17. Oktober 2025

Joker

Gestern morgen entschloß ich mich, einen Tag länger im Norden zu bleiben. Doch schon am Vorabend hatte ich darüber nachgedacht, ob ich nicht gleich die Gelegenheit nutzen sollte, eine Handbiketour auf die Insel Usedom zu unternehmen. Dort war ich bisher noch nie, auch nicht in meinem ersten Leben.

Zunächst stellte ich mir eine geeignete Strecke zusammen, eine Rundfahrt natürlich. Aufgrund der begrenzten Tageslänge und auch weiterer Bedingungen plante ich dabei, in Anklam zu starten. Erstmalig würde ich also mit den Handbike im Auto zum Ausgangspunkt gelangen müssen. Zwar bedeutete dieses Vorgehen einen höheren logistischen Aufwand, war jedoch m. E. die einzige erfolgversprechende Alternative.

So ziemlich genau ging es dann 8.30 Uhr mit dem Handbike von Anklam aus los. Da ich diesmal meist überregionale Radrouten für meine Tour nutzte, fuhr ich oft abseits von öffentlichen Straßen bzw. auf verkehrsarmen Nebenstrecken. Erstaunlicherweise gab es anfangs dabei nur einen relativ kurzen Abschnitt, welcher nicht asphaltiert oder mit Betonsteinen ausgebaut war. Selbst als es ca. 6 km vor Ahlbeck hügelig wurde und einige kräftigere Anstiege bewältigt werden mußten, blieb der Untergrund meist noch leidlich akzeptabel.

Überhaupt war die nördliche, also an die Ostsee grenzende Küste der Insel ziemlich anspruchsvoll. Abgesehen von den Abschnitten durch die Seebäder, d.h. über die Strandpromenaden von Ahlbeck sowie Heringsdorf ging es hier häufig bergauf und bergab. Lange Anstiege waren das zwar nicht, sie schlauchten aber dennoch auch aus einem weiteren Grund. Große Teile des ausgewiesenen Küstenradwegs verliefen nämlich nur auf Schotter bzw. verdichteten Sandboden. Für die zahlreichen Zweiradtouristen mochte das ausreichen, mich hinderte das jedoch am zügigen Vorankommen. Immerhin erwies sich die Strecke als ziemlich abwechslungsreich, und auch Aussichtspunkte auf das Meer gab es etliche.

Blick von der Seebrück Koserow nach Osten zur
Küste mit dem Streckelsberg (Aufnahmeort)
Den Abschluß dieses Bummelparcours bildete dann die Seebrücke von Koserow. Fixiert auf die Unebenheiten des Fahrwegs, wäre ich an dieser Konstruktion beinahe ahnungslos vorbeigefahren. Erst im letzten Moment bemerkte ich den Abzweig, und da es langsam Zeit war, etwas zu essen, steuerte ich folgerichtig das Bauwerk an. Die Seebrücke war der perfekte Rastplatz mit Blick auf die Ostsee und den Küstenstreifen. Endlich "richtig" am Meer, so wie es mir immer vorgestellt hatte!

Alles was danach kam, bedeutete für mich nur noch Ausdauersport. Ein paar Kilometer Betonplattenweg bremste mich ein letztes Mal, doch im wesentlichen konnte ich dabei wieder einiges von der während der Küstenfahrt verlorenen Zeit aufholen. Denn immerhin galt es ja, noch möglichst vor dem Sonnenuntergang zurück in Anklam zu sein. Es wurde schließlich ein punktgenauer Zieleinlauf: als ich die Aufzeichnung auf dem Fahrradnavi stoppte, schaltete es gerade in den Nachtmodus um. Geschafft!

Diese völlig ungeplante Extratour zähle ich nun als die schönste Unternehmung meines diesjährigen Herbsturlaubs. Eine für hiesige Verhältnisse überdurchschnittlich abwechslungsreiche Strecke, viel Sehenswertes, endlich mal auch am "richtigen" Meer - das alles wäre mir entgangen, wenn ich bereits gestern nach meinem am Schreibtisch geplanten Tourenprogramm wieder nachhause gefahren wäre. Manchmal sollten man die Logistik überdenken, falls sich dadurch neue Möglichkeiten eröffnen. Daß ich nun häufig zum Beginn einer Ausfahrt mit dem Handbike erstmal im Auto fahre, ist zwar weiterhin eher unwahrscheinlich.

In diesem Fall paßte aber alles zusammen.

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