20. Januar 2025

Weite Sicht

Dreimal war ich in den vergangenen Tagen auf Tour, zweimal mit Skiern und außerdem zur Saisoneröffnung im Handbike. Dabei hatte sich die Wintersport-Aktion im Osterzgebirge recht spontan ergeben, denn Christiane wollte an diesem Tag mit unserer Sportfreundin Pia auch eine kleinere Runde im Schnee drehen.

Ich konnte meinen Chef aber von einer "ausgedehnten Arbeitspause" aus dem Homeoffice überzeugen und mich deshalb ihnen anschließen. Für Pia war es das erste Mal seit längerer Zeit, daß sie wieder auf Brettern stand - also haben wir es gleich von Anfang an etwas ruhiger angehen lassen. Ein Abstecher auf dem Kamm in Richtung Mückenberg (Komáří hůrka) schien genau die richtige Strecke für etwas Sport zwischendurch zu sein. Doch nach einem sonnigen Start auf deutscher Seite schwappte in Böhmisch Zinnwald (Cínovec) bald die kompakte Wolkenschicht, welche aus Böhmen gegen die Berge anbrandete, über den Kamm.

Damit wurde es gleich erheblich ungemütlicher, zumal auch der verharschte Altschnee hier oft bretthart war. Bei der von mir immer gefürchteten Buckelpistenabfahrt auf halber Strecke zum Umkehrpunkt (s. Track vom 17.01., km 9,6 - 10,2) kam es dann auch so wie erwartet. Trotz aller Vorsicht (das kritischste Stück war Christiane diesmal von den Skiern gestiegen) kippte ich drei-, viermal in Folge um, da auch Christiane auf dem Eis zu tun hatte, senkrecht zu bleiben. Beim zweiten Sturz lädierte ich mir dabei die linke Schulter, als ich meinen Stock nicht schnell genug freibekam und mir so den Arm verdrehte. Glücklicherweise hatten wir inzwischen bereits das Schlimmste überstanden.

Die letzten 500 m zum Parkplatz unterhalb des Mückenbergs schenkten wir uns wegen der Schneebedingungen dann aber. Nun erwartete uns noch ein langer, steiler Anstieg, welcher auch unter guten Verhältnissen eine echte Herausforderung darstellt. Letztlich entschieden wir uns statt der Rückfahrt auf der bisherigen Strecke für diese Rampe, auch weil hier die Piste für mich besser befahrbar war. Obwohl ich meine angeschlagene Schulter deutlich spürte, kamen wir hier gut durch. Als wir dann am Scheitelpunkt die Wolken hinter uns gelassen hatte, wurde es noch einmal richtig schön. Deshalb schafften wir auch trotz meines zusätzlichen Handicaps unsere geplante Ankunftszeit am Auto. Am Ende dauerte meine Pause bis 16.25 Uhr (zuhause).

Den Sonnabend habe ich dann für meine erste Handbiketour des Jahres genutzt. Vor allem wollte ich auf dieser lockeren Ausfahrt ohne viel Auf und Ab herausfinden, ob und wie ich durch die wahrscheinliche Muskelzerrung im Oberarm bzw. in der Schulter (eine Verletzung von Bändern oder Knochen hielt ich inzwischen für sehr unwahrscheinlich) hinsichtlich der Belastung eingeschränkt bin. Sonntags stand nämlich noch einmal Wintersport auf dem Programm. Knapp über 50 km Strecke reichten mir völlig aus, um festzustellen, daß ich mir und meinen Begleitern tatsächlich den Sonntagsausflug zumuten konnte.

Das schönste Erlebnis hatte ich jedoch am Ortsausgang von Dorf Wehlen. Dort stand eine Gruppe von Wanderern, von denen zwei Leute plötzlich auf mich zukamen. Im Gegenlicht der schon tiefstehenden Sonne konnte ich die Gesichter der beiden nicht erkennen, aber dann sprach mich eine mir wohlbekannte Stimme mit Namen an. Sofort wurde mir klar, wer vor mir stand: Manfred Vogel alias Knox - eine der letzten noch lebenden großen Bergsteigerlegenden aus meiner Region! Es war ein freudiges Wiedersehen! Nach schwerer Krankheit sah es nun bei unserer Begegnung ganz danach aus, als ob er das Schlimmste überstanden hätte. Daß ein solch Großer des lokalen Klettersports sich mit mir auf Augenhöhe unterhielt, kam einer Auszeichnung gleich. Knox ist zwar immer ganz ohne Allüren bodenständig geblieben - auch kennen wir uns schon lange. Wie glücklich es mich aber gemacht hat, daß es ihm wieder besser geht, ist für Außenstehende wahrscheinlich gar nicht nachvollziehbar. Als ich etwas später noch um ein gemeinsames Erinnerungsfoto bitten wollte, war er mit seiner Truppe aber schon weitergewandert.

Sonntags fuhren wir dann mit Carstens Kleinbus zu sechst ins Osterzgebirge nach Holzhaus. Für mich bereits zum dritten Mal in der Wintersportsaison steuerten wir Langewiese (Dlouhá Louka) an, diesmal ab dem Touristengrenzübergang "Battlecke" jedoch auf bisher noch nie vorhandener Piste. Im Gegensatz zum vorangegangenen Sonntag hatte inzwischen ein Pistenbully nicht nur die ausgewiesene Skitrasse, sondern auch eine Loipe entlang des Waldrandes perfekt aufgefahren (s. Track vom 19.01., km 1,8 - 7,1). Nach der Erkundung durch Carsten und seine Familie am Vortag wollten Christiane und ich nun auch mal diese Streckenalternative befahren. Sie erwies sich dabei als eine echte Bereicherung, welche allerdings wohl nicht oft in dieser Qualität befahrbar sein dürfte. Schließlich hatten wir hier in all den Jahren bisher noch nie auch nur ansatzweise eine solche perfekt präparierte Piste vorgefunden.

Kurz vor Mittag wurde es dann richtig warm, und der Schnee damit naß und stumpf, sobald er direkt in der Sonne lag. Für solche Bedingungen hatte jedoch Christiane kein geeignetes Steigwachs parat, sodaß der lange Anstieg weg vom Stausee der Talsperre Fleyh (Flája) im Skitandem ein nicht enden wollender Kraftakt wurde. Christiane versuchte dabei, mit Doppelstocktechnik das Zurückrutschen abschnittsweise etwas auszugleichen. Das gelang, belastete aber umso mehr ihre Schultern und Oberarme.

Blick von Wiesenhang unterhalb des Wolfsbergs
nach Südosten, der "Wolkenturm" stammt vom
Kraftwerk Ladowitz - Ledvice nahe Bilin - Bílina
(Aufnahmeort)
Trotzdem fuhren wir anschließend noch hinauf zum Turm auf den Wolfsberg (Vlčí hora) oberhalb von Langewiese. Während alle meine Begleiter die Aussichtsplattform des Multifunktionsturms erklommen - was quasi ein Muß bei dieser aufgrund der Inversionswetterlage ausgezeichneten Fernsicht bis zum Keilberg (Klínovec) und ins Riesengebirge (Krkonoše) war - konnte ich dann etwas später vom Wiesenhang unterhalb des Bergs ebenfalls zumindest über das Wolkenmeer in Richtung Süden schauen. Mindestes dreimal herrschten übrigens in der aktuellen Saison auf meinen Skitouren bisher solche Bedingungen.

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie sehr diese dichte Wolkendecke die Tschechen nervt, die in den tieferen Lagen bereits wochenlang ganz ohne Sonne darunter ausharren müssen.

Keine Kommentare :