30. April 2013

Tagwerk

Am vergangenen Sonntag hatte ich mich geschont, weil ich am nächsten Tag den ersten langen Kanten der Saison fahren wollte. Bereits mit dem ersten Tageslicht begab ich mich also in die Spur. Über die westlichen Ausläufer des Elbsandsteingebirges, Tetschen-Bodenbach (Děčín) sowie im Tal des Polzen (Ploučnice) durch Böhmisch Leipa (Česká Lípa) ging es weiter als je zuvor in Richtung Osten bis nach Niemes (Mimoň).

Von dort sieht man den formschönen Roll (Ralsko) mit der Rollburg auf dem Gipfel. Mit diesem Berg verbinden sich für mich schöne Erinnerungen, denn einst bin ich mit Freunden dort oben gewesen. Es war später Nachmittag und eine phantastische Wolkenstimmung betonte nur noch den grandiosen Rundblick. Bilder, die unauslöschlich in meinem Gedächtnis gespeichert sind. - Leider bleibt mir nun als Rollifahrer für den Rest meines Lebens dieser Genuß versagt.

Aber auch der Rollberg blieb mir gestern verborgen. Zum häufigen Nieselregen gesellten sich tiefhängende Wolken, die das gesamte Bergland verhüllten. Überhaupt dachte ich mehrmals daran, die Strecke zu kürzen. Doch immer im richtigen Augenblick ließ der Regen nach und meine Bekleidung konnte einigermaßen abtrocknen. Zudem waren die Temperaturen erträglich, so daß die Nässe den Körper nicht auskühlte.

St. Laurentius in Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí)
Über Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí) erhebt sich die Kuppel der Kleinen Basilika St. Laurentius, die zum hier ansässigen Dominikanerkloster gehört. Der Bau, dessen äußere Gestalt dem Petersdom nachempfunden wurde, beherbergt die Gebeine der heiligen Zdislava, die sich für die Armen und Kranken einsetzte.

Apropos Einsatz. Da hatte ich zu Beginn der Tour wieder ein besonderes Erlebnis. Im Bielatal zwischen Schweizer- und Ottomühle fanden gerade Waldarbeiten statt. Deshalb war die Straße gesperrt. Weil die aufgestellte Ampel vermuten ließ, daß es nach einer Weile weitergehen würde und gerade kein Holztransport stattfand, wollte ich die Absperrung passieren. Da trat mir plötzlich ein Waldarbeiter entgegen, versperrte den Weg und drohte mit der Polizei. Ich kam mir vor wie im Kindergarten. Der kleine Gernegroß fühlte sich offensichtlich ziemlich wichtig und blies sich mindestens zu doppelter Größe auf. Vielleicht ist jedoch solches Verhalten typisch deutsch. In Böhmen hat man mir nämlich in ähnlicher Situation sogar extra den Weg freigeschnitten. Und auch gestern hielt gleich ein tschechischer Autofahrer an, um seine Hilfe anzubieten, als ich in Deutsch Gabel nach dem Weiterweg suchte. - Von diesen Leuten könnte jener total verkrampfte Zeitgenosse noch eine ganze Menge lernen.

Ich bin jedenfalls umgekehrt und habe mich im wörtlichen Sinne an den Spruch gehalten: "Der Klügere gibt nach". So ein Vogel verdirbt mir nicht den Tag.

Track der Handbiketour vom 29.04.2013

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