27. September 2025

Abwägung

Gestern wurde es abends sehr spät. Ich hatte nämlich an der vom ADFC organisierten Radnacht in Dresden teilgenommen und mußte anschließend noch (im Handbike) zurück nach Pirna fahren. Mit Beleuchtung und auf dem zu dieser Zeit fast menschenleerem Elberadweg war das kein Problem, doch dauerte es bei spürbarem Gegenwind trotzdem weitere 1,5 Stunden. 22.50 Uhr beendete ich die Computeraufzeichnung.

Vor dem Treffen am Start der Zubringerroute beim Bahnhof Heidenau habe ich auf meiner freitäglichen Feierabendrunde natürlich noch einige Kilometer zum Warmfahren absolviert. Dieses Zackel führte mich bis kurz vor Rosenthal und später auf dem Elberadweg von Königstein nach Pirna, von wo aus ich mir noch den Umweg über den Feistenberg ins Müglitztal genehmigte. Dennoch kam ich viel zu zeitig in Heidenau am vereinbarten Treffpunkt an und mußte noch fast eine ganze Stunde dort ausharren, bevor es endlich losging. Zum ersten Mal seit dem Frühjahr ist mir dabei wieder kalt geworden. 

In Heidenau waren wir zunächst nur ein überschaubares Häufchen, wobei ich mich von Beginn an darüber wunderte, mit welcher Rücksichtslosigkeit einige der Teilnehmer die Straße während der Fahrt okkupierten. Bei der Fahrt ins Dresdener Zentrum gab es dann sogar einige noch unschönere Szenen, für welche ich mich fast schämte und hoffte, daß mich die daran beteiligten Autofahrer nicht als Mitglied dieser Gruppe wahrnahmen. Je mehr wir uns dem Stadtzentrum näherten, umso mehr Fahrradfahrer schlossen sich uns an, und es bildete sich - wie typisch für gruppendynamische Prozesse - ein immer größerer undisziplinierter Haufen. Dabei kamen wir nicht über ein Spaziertempo hinaus, wahrscheinlich war das aber auch beabsichtigt. Bei der zentralen Veranstaltung vor dem Kulturpalast wurde es jedoch noch schlimmer. Am Anfang endlose (politische) Reden und die sattsam bekannte "Musik"-/Lärmkulisse derjenigen Zeitgenossen, welche sich als die besseren Menschen fühlen.

Viel später als angekündigt ging es endlich mit umfangreicher Polizeibegleitung los. Eine erkleckliche Menge an Fahrzeugen begleitete uns und sperrte weiträumig die Straßen für die mehr als 1000 Teilnehmer des Rad-Korsos ab. Ich selbst hatte mich gleich an der Spitze des Zuges kurz hinter dem Führungsfahrzeug der Polizei eingeordnet, weil ich eine zu hohe Radfahrerdichte vermeiden wollte. Das klappte über die gesamte Strecke ganz gut, gleichwohl man bei den Hampeleien einiger jugendlicher Radfahrer auch immer sehr aufmerksam bleiben mußte, um nicht in Kollisionen verwickelt zu werden. Bei diesem extrem langsamen Tempo passierten aber keine nennenswerten Zwischenfälle.

Heimfahrt auf dem Elberadweg, auf der anderen
Elbseite Wachwitz mit dem Dresdener Fernsehturm
(Aufnahmeort)
Für knapp 22 km waren wir dann insgesamt zwei Stunden unterwegs. Dabei passierten wir auch mehrere Abschnitte, welche sonst für Radfahrer gesperrt sind. Der Autotunnel unter dem Wiener Platz gehörte dazu sowie ebenfalls die Hochstraße in Dresden-Löbtau. Das war übrigens auch eine meiner wichtigsten Beweggründe, an dieser Massenveranstaltung teilzunehmen. Außerdem wollte ich mich als Handbiker gegenüber anderen Radlern sichtbar machen, denn ein bißchen Werbung in eigener Sache schadet nie. Ob mir das am Ende gelungen ist, möchte ich lieber nicht beurteilen ...

Zumindest hat mich ein Rad-Ordnerin wahrgenommen, mit der ich unterwegs ein längeres nettes Gespräch führte. Sie sagte mir auch, daß ich der einzige Handbiker an diesem Abend wäre. Für mich ist das jedoch gleichfalls nichts neues, ein Exot in der Masse zu sein. Am meisten störte mich während der Gemeinschaftsfahrt die unsägliche und hämmernd laute Dauerbeschallung von den auf einem Lastenfahrrad mitgeführten Lautsprecherboxen. Können diese Leute es nicht ertragen, wenn mal eben nicht ohrenbetäubendes Getöse um sie herum ist? Auch das Gekreische und Geschreie der jugendlichen Rotte in meiner Nähe nervte. Abschließend stellte ich erneut fest, daß solche Aufläufe wohl eher nichts für mich sind, zumal hierbei Haltungen vertreten bzw. Einstellungen propagiert werden, welche ich nicht teile.

Nach der Rückkehr zum Kulturpalast machte ich mich deshalb auch schleunigst aus dem Staub. Bei der Heimfahrt auf dem dunklen Elberadweg konnte ich mich dann jedenfalls emotional wieder einigermaßen einsortieren und den Ärger in Energie umsetzen.

Keine Kommentare :