14. November 2022

Mehr als Steine

Unter den Bewerbern für den 5. Sächsischen Inklusionspreis war auch der Förderverein Lausitzer Findlingspark Nochten e.V., deren Mitglieder vor reichlich zwanzig Jahren die Idee hatten, mit den steinernen Hinterlassenschaften des Braunkohletagebaus einen parkähnlichen SteinGarten zu gestalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Heute konnte ich mir aus diesem Grund nun selbst ein Bild von der Anlage machen, bei der bereits während der Planung auch an die (weitgehend) barrierefreie Zugänglichkeit gedacht wurde. Das betrifft jedoch nicht nur die rollstuhlfreundliche Gestaltung der Gebäude mit Gastronomie, geologischer Ausstellung und Hygienebereich sowie die Erschließung eines großen Teils des Außengeländes für mobilitätseingeschränkte Gäste. Für Besucher mit Sinnes- oder auch kognitiven Einschränkungen gibt es mittlerweile nämlich ebenfalls entsprechende Angebote - z.B. einen Audioguide - die gemeinsam mit Betroffenen entwickelt und getestet wurden.

Blick über den Findlingspark zum Kraftwerk Boxberg
(Aufnahmeort)
Zuerst zeigt mir die Leiterin des Parks die kleine Geologie-Ausstellung im Informationszentrum. Besonders angetan war ich dort von den interaktiven Stationen, die ganz gewiß auch bei Erwachsenen das Interesse am Thema wecken. Einige dort umgesetzte Ideen hatte ich so noch nirgendwo sonst gesehen. Ich war jedenfalls verblüfft, wie kreativ teils altbekannte Spiele oder Effekte dabei didaktisch eingebunden worden sind.

Dann ging es nach draußen. Allerdings wollte ich nicht mit dem vorhandenen kleinen Elektrobus auf Besichtigungstour. Während des Spaziergangs half mir deshalb einige Male meine Begleiterin mit Schieben. Auf jeden Fall ist es auch in diesem Park für Besucher mit Handicap sinnvoll, in Begleitung von unterstützenden Freunden das ziemlich große Areal zu erkunden, zumal es immer wieder kurze Anstiege bzw. Abfahrten gibt. Etliche Abschnitte der mit feinem Split belegten Wege (keine Asphaltbahnen!) lassen sich aber für sportlich aktive Rollifahrer auch ganz allein bewältigen. Nur die höchste Erhebung, auf dem das sogenannte Feldzeichen thront, ist im Rollstuhl wirklich nur mit kräftiger Unterstützung durch Fußgänger zu erreichen. Logisch, daß ich dort hinauf ebenfalls dank meiner Helferin "geklettert" bin.

Unterwegs auf breiten, gut berollbaren Wegen
(Aufnahmeort)
Zum Schluß habe ich das Gelände noch eine knappe Stunde solo, d.h. ohne Begleitung, auf anderen Wegen als bei unserem ersten Rundgang berollt. Ich mußte dabei zwar manchen Umweg nehmen, doch erreichte ich trotzdem fast alle Parkbereiche. Vor allem in der ausgedehnten Naturheide kam ich mir aufgrund der an diesem Tag wenigen Besucher fast wie im einsamen Norden vor. Durchaus romantisch.

Hier noch zwei weitere Tips. 

Erstens: Zu jeder Jahreszeit sieht es im Findlingspark Nochten anders aus. Denn es ist eben nicht nur eine Anhäufung von Steinen, weil es hier auch grünt und blüht. Das wechselnde Farbenspiel über die Monate ist es auch, was diesen Findlings-Garten besonders attraktiv macht. Genau aus diesem Grund ist der Park aber auch über die kalte Jahreszeit geschlossen.

Zweitens: Die beste Besuchszeit ist wahrscheinlich Frühling oder Herbst, nicht jedoch die heißen Tage im Hochsommer. Denn schattenspendende große Bäume oder gar ein zusammenhängender Wald fehlt hier, da keine Pflanze älter als 20 Jahre ist. Bis 1998 gehörte die Fläche nämlich noch zum benachbarten Braunkohletagebau Nochten. Allerdings sind auch etliche Parkpavillons mit dem Rollstuhl zu befahren - besonders schön ist der Unterstand am Waldsee.

Dieser Abstecher nach Nordsachsen hat sich für mich unbedingt gelohnt!

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