14. August 2019

Nur Geduld!

Der Sonntag war gerade mal zwei Stunden alt, als ich vor drei Tagen in den diesjährigen Alpenpässejagd-Urlaub startete. Meine Pläne sind diesmal wieder ambitioniert, aber durchaus zu schaffen. Ein paar große Namen / Auffahrten fehlen mir nämlich noch, und wenn es im September wieder nachhause geht, will ich die zu meiner Liste hinzugefügt haben.

Mein erstes Basislager habe ich mir auf dem Campingplatz Le Bois Joli in Saint-Martin-sur-la-Chambre eingerichtet. Die sanitären Bedingungen für Rollifahrer sind leider - euphemistisch ausgedrückt - suboptimal. Im Internet sieht man auf den Homepages immer nur das Prädikat "rollstuhlgerecht", doch in der Realität ist es damit (in Frankreich) oft nicht weit her. Naja, die Tage hier werde ich hoffentlich ohne Hautschäden überstehen.

Gleich am nächsten Tag nach der Anreise wollte ich auf den Col de la Madelaine (1993 m), sozusagen zur Akklimatisation. Doch zunächst machte mir das Wetter einen ersten Strich durch die Rechnung. Ein kräftiges Morgen-Gewitter bremste meinen Tatendrang. Also wartete ich und widmete mich anderen Notwendigkeiten. Gegen 11 Uhr sah es auf der Online-Wetterprognose zwar immer noch nicht viel besser aus, aber die ersten Sonnenstrahlen lockten mich auf's Handbike.

Deutsch-französisches Freundschaftstreffen mit Alban
bei Kaffee und einer warmen Decke (Aufnahmeort)
Schon vom Start weg mußte ich volles Engagement zeigen. Nichts mit gemütlichen Einrollen, sondern bald zweistellige Steigungsprozente. Das angenehm kühle Wetter ließ mich wenigstens nicht so bald heißlaufen. Kurz vor dem oberen Teil von Saint-François-Longchamp kam allerdings der angekündigte Regen. Nach ein paar Augenblicken des Wartens unter dem dichten Blätterdach eines Baums entschied ich mich, bei der Ferienhäusern am Ortseingang ein schützendes Dach zu suchen. Es war im Nachhinein die einzig richtige Entscheidung. Für zwei Stunden saß ich nun fest, doch blieb ich nicht lange allein. Ein netter Franzose, der dort wohnte, hatte mich gesehen und leistete mir Gesellschaft. Als sich das Warten hinzog, brachte er mir sogar eine wärmende Decke und Kaffee. Wirklich nett!

Nur noch 400 Höhenmeter fehlten zum Paß. Deshalb riskierte ich es schließlich 16.15 Uhr, weiter bergauf zu fahren, statt mich zum Campingplatz zu retten. Aber auch dabei hatte ich im wahrsten Sinne des Wortes himmlichen Beistand. Außerdem rollte es voll motiviert jetzt viel besser als vorher. Um 6 war ich oben.

Für den Rückweg hatte ich mir eine Straße auf der anderen Talseite ausgesucht. Leider war diese ziemlich schadhaft, so daß ich es eben nicht einfach so laufen lassen konnte. Damit wurde die Durchschnittsgeschwindigkeit auch endgültig zur Nebensache. Die erste Tour des Urlaubs erwies sich letztlich als eine Unternehmung, die man eben nicht mal so schnell im Vorbeifahren macht.

Vom letzten Anstieg vor dem Paß geht der Blick
 zurück über Saint-Sorlin-d'Arves (Aufnahmeort)
Gestern stand dann die erste "echte" Rundtour an. Die Tour zum Col de la Croix de Fer (2067 m)  wurde noch einen Zacken schärfer als die vom Vortag. Nicht zuletzt wegen der Länge des Anstiegs - bis zum Scheitelpunkt waren es immerhin 40 km - sondern auch, was die Anzahl und Länge der steilen Passagen betrifft. Denn die Steigungsprozente auf den Kilometersteinen für die Radsportler geben immer nur die Durchschnittswerte an und sind darüberhinaus nicht selten trotzdem zu knapp berechnet. Mit einer einfachen Kopfrechnung läßt sich das schnell überprüfen: aktuelle Höhe 1623 m, Steigung für den nächsten Kilometer 9%, das macht am nächsten Kilometerstein eine Höhe vom 1713 m. - Wenn es denn immer so gewesen wäre ...

Auch am Dienstag erreichte ich den Scheitelpunkt der Tour erst kurz nach fünf, weil ich zahlreiche Kurzpausen benötigte. Dabei war nicht einmal die Kraft das Hauptproblem. Vielmehr fuhr ich stundenlang mit einer Herzfrequenz weit über 130 bpm. Sobald ich in die Kurbeln drückte, schnellte der Wert nach oben und kam nicht wieder herunter. Ob das wirklich nur Akklimatisationsprobleme waren?

Den Col du Glandon (1924 m) habe ich dann noch auf dem Heimweg fast ohne Gegenanstieg quasi überrrollt und damit einen zweiten Paß eingesammelt. Die Fahrt von dort zurück ins Arc-Tal machte mir nun aber viel Freude. Auf kurvenreicher Strecke mit einem über weite Strecken ausgezeichneten Straßenbelag konnte ich mich noch einmal richtig austoben. Zwar war die Straßee auch hier viel zu steil, um es einfach laufen zu lassen, dennoch mußte ich dabei wesentlich weniger bremsen. Mein angepeiltes Ziel von 10 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit für die Gesamttour habe ich jedoch nicht mehr ganz erreicht. Aber wen stört das schon.

Erlebnis geht vor Tempo!

Track der Handbiketour vom 12.08.2019
Track der Handbiketour vom 13.08.2019

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