29. März 2020

Anders ist besser

Normalerweise wäre es gestern auf große Tour gegangen, doch leider sprach schon am Ende der Woche einiges dagegen. Ich werde als einzelner Radfahrer zwar noch nicht von den Kontrollen zur Durchsetzung der Allgemeinverfügung behelligt, dennoch meide ich weitestgehend städtisches Gebiet sowie stark frequentierte (Rad-)Verkehrswege wie z.B. den Elberadweg. Meistens bin ich ja sowieso im ländlichen Raum unterwegs.

Am Freitag, nach dem zeitigen Dienstende am Telearbeitsplatz, suchte ich mir sogar eine noch einsamere Region für die Nachmittagsrunde heraus. Das große linkselbische Waldgebiet - auch Cunnersdorfer Forst genannt - welches sich bis zur tschechischen Grenze erstreckt, ist nicht nur in diesen Tagen ideal für ungestörtes Naturerleben. Diesmal begegneten mir dort allerdings wesentlich häufiger Radler. Da scheinen noch andere Leute auf den Trichter gekommen zu sein ...

Dafür hatte ich auf der anderen Elbseite das wildromantische Polenztal ganz für mich allein, als ich am späten Nachmittag kurz nach fünf den für Radfahrer gesperrten Wanderweg zwischen Waltersdorfer Mühle und "Pension & Gasthaus Polenztal" (s. Track vom 27.03., km 67,5 - 70,1) unter die Räder nahm. Dieser Abschnitt ist nur mit einem geländetauglichen Gefährt möglich, und wegen des extra ausgeschilderten Verbots eben auch nur mit einem "Sportrollstuhl". Obwohl ich hier meistens im Schrittempo fahren mußte, war es mir das wert. Ganz allein in der dämmerigen, tiefen Schlucht, von unten das glucksende Rauschen der Polenz, darüber die nur noch ganz oben von der untergehenden Sonne angestrahlten Felswände - hier ist genau zu dieser Zeit der Stille einer meiner Lieblingsplätze im Gebirge.

Abend wird es wieder ... (Aufnahmeort)
An diesem Tag wurde es abends ziemlich spät, dementsprechend kam ich am nächsten Morgen recht spät aus den Federn. Obwohl ich den Langen Kanten bereits abgehakt hatte, fuhr ich trotzdem zunächst auf der gleichen Strecke in Richtung Osterzgebirge. Kurz vor Liebstadt verspürte ich jedoch einen erhöhten Druck in der Bauchgegend. So begann es am Vorabend ebenfalls, und das Ergebnis war ein ungeplanter und ziemlich lästiger Toilettengang.

Zunächst beobachtete ich die weitere Entwicklung, überlegte mir aber auch schon Streckenalternativen. Spätestens nach meiner Abfahrt ins Müglitztal hatte ich mich schließlich entschieden, meinen Ausflug drastisch abzukürzen. Nur noch der Abstecher über Cunnersdorf und Reinhardtsgrimma, dann ging es erst im Lockwitztal, später durch Dresden und Heidenau auf dem schnellsten Weg zurück.

Die Geschichte ging an diesem Tag glimpflich aus, ich erreichte noch rechtzeitig das stille Örtchen. Doch diese zwei Vorkommnisse innerhalb so kurzer Zeit deuten auf einen Infekt. Bei mir ist es allerdings durchaus nicht ungewöhnlich, daß vor allem im Frühjahr immer mal wieder der Verdauungstrakt verrückt spielt. Das hat also sehr wahrscheinlich gar nichts mit der aktuellen Situation zu tun, so daß ich auf weitere Untersuchungen vorerst verzichte. Denn abgesehen vom Rumoren im Bauch geht es mir weiterhin prächtig und ich verspüre keinerlei Einschränkungen. Ein paar zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, mit denen ich andere vor einer möglichen Ansteckung schütze, sollten also ausreichen. Aus dem gleichen Grund habe ich mir heute außerdem eine Touren-Pause verordnet. Den Infekt muß ich erst einmal aussitzen, vielleicht auch im eigentlichen Wortsinn.

Panikmache ist jedenfalls völlig fehl am Platze. Zu viele Einschränkungen wurden in den vergangenen Tagen schon amtlich verordnet, deren Sinnhaftigkeit mit jeder Eskalationsstufe immer mehr abnimmt. Letztlich ist es der klägliche Versuch der Politik, durch die Bevormundung der Zivilbevölkerung die eigene Ratlosigkeit zu kaschieren. Vor allem, da es bisher als unumstößlich galt, alles und jedes kontrollieren und steuern zu können. - Ganz sicher steht hingegen für mich fest, daß die Akzeptenz für die bis jetzt bereits getroffenen Einschränkungen und jede weitere mögliche Zwangsmaßnahme immer weiter sinken wird. Viel hilft eben meist nicht viel, sondern bewirkt ab einem bestimmten Punkt das komplette Gegenteil.

Bei meiner Fahrt über Land habe ich vorgestern und gestern so viele Situationen erlebt, die im krassen Gegensatz zu der erlassenen Allgemeinverfügung stehen - einem Papier, welches gar nicht flächendeckend umzusetzen ist, weil die Kontrolle immer nur punktuell aktiv sein kann. In der Haut der Kontrolleure möchte ich übrigens nicht stecken, denn das ist nicht nur zunehmend ein Kampf gegen Windmühlen, sondern auch sicher sehr häufig ein Handeln gegen die eigene Überzeugung.

Einen anderen Weg bei der Bewältigung der Epidemie hat Schweden eingeschlagen. Dort betrachtet man die Vorstellung, das Corona-Virus aufhalten zu können, als illusorisch und setzt auf das persönliche Verantwortungsgefühl des Einzelnen statt der undifferenzierenden Gängelung der gesamten Bevölkerung (s.a. Beitrag im Spiegel vom 28.03.2020).  Für mich ist das ein echter Lichtblick in Zeiten der sich immer weiter ausbreitenden Dunkelheit der Inquisition. Die Zukunft wird zeigen, welcher Ansatz der bessere ist. Denn nun gibt es eine Kontrollgruppe im Verfahrensexperiment "Corona-Krise".

Ich ahne, wie das Ergebnis ausfallen wird.

Handbiketour vom 27.03.2020
Handbiketour vom 28.03.2020

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