29. August 2025

... vor dem Sturm

Die neun Tage Handbikeabstinenz haben mir gutgetan. Sie waren vor allem notwendig, um meine Magen-/Darminfektion in den Griff zu bekommen - doch abgesehen davon konnte ich mich auch körperlich mal grundlegend erholen. Eigentlich sollte ja dafür der Urlaub genutzt werden, aber wie das eben so bei leidenschaftlichen Sportlern ist ...

Immerhin fühlte ich mich bei der ersten Runde am 23.08. gut ausgeruht. Trotz der vielen Höhenmeter erreichte ich an diesem Tag alle meine Vorgaben, und der Besuch zum Schluß bei meinen Freunden in der Bergwachthütte Rathen (wo sie gerade ihren ehrenamtlichen Dienst verrichteten), rundete den durch und durch zufriedenstellenden Wiedereinstieg ab.

Bereits auf dem Heimweg geisterte ein Gedanke durch meinen Kopf: Wie wäre es, wenn ich meine letzte Urlaubswoche dafür nutzte, um ein Projekt aus meiner Ideenschublade zu realisieren, welches zwar nicht die höchste Priorität besaß, dafür aber bestimmte Voraussetzungen benötigte? Das waren: 1. ausreichend zusammenhängende Tage (über welche man üblicherweise nur während des Urlaubs verfügt) und 2. eine längere Schönwetterperiode über all diese Tage. - Dafür sah es gut aus.

Zunächst ging ich es jedoch ruhig an. Meine zweite Tour diente deshalb eher zur Erholung - was sowohl die Streckenlänge als auch die Höhenmeterbilanz betraf. Dabei hätte ich am Sonntag durchaus noch länger fahren können. Noch aber ließ ich mir alle Optionen offen.

Von der Auffahrt auf den Hohen Schneeberg reicht
der Blick nach Südosten bis ins Böhmische
Mittelgebirge mit dem formschönen Vulkankegel
des Milleschauer (Milešovka) als Dominante am
Horizont in der Bildmitte (Aufnahmeort)
Spätestens mit der dritten Tour in Folge änderte sich das. Zum Wochenbeginn sah die Wetterprognose immer noch sehr gut aus, und die Temperaturen lagen für mich im optimalen Bereich zwischen 14 und 22°C. Nachdem ich zwei Tage zuvor endlich wieder mal den Gipfel der Kohlhaukuppe im Osterzgebirge (s. Track vom 23.08., km 42,9) im Handbike erklommen hatte, nahm ich mir nun ganz spontan die Auffahrt zum Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník, s. Track vom 25.08., km 36,2) vor. Immerhin halten die beiden Asphaltsträßchen Rampen bis kurzzeitig ca. 20% Steigung bereit, doch beide konnte ich in einem Stück - also ohne Ruhepausen - bewältigen. Von der Kohlhaukuppe hat man allerdings nur von der stählernen Turmkonstruktion einigermaßen Aussicht, die für mich natürlich nicht zugänglich ist. Nicht so jedoch auf dem mit 724 m NHN höchsten Berg des Elbsandsteingbirges, welcher auch vom Weg aus Ausblicke in verschiedene Richtungen bietet. Bei guter Sicht wie an diesem Montag lohnt sich also durchaus die Kletterei, gleichwohl man sich dafür ziemlich anstrengen muß.

Am 26.08. dehnte ich dann meine Tour um zusätzliche 50 km aus, als ich beim laufenden Studium der Wetterprognose feststellte, daß für den ursprünglich geplanten siebenten Tourentag (Freitag, der 29.08.) viel Regen angekündigt war und es auch schon am Nachmittag des Vortages feucht werden sollte. Zunächst fuhr ich aber noch auf den Landberg südlich von Herzogswalde (s. Track vom 26.08., km 58,2), vor dem sich an klaren Schönwettertagen ein umfassendes Panorama in nördlicher Richtung bis fast nach Brandenburg ausbreitet. Diese Aussicht ist von Pohrsdorf aus relativ "billig" zu erreichen, wohingegen der Anstieg ab Herzogswalde mit 16% Steigung ausgeschildert ist. Über das Triebischtal fuhr ich danach noch nach Meißen, um am Ende meine Tour ostwärts bis Stadt Wehlen zu erweitern. Mit den 153 km Streckenlänge konnte ich schließlich zuhause knapp mehr als 500 km an vier Tagen abrechnen, was den wahrscheinlich verregneten Freitag und damit den 7. Tourentag überflüssig machte.

Doch auch meine Tour Nr. 5 am Mittwoch endete nicht schon nach 100 km, weil ich nach dem Minimalsoll noch ein letztes Zackel über das Schönfelder Hochland dranhängte, bevor ich von Dresden-Niederpoyritz und nach der Elbquerung mittels der Pillnitzer Autofähre auf dem Elberadweg nachhause zurückkehrte. Diese zusätzlichen 25 km sorgten zwar dafür, daß ich meine Runde erst 16.45 Uhr beendete, doch blieben nun nur noch rund 75 km bis zum erfolgreichen Projektabschluß. Das sollte eigentlich vor dem immer noch angekündigten Regen am Donnerstagnachmittag zu schaffen sein.

Das Ziel vor Augen, klappte es mit der morgendlichen Motivation am sechsten Tourentag ohne Unterbrechung wieder ganz gut. Zwischendurch sah es nämlich schon mal schlechter aus - wie das eben oft bei solchen Mehrtages- bzw. Langstreckenaktionen ist. Andere Ausdauersportler können diesbezüglich sicher ebenfalls ein Lied davon singen ... Aber auch mein Körper, in erster Linie Schultern und Oberarme steckten die Dauerbelastung bisher erstaunlich gut weg. Das war natürlich essentiell für eine solche Aktion.

Blick zur Barbarine am Pfaffenstein
(Aufnahmeort)
Jedenfalls hatte ich noch so viele Reserven, daß ich eine Flachlandrunde in den Norden verwarf und mich erneut zunächst nach Süden, wo die Berge sind, orientierte. Dieser Tag begann allerdings schon relativ warm, und im Tagesverlauf wurde es dann auch drückend schwül. Das war überhaupt nicht meine Welt! Bevor mich jedoch die Hitze nachhaltig ausbremste, konnte ich noch etliche Anstiege meistern und damit so viele Höhenmeter sammeln, daß tatsächlich auch die 7000-Höhenmeter-Marke in Reichweite lag. Auf 700 km Strecke während nur sechs Tourentagen ist das eine Ansage, die sicher auch "normalen" Zweiradfahrern ohne Handicap Respekt abnötigt. Deshalb fuhr ich nicht nur über Cunnersdorf, sondern wählte anschließend die Straße am Pfaffenstein vorbei sowie den kurzen Steilstich vom Ortsausgang Pfaffendorf nach Gohrisch (s. Track vom 28.09., km 43,1 - 47,2). Hierbei passierte ich auch die kühne Felsnadel der Barbarine und damit ein Monument früherer Heldentaten als Elbsandsteinkletterer.

Die Statistik des Projektes "7 (6) Tage - 700 km"
Als nach dem "Buckel" über Walterdorf immer noch nicht ausreichend Höhenmeter zusammengekommen waren, bog ich für die fehlenden 50 Hm kurz vor dem Ziel nach Pirna-Mockethal und Zatschke ab. Zu weiteren Eskapaden hatte ich aber keine Lust, denn mittlerweile setzte mir die schwüle Hitze ordentlich zu. Froh darüber, bei den ebenfalls schon höheren Temperaturen am Vortag konsequent Zusatzkilometer geschrubbt zu haben, konnte ich mich nun entspannt zurücklehnen und die Abfahrt ins Elbtal genießen. Allmählich machte sich die Freude über das Erreichte in mir breit. So viele Handbiker, die eine solche Aktion durchziehen (können), gibt es gewiß nicht!

Mein Alpenurlaubs-Desaster konnte ich damit auf jeden Fall mehr als wettmachen ...

Keine Kommentare :