26. April 2015

Auf rohen Eiern

Wieder ist die Zeit der langen Touren gekommen. Ab Ende April reicht das Tageslicht für größere Unternehmungen, deshalb ging es wegen des erwartendem guten Wetters gleich früh am Morgen auf die Piste zu meinem ersten langen Kanten des Jahres 2015.

Für den Anstieg auf den Erzgebirgskamm suchte ich mir das dünnste Brett raus, indem ich die kürzere Variante über Oberfrauendorf umging und lieber nach Dippoldiswalde und die paar Kilometer Bundesstraße bis Schmiedeberg fuhr. Am Morgen war der Verkehr sowieso noch erträglich, erst recht auf dem Abschnitt durch das Pöbeltal sowie durch das obere Tal der Wilden Weißeritz. Auch die weitläufige, heutzutage unbesiedelte Hochfläche auf meinem Weg zur Talsperre Fleyh (Fláje) war nahezu menschenleer. Erst auf meiner Abfahrt ins Böhmische Becken änderte sich das. Mittlerweile war es auch kurz vor dem Mittag, und in dem flachen Gelände sah ich öfter Radsportler.

Während meiner Fahrt nach Bilin (Bílina) mußte ich leider auch die andere Seite des Böhmischen Beckens kennenlernen. Hemmungsloser Raubbau durch riesige Braunkohletagebaue zerstört hier großflächig die Landschaft. Gewaltige Krater - sowohl was Größe, als auch, was Tiefe betrifft - bleiben zurück, wenn nichts mehr aus der Erde zu holen ist. Selbst die einheimischen Tschechen sehen das inzwischen kritisch. Der Hit: Wie mein Kamerad Lád'a mir erzählte, geht der Strom, der hier in den ansässigen Kraftwerks-Dreckschleudern auf Kosten der Landschaft und Umwelt erzeugt wird, zum überwiegenden Teil nach Österreich! Die Alpenrepublik behält ihre weiße Weste!

Später passierte ich auf meinem Weg nach Aussig (Ústí nad Labem) in Staditz (Stadice) noch das Königsfeld (Královské pole), wo der Urvater des böhmischen Herrschergeschlechts der Přemysliden, Přemysl der Pflüger, zum König berufen worden sein soll.

Warum ich wie auf rohen Eiern gefahren bin ...
Das letzte Drittel meiner Tour entlang der Elbe war dann eigentlich nur noch Formsache. Leider begann da erst der richtige Nervenkitzel. Unweit von Waltirsche (Valtířov) ereilte mich am linken Hinterrad wieder mal ein Platten. Bei der Reparatur stellte ich kurz darauf fest, daß ich beim rechten Hinterrad bereits großflächig auf der Karkasse fuhr. Nun hatte ich zwar einen Ersatzreifen mit, wollte jedoch nur ungern vorort den Reifen ersetzen, weil das auch mit zeit- und kraftraubenden Luftpumpen verbunden ist. Für mich hieß das, noch mehr als 60 km mit einem sich auflösenden Reifen, der unter vollem Druck stand, zu fahren. Wie man sich dabei fühlt, brauche ich wohl nicht erst zu erläutern. Zumal mir ja auch die Zeit im Nacken saß. Um jedes Steinchen, um jede Unebenheit auf der Straße habe ich einen größtmöglichen Bogen gemacht - was interessierten mich da die Autos!

Das Risiko hat sich gelohnt. Ich bin ohne weitere Zwischenfälle nachhause gekommen. Heute habe ich dann gleich einen bösen Brief an Continental geschrieben. Einer der beiden Reifen, die ich tauschen mußte, hat gerade einmal 1241 km durchgehalten. Der Continental Grand Prix 4000sII soll zwar angeblich besser sein als sein Vorgänger, davon ist jedoch nichts zu spüren. Ich habe hingegen den Eindruck, daß der Hersteller nur bei der Stärke des Reifenbelags spart. - Ist es Zeit für einen Wechsel?

Track der Handbiketour vom 25.04.2015

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