben von der untergehenden Sonne angestrahlten Felswände - hier ist genau zu dieser Zeit der Stille einer meiner Lieblingsplätze im Gebirge.

Abend wird es wieder ... (Aufnahmeort)
An diesem Tag wurde es abends ziemlich spät, dementsprechend kam ich am nächsten Morgen recht spät aus den Federn. Obwohl ich den Langen Kanten bereits abgehakt hatte, fuhr ich trotzdem zunächst auf der gleichen Strecke in Richtung Osterzgebirge. Kurz vor Liebstadt verspürte ich jedoch einen erhöhten Druck in der Bauchgegend. So begann es am Vorabend ebenfalls, und das Ergebnis war ein ungeplanter und ziemlich lästiger Toilettengang.

Zunächst beobachtete ich die weitere Entwicklung, überlegte mir aber auch schon Streckenalternativen. Spätestens nach meiner Abfahrt ins Müglitztal hatte ich mich schließlich entschieden, meinen Ausflug drastisch abzukürzen. Nur noch der Abstecher über Cunnersdorf und Reinhardtsgrimma, dann ging es erst im Lockwitztal, später durch Dresden und Heidenau auf dem schnellsten Weg zurück.

Die Geschichte ging an diesem Tag glimpflich aus, ich erreichte noch rechtzeitig das stille Örtchen. Doch diese zwei Vorkommnisse innerhalb so kurzer Zeit deuten auf einen Infekt. Bei mir ist es allerdings durchaus nicht ungewöhnlich, daß vor allem im Frühjahr immer mal wieder der Verdauungstrakt verrückt spielt. Das hat also sehr wahrscheinlich gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun, so daß ich auf weitere Untersuchungen vorerst verzichte. Denn abgesehen vom Rumoren im Bauch geht es mir weiterhin prächtig und ich verspüre keinerlei Einschränkungen. Ein paar zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, mit denen ich andere vor einer möglichen Ansteckung schütze, sollten also ausreichen. Aus dem gleichen Grund habe ich mir heute außerdem eine Touren-Pause verordnet. Den Infekt muß ich erst einmal aussitzen, vielleicht auch im eigentlichen Wortsinn.

Panikmache ist jedenfalls völlig fehl am Platze. Zu viele Einschränkungen wurden in den vergangenen Tagen schon amtlich verordnet, deren Sinnhaftigkeit mit jeder Eskalationsstufe immer mehr abnimmt. Letztlich ist es der klägliche Versuch der Politik, durch die Bevormundung der Zivilbevölkerung die eigene Ratlosigkeit zu kaschieren. Vor allem, da es bisher als unumstößlich galt, alles und jedes kontrollieren und steuern zu können. - Ganz sicher steht hingegen für mich fest, daß die Akzeptenz für die bis jetzt bereits getroffenen Einschränkungen und jede weitere mögliche Zwangsmaßnahme immer weiter sinken wird. Viel hilft eben meist nicht viel, sondern bewirkt ab einem bestimmten Punkt das komplette Gegenteil.

Bei meiner Fahrt über Land habe ich vorgestern und gestern so viele Situationen erlebt, die im krassen Gegensatz zu der erlassenen Allgemeinverfügung stehen - einem Papier, welches gar nicht flächendeckend umzusetzen ist, weil die Kontrolle immer nur punktuell aktiv sein kann. In der Haut der Kontrolleure möchte ich übrigens nicht stecken, denn das ist nicht nur zunehmend ein Kampf gegen Windmühlen, sondern auch sicher sehr häufig ein Handeln gegen die eigene Überzeugung.

Einen anderen Weg bei der Bewältigung der Epidemie hat Schweden eingeschlagen. Dort betrachtet man die Vorstellung, das Corona-Virus aufhalten zu können, als illusorisch und setzt auf das persönliche Verantwortungsgefühl des Einzelnen statt der undifferenzierenden Gängelung der gesamten Bevölkerung (s.a. Beitrag im Spiegel vom 28.03.2020).  Für mich ist das ein echter Lichtblick in Zeiten der sich immer weiter ausbreitenden Dunkelheit der Inquisition. Die Zukunft wird zeigen, welcher Ansatz der bessere ist. Denn nun gibt es eine Kontrollgruppe im Verfahrensexperiment "Corona-Krise".

Ich ahne, wie das Ergebnis ausfallen wird.

Handbiketour vom 27.03.2020
Handbiketour vom 28.03.2020

23. März 2020

Alleinunterhalter

In Zeiten der um sich greifenden kollektiven Kopflosigkeit ist der körperliche Ausgleich nötiger denn je. Noch ist das nicht verboten, auch wenn seit heute morgen eine allgemeine Ausgangssperre (mit Ausnahmen) gilt.

Ich staune jedenfalls immer mehr, wie klaglos das die Leute hinnehmen - gerade auch die selbsternannten "Verfechter von Freiheit und Demokratie". Na, jetzt hat man wenigstens ein geeignetes Mittel gefunden, um die allermeisten Zeitgenossen zu konditionieren ... Und um die paar Abweichler muß sich die Politik nicht mehr kümmern, da diese bald durch den Rest der Bevölkerung auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Der verbale Angriff läuft schon längst, indem diejenigen, die sich persönliche Freiräume erhalten wollen, als (potentielle) Massenmörder verunglimpft werden - auch von Ministern.

So viel zu den unerfreulichen Entwicklungen. Doch natürlich lasse ich mir davon nicht das Leben vermiesen und genieße das Draußensein. Klar halte auch ich mich dabei an die von Vernunft diktierten Regeln: konsequente Einhaltung von Sauberkeit und Hygiene, Abstand halten, allein unterwegs sein. Vermutlich funktioniert das bei mir sogar besser als anderswo, lebe ich doch in einem Ein-Personen-Haushalt mit (derzeit) nur kurzen und klar definierten Kontakten zu anderen. (Ich bin schon wieder beim Thema angelangt ...😕)

Nach den warmen Tagen um die Wochenmitte herum, ist es nun noch einmal empfindlich kühl geworden. Bevor die Temperaturen endgültig in den Keller gingen, konnte ich am Sonnabend eine etwas längere als die obligatorische 100-km-Runde fahren. Zum Aufwärmen erst in das nördliche Umland von Dresden und Pirna, später dann in die Hintere Sächsische Schweiz.

Weil im Kirnitzschtal momentan die Straße wegen Holzrückarbeiten ab der Neumannmühle flußabwärts komplett gesperrt ist, mußte ich einen Umweg über einige als Radrouten im Nationalpark ausgewiesene Forstwege / -straßen nehmen. Schon kurz, nachdem ich auf den Großen Zschand (so heißt nicht nur das Gebiet, sondern auch der Weg) eingebogen war, verschlug es mir die Sprache. Ein Bild der Verwüstung katastrophalen Ausmaßes bot sich mir dar, was ich weder erwartet, noch bisher je im heimatlichen Gebirge gesehen hatte. Der vom Borkenkäfer vernichtete Baumbestand ist - so scheint es - rücksichtslos entfernt worden. Zurück blieben kahle, felsdurchsetzte Talhänge und Schluchten, und zwar großräumig. Das geschlagene Holz liegt nun provisorisch geschichtet am Fuß der Hänge neben den durch die Bergungsarbeiten in Mitleidenschaft gezogenen Wegen zum Abtransport bereit. Für mich ein weiteres Endzeitszenario.

Die Bärfangwände, von der Zeughausstraße aus gesehen.
Links die Bärfangwarte, etwas rechts der Bildmitte vor dem
Massiv der Bärfangkegel, einer der schwierigsten Klettergipfel
in der Sächsischen Schweiz (Aufnahmeort)
Natürlich kann man hin und wieder der Sache auch etwas Positives abgewinnen, wenn sich z.B. neue Ein- und Aussichten auf die Felsenwelt ergeben. Den Blick auf die Bärfangwände mit den Klettergipfeln Bärfangwarte und Bärfangkegel (s. Foto) hat es zu meinen Lebzeiten bisher so noch nie gegeben.

Sehr nachdenklich und auch traurig kehrte ich an diesem Tag von meiner Tour zurück. Mein geliebtes Felsengebirge in diesem Zustand zu sehen, tut weh. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, daß und wann diese Wunden jemals verheilen ...

Sonntags war es am Morgen noch ein ganzes Stück kälter. Deshalb ließ ich mir zunächst viel Zeit und wartete auf die wärmenden Sonnenstrahlen. Danach ging es ohne festen Plan auf die Piste, immer der Nase nach. Die führte mich erstaunlicherweise immer weiter nach oben, obwohl es dort spürbar kälter war. Nach dem Abstecher zum Weiler Bienhof am (gefühlten) Ende der Welt kletterte ich weiter hinauf bis auf ca. 640 m NHN zur Oelsener Höhe, dem höchsten Punkt im ursprünglichen Landkreis Pirna. Rund um den Aussichtspunkt lag ein wenig frisch gefallener Schnee, und die etwas höher gelegenen Wiesen im unmittelbar südlich angrenzenden Nachbarland zeigten sich sogar ganz in Weiß. Die Rundumsicht von hier oben war wirklich beeindruckend - besonders an solch einem klaren Tag, wie dem gestrigen.

Auf der Oelsener Höhe, am Horizont in Bildmitte der
Hohe Schneeberg (Děčínský Sněžní), mit 723 m NHN
der höchste Gipfel des Elbsandsteingebirges (Aufnahmeort)
Die allmählich während der Gipfelrast in die Glieder kriechende Kälte vertrieb mich bald von diesem einsam-schönen Ort. Den Rest der Tour verlegte ich in wesentlich niedrigere Regionen, wobei einer langen Abfahrt mit Zwischenanstieg ab Berggießhübel, dann ein relativ entspannter Abschlußzacken durch Müglitz- und Lockwitztal folgte. Nach etwas über 100 km hatte ich zwar meine Richtgeschwindigkeit noch nicht ganz erreicht, dafür aber das Wochensoll mehr als erfüllt. Damit stehen jetzt auch wieder die tausend Kilometer für den März zu Buche. Gut so!

Denn keiner weiß, was die nächste Woche bringt.

Track der Handbiketour vom 21.03.2020
Track der Handbiketour vom 22.03.2020

20. März 2020

Arbeitszeitausgleich

Aufgrund der für den Öffentlichen Dienst beschlossenen Vorsichtsmaßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Corona-Virus' muß ich mittlerweile meine gesamte Arbeitszeit am Telearbeitsplatz ableisten. Das schränkt mich zusätzlich ein, denn spontane Besprechungen und vor allem der gleichzeitige Austausch zwischen mehreren Beteiligten sind nun nicht mehr möglich. Also kann ich auch mal einen freien Tag zum Handbiken in den Arbeitsalltag einschieben, ohne daß sich die bereits gravierenden Auswirkungen dadurch noch verstärken.

Genau aus diesem Grund war ich gestern mit dem Rad unterwegs. Die Wettervorhersage hatte nicht zuviel versprochen - zwar gab es weniger Sonne als noch am Mittwoch, doch dafür stieg die Temperatur im Laufe des Tages von 5 bis auf fast 20°C. Dazu wehte der Wind nur schwach. Alles in allem die perfekten Bedingungen für die erste Langstrecke des Jahres.

Diesmal hatte ich die Strecke vorgeplant, dabei mir jedoch genügend Optionen für Verlängerungen gelassen. Weil für mich schon gegen vier die Nacht zu Ende war - offensichtlich fehlte mir die körperliche Ausarbeitung - fuhr ich bereits kurz nach 5.00 Uhr los. Dadurch eröffneten sich natürlich größere Spielräume für Zusatzkilometer. Außerdem kam ich gleich von Anfang an gut voran, so daß mein Virtual Partner selbst auf dem längeren Anstieg aus dem Elbtal heraus nie einen größeren Vorsprung gegenüber mir herausfahren konnte.

Eigentlich wollte ich bloß bis Bernsdorf und dann umkehren. Doch als ich dort bereits kurz nach halb zehn ankam, fuhr ich noch bis Lauta weiter nordwärts. Den Stadtrand von Hoyerswerda erreichte ich 11.00 Uhr. Dort bog ich schließlich nach Süden ab, und ließ damit allmählich auch das brettebene Gelände hinter mir. Im Gebiet zwischen Kamenz und dem Lausitzer Seenland kann man zwar ordentlich Meter machen, doch mir wäre es hier auf die Dauer zu langweilig.

Kurort Rathen an der Elbe in der Sächsischen Schweiz, im
Hintergrund die Klettergipfel Talwächter (links) und
Lokomotive (rechts, Aufnahmeort)
Erst kurz vor Bischofswerda wurde es wieder etwas interessanter, doch war das ja schon mein heimisches Tourengebiet. Nach dem letzten größeren Anstieg bei Hohburkersdorf entschied ich mich, über Bad Schandau und das Elbtal nach Hause zurückzukehren. Zeit blieb jedenfalls noch genug, um es bis 18.00 Uhr nach Pirna zu schaffen, wo ich mit dem Freund meiner Schwester verabredet war. Er wollte mir meinen Kühlschrank ausbauen, der am Vortag den Geist aufgegeben hatte und nun repariert oder ersetzt werden muß. Abgesehen von dieser leidigen Angelegenheit, gab es aber an diesem Tag wirklich nichts auszusetzen.

Ich hoffe nun, daß mich demnächst nicht irgendwelche amtlich verordneten Einschränkungen oder Defekte am Handbike ausbremsen. Denn jetzt bin ich bereit für die Saison!

Track der Handbiketour vom 19.03.2020

16. März 2020

Kontrollverlust

Der Zirkus um das Corona-Virus entwickelt eine Eigendynamik, die nun erstmals erheblich in das öffentliche Leben eingreift. Die Auswüchse nehmen immer groteskere Züge an, denen doch nichts anderes als die Hybris des Menschen zugrundeliegt, immer alles kontrollieren zu können. Was aber, wenn in drei / vier Monaten die Lage sich immer noch nicht grundlegend verändert hat?!

Wegen der am Abend bevorstehenden Grenzschließung haben mein tschechischer Kamerad Lád'a und ich uns am Freitag kurzfristig noch einmal zu einer gemeinsamen Nachmittagsrunde verabredet. Denn keiner weiß, wann wieder mit einer Normalisierung des Lebens zu rechnen ist. Ich kam ihm auf dem Elberadweg entgegen, und kurz vor Schmilka fing er mich dann ab. Danach fuhren wir auf der kraftverkehrsfreien, doch bestens aspaltierten Trasse durch den  linkselbischen Teil des Gebirges immer weiter ansteigend in Richtung Staatsgrenze.

Der Fußgängergrenzübergang "Eulenthor" oberhalb von Rosenthal wurde mittlerweile (wie in alten Zeiten) mit Betonplatten verbarrikadiert. Mit meinem Handbike komme ich dort nun auf der Straße nicht mehr durch, sondern muß auf dem seitlich abschüssigen unbefestigten Randstreifen um die Sperre herummanövrieren. Idiotisch! Schließlich rollten wir auf tschechischer Seite über Tyssa (Tisá) noch weiter bis Peterswald (Petrovice), wo wir uns trennten. Es hatte schon etwas Surreales, darüber zu sinnieren, wann wir uns das nächste Mal persönlich wiedersehen werden. - Genau so zerstört man jegliche Strukturen und unterbindet soziale Kontakte! Steckt Methode dahinter?

Von nun an bleiben mir erst einmal Ausflüge ins Nachbarland, das längst zu meiner zweiten Heimat geworden ist, verwehrt. Deshalb konnte ich am Sonnabend bei meiner Fahrt in Richtung Osten auch nicht die Abkürzung durch den Schluckenauer Zipfel (Šluknovský výběžek) nehmen. Teilweise bis auf Sichtweite an die Grenze heran, rollte ich also bei strahlendem Sonnenschein auf deutscher Seite durch das Lausitzer Bergland. Eigentlich wollte ich bis Löbau kommen, doch war ich an diesem Tag langsamer als sonst unterwegs. So drehte ich bereits hinter Beiersdorf ab, um dann nördlich des Hinwegs zurückzufahren. Eine knappe halbe Stunde vor dem Sonnenuntergang war ich zuhause. Wenn ich das nächste Mal in dieser Gegend auf Achse bin, werde ich endlich wieder einmal auf den Löbauer Berg mit seinem gußeisernen Turm fahren. Hätte ich den am Sonnabend noch erklommen, wäre ich ganz sicher in die Dunkelheit gekommen. Das mußte nicht sein ...

Gestern stellte ich mir meine Runde ebenfalls recht spontan und Stück um Stück zusammen. Überhaupt bin ich in letzter Zeit meist ohne festen Streckenplan gestartet, ganz anders, als ich es in den letzten zwei, drei Jahren nach Einführung des Fahrradnavis gehalten habe. Aber gerade bei unklaren Witterungsbedingungen (Kälte, Wind) ist das wesentlich besser - zumal ich mich ja in der Heimat wie kein zweiter auf den Straßen auskenne und die Entfernungen inklusive des Streckenprofils quasi im Kopf abgespeichert sind.

Blick über Oberfrauendorf zum Luchberg (Aufnahmeort)
Am Beginn der Hochwaldstraße oberhalb von Oberfrauendorf, dann wieder eines der Erlebnisse, die mich einfach nur ärgern. Ein Jogger kommt mir entgegen, ich grüße. Keine Reaktion. Ich grüße ein zweites Mal - wieder keine Reaktion. Daraufhin rief ich ihm "Stiesel!" nach. Kurz daruf, nachdem ich ein paar Minuten mit einem älteren Ehepaar geschwatzt hatte, traf ich den Typen, der inzwischen zu seinem Auto zurückgekehrt war, wieder. Da fragt mich dieser Möchtegern-Sportler doch tatsächlich, was ich für ein Problem hätte, daß ich ihn (Zitat) "beleidigen" würde!! Bevor ich ihn stehengelassen habe, erklärte ich ihm daraufhin, wie unhöflich es wäre, einen Gruß nicht zu erwidern. Offensichtlich ginge das jedoch über seinen geistigen Horizont. Junge, Junge: die grundlegendsten Formen der Höflichkeit nicht beherrschen und dann so ein Spruch! Normalerweise sind solche Gestalten für mich Luft - aus dem gleichen Grund grüße ich nur dann als erster, wenn ich mir einigermaßen sicher sein kann, daß mein Gegenüber auf meiner Wellenlänge agiert. Zur Hauptverkehrszeit auf dem Elberadweg liegt diese Quote übrigens nahe null Prozent.

Irgendwie hatte ich an diesem Tag sowieso den Eindruck, daß viele Leute angespannter als sonst waren. Vielleicht sind das tatsächlich schon die ersten Auswirkungen dieses Affentheaters. - Das kann ja heiter werden!

Mir selbst jedoch ging es am Sonntag richtig gut. Nach dem für mich unerklärlichen Leistungseinbruch des Vortages, legte ich trotz der Höhenmeter wieder einen Zahn zu. Dafür war ganz sicher nicht nur der Wind verantwortlich, den ich bei meiner Fahrt zurück ins Elbtal im Rücken hatte. Aus diesem Grund genehmigte ich mir hinter Dippoldiswalde noch etliche weitere erwähnenswerte Anstiege, bevor ich mich am Ende auf dem Elberadweg in die Schar der Sonntagsausflügler einreihte und zurück nach Pirna rollte.

Heute soll nun mein Belastungs-EKG in der Abteilung für Sportmedizin und Rehabilitation am Uniklinikum Dresden stattfinden, sofern diese Untersuchung nicht wegen der aktuellen Entwicklung gestrichen wurde. Am Freitag bestätigte man mir auf Nachfrage jedenfalls noch den Termin. Auslöser dafür waren ja meine gesundheitlichen Auffälligkeiten im Januar dieses Jahres. - Ich bin gespannt, was dabei herauskommt, habe jedoch ein gutes Gefühl.

Inzwischen läuft es nämlich wieder richtig rund.

Track der Handbiketour vom 13.03.2020
Track der Handbiketour vom 14.03.2020
Track der Handbiketour vom 15.03.2020

9. März 2020

Schade!

Ich hatte mich so auf die Urlaubswoche in der Toskana mit meinen tschechischen Sportfreunden gefreut! Seit 2012 sind wir nämlich bereits fünfmal kurz vor Ostern zur Eröffnung der Radsportsaison in den Süden gefahren. - Doch nun macht uns das Coronavirus alles zunichte. Mich und auch Lád'a beeindruckt die gegenwärtige Panikmache zwar nicht sonderlich, doch in der Tschechischen Republik müssen derzeit aufgrund der Ereignisse alle Italien-Rückkehrer in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne. Und das ist meinen Kameraden nicht zuzumuten, schließlich ist das ja keine bezahlte Freistellung.

Vielleicht werden wir in diesen Tagen trotzdem gemeinsam sportlich aktiv, dann eben woanders. Sehr viel Zeit zum Umplanen bleibt allerdings nicht, denn bis dahin sind es nur noch vier Wochen.

Auch am vergangenen Wochenende bin ich zunächst ausgebremst worden, diesmal allerdings wegen des Wetters. Bis nach dem Mittag regnete es kräftig und ausdauernd, so daß ich den Tag für den Sport abhaken konnte. Immerhin gab mir das die Gelegenheit, längst notwendige neue Bekleidung einzukaufen. Solche Aktionen schiebe ich sehr gerne vor mir her, weil es mit einiger Mühe und auch Zeitaufwand verbunden ist. Mich schubst keine Partnerin in die Läden ...

Im Rosenthaler Ortsteil Schweizermühle reichen die Felsen bis
an die Häuser (Aufnahmeort)
Am Sonntag schien dann bereits am Morgen die Sonne. Bei Temperaturen knapp über 0°C fuhr ich bei Sonnenaufgang los. Ideal sind an solchen Tagen lange Anstiege zu Beginn der Tour, um dadurch schnell auf Betriebstemperatur zu kommen. Sobald jedoch die Sonne über die Berge steigt und die Kleidung ihre Strahlen absorbieren kann, wird es angenehmer. Unser Stern ist inzwischen längst nicht mehr so kraftlos wie im Winter!

Auf meiner Fahrt in Richtung Osterzgebirge kletterte ich bis auf 660 m NHN. Höher wollte ich  an diesem Tag gar nicht, weil in den Kammlagen immer noch viel Schnee liegt. Während ich bis knapp unterhalb der Schneegrenze unterwegs war, fuhr Kerstin oben noch auf Skiern von Böhmisch Zinnwald (Cínovec) in Richtung Mückentürmchen (Komáří vížka). Ich hingegen dehnte meine Tour zuletzt bis in die linkselbischen Gebiete des Elbsandsteingebirges aus, bevor ich ab Krippen auf dem Elberadweg wieder nachhause rollte. Da hatte es sich schon wieder zugezogen, sogar ein paar Regentropfen gab es einmal auf's Haupt.

Es ist Zeit für den Frühling!

Track der Handbiketour vom 08.03.2020

2. März 2020

Vierstellig im Februar

Der eine Tag mehr hat's gebracht. Erstmals bin ich bereits im zweiten Monat des Jahres über 1000 km mit dem Handbike gefahren, genauer: 1009 km. Dabei sah es am Ende der Woche zunächst gar nicht danach aus. Denn sowohl am Freitag, als auch am Sonnabend konnte ich erst sehr spät starten, weil es noch am Morgen kräftig und ausdauernd regnete.

Dazu kam, daß ich meine erste Tour bereits nach knapp 2 km unterbrechen mußte. Irgend so ein mißgünstiger Zeitgenosse wollte wohl mit Reißzwecken Fahradfahrer ärgern, und ich erwischte eine davon. Bei der ersten Reparatur unter dem Dach eines Supermarktes versuchte ich noch, den Schlauch zu flicken. Allerdings bedachte ich dabei nicht, daß die Metallspitze den Schlauch beidseitig perforiert hatte (ich mußte noch ein paar Meter mit dem platten Reifen fahren). Und deshalb wurde ich kurz danach noch einmal zu einem Zwischenstop gezwungen. Diesmal wechselte ich den Schlauch - mit der Konsequenz, damit die letzte Reserve eingesetzt zu haben. Und das, obwohl es noch gar nicht richtig losgegangen war!

Trotz des enormen Zeitverlusts wegen dieser Aktionen fand ich aber bald meinen Rhythmus. Zwar hatte ich mittags gerade erst 10 km absolviert, doch machte ich mir keinen Druck. Dann würde es eben nur eine kurze Runde werden. Auf diese Art und Weise bastelte ich mir die Strecke Stück für Stück zusammen - so wie es Zeit und Wetter erlaubte. Rund um Radeberg ging nämlich ein längerer Schneeregenschauer nieder, der nicht unbedingt zum Wohlfühlklima beitrug. Aber das blieb die letzte Unannehmlichkeit des Tages, und so erreichte ich Bad Schandau schließlich zum Sonnenuntergang. Die letzten reichlich 20 km rollte ich auf dem Elberadweg weitgehend kraftfahrzeugsfrei nachhause, natürlich mit Licht.

Am Sonnabendmorgen sah es noch bescheidener als am Vortag aus. Eigentlich hatte ich den Tag  schon abgehakt. Nachdem jedoch kurz vor 11 sogar die Sonne herauskam, packte ich meine sieben Sachen und mich ins Handbike und fuhr los. Im Vergleich zur ersten Tour war ich gar nicht so viel später dran, denn diesmal sparte ich mir die Reifenflickzeit. Kleinster gemeinsamer Nenner wurde aber die spontane Streckenführung. Dabei sammelte ich in auf den ersten zwei Dritteln der Ausfahrt reichlich Anstiege mit den entsprechenden Höhenmetern und wurde durch mein Navi hinter Pohrsdorf sogar noch ein paar Kilometer über eine mir bisher unbekannte Radtrasse geleitet (s. Track vom 29.02., km 53,5 - 56,9).

Am späten Nachmittag erreichte ich schließlich nach der Abfahrt von Scharfenberg den Elberadweg. Normalerweise wären dort alle Messen gelesen gewesen, da nun bis Pirna keinerlei Anstiege mehr kommen. Doch der sehr kräftige und außerdem böige Gegenwind machte mir ordentlich zu schaffen. Nach einem Anstieg kann man bei der darauffolgenden Abfahrt immer wieder Kraft schöpfen, doch diese 40 km Kampf mit dem Wind gingen echt an die Substanz! Jeder Windschutz (Gebäude, Bewuchs, Böschungen) war hochwillkommen, genauso die 10-minütige Freßpause am Sächsischen Landtag in Dresden. Dort holte ich auch meine Stirnlampe für die letzten ebenfalls rund 20 km raus. - Es wurde wieder halb acht.

Abends brauchte ich dann kein großes Programm mehr, um einzuschlafen. Immerhin wurde ich am nächsten Tag trotzdem relativ früh munter. Ich war zwar nach den beiden vorangegangenen Touren nicht mehr ganz frisch, doch gerade deswegen nahm ich mir den längsten Anstieg hinauf zum Kamm im Erzgebirgsgrenzgebiet gleich am Anfang zur Brust. Nicht ganz überraschend dauerte es bis dahin länger als sonst, doch hatte ich das bereits eingepreist. Dagegen kamen für mich die nassen Straßen aufgrund des überraschend vielen neuen, nun tauenden Schnees in den Höhenlagen reichlich unerwartet, genauso wie der häßliche Schauer bei der Abfahrt von Tyssa (Tisá) nach Königswald (Libouchec). Deshalb konnte ich kurz darauf auch meine geliebte Rennstrecke hinunter ins Elbtal nur mit viel Bremseneinsatz fahren, um von der klitschnassen Straße nicht völlig durchweicht zu werden.

Blick von der Hohen Straße zum Felsmassiv der Affensteine mit
dem Bloßstock als Ausläufer des Langen Horns (Aufnahmeort)
Im Elbtal herrschte schon Frühling, und nun rollte es endlich mit leichten Rückenwind richtig gut. Die Zusatzrunde über das Kirnitzschtal bis nach Sebnitz und auf der Hohen Straße zurück nach Bad Schandau wurde das i-Tüpfelchen der Tour. Die Panoramastrecke zwischen Lichtenhain bis hinter Altendorf (s. Track vom 01.03., km 92,6 - 99,7) ist zu jeder Jahreszeit ein Erlebnis. Ganz zum Schluß bog ich kurz vor Pirna vom Elberadweg ab, um noch ein paar fehlende Höhenmeter einzusammeln. An diesem Tag blieb ich zwar etwas unterhalb des gewünschten Tempos, doch paßte das angesichts der Verhältnisse und der Gesamtstatistik der vergangenen drei Tage trotzdem.

Diesen US-amerikanischen Handbiker aus der Stravagruppe "Handbikers" habe ich jedenfalls bzgl. der längsten Strecke noch abgefangen! 432 km inkl. 4795 Hm auf 5 Touren mit einem 29er Schnitt ... entweder ist er das nur virtuell auf der Rolle gefahren oder er nutzt ein e-Handbike. - Andernfalls hätte man bei internationalen Wettkämpfen sicher schon von ihm gehört. Bezeichnend übrigens, daß dieser Typ seine absolvierten Aktivitäten nicht öffentlich zugänglich macht.

Manche haben's wirklich nötig, es anderen zu beweisen!

Track der Handbiketour vom 28.02.2020
Track der Handbiketour vom 29.02.2020
Track der Handbiketour vom 01.03.2020