29. Januar 2024

Entfesselungskünstler

Wie schon am vergangenen Wochenende erwartet, macht der Winter gerade Pause. Natürlich bin ich deshalb aber nicht untätig geblieben, zumal recht freundliches Wetter angekündigt war.

Trotzdem sollte es erneut windig werden, sodaß ich mich am Sonnabend zunächst im flachen Gelände nach Westen vorarbeitete, woher der Wind kam. Um den Sonnenaufgang und - untergang herum ist es an solchen Tagen immer noch am erträglichsten, denn da - so ein geflügeltes Wort - "schläft" noch bzw. schon der Wind.

Die Strecke vom Start über Dresden, Freital, Tharandt und Höckendorf bis nach Dippoldiswalde fahre ich meist als "Abgesang" genau im Gegenrichtung, dann aber über Paulsdorf. Insofern war es am Sonnabend eine fast reine Trainingstour. Weil ich dabei ganz gut vorankam, entschied ich mich dann auch für den Umweg über Glashütte. Das bedeutete zwar weitere Höhenmeter, dafür konnte ich aber noch ein wenig Strecke machen.

Mittags setzte sich allmählich die Sonne durch. Deshalb bog ich kurz vor der Stadtgrenze von Pirna noch einmal ins Seidewitztal ein, um schließlich in einem Extrazackel mein Kilometersoll abzuhaken. Außerdem fahre ich immer wieder gern durch das Bahretal (s. Track vom 27.01., km 95,6 - 100,6), am liebsten (leicht) bergab. Es ist nicht nur ein schönes und im oberen Teil enges, felsiges Nebentälchen, sondern auch sehr verkehrsruhig. Auf der kurvenreichen Straße mit inzwischen fast durchgängig bestem Asphalt rollt man tatsächlich beinahe autofrei in Richtung Pirna.

Sonntags kam der Wind aus Osten - wie meistens bei einer stabilen Schönwetterlage. Den frostigen Temperaturen um -3°C setzte ich morgens gleich Berge entgegen, indem ich zunächst den Osterzbegirgskamm anpeilte. So blieb ich selbst im Schatten nicht nur warm, sondern absolvierte den anstrengendsten Teil der Tour gleich zu Beginn. Denn bis Tyssa (Tisá) sind immerhin fast 500 Hm auf 28 km zu bewältigen.

Vom Schnee, auf dem wir noch eine Woche zuvor in diesem Gebiet mit Skiern Neuland für mich erkundet hatten, lag nun selbst ganz oben nichts mehr, allenfalls ein paar kümmerliche Reste an sonnengeschützten Stellen und im Straßengraben. Statt Winter schien sich der sonnige Frühling durchgesetzt zu haben. So könnte es hier jedenfalls auch Ende März aussehen.

Felsgipfel im Kirnitzschtal
(Aufnahmeort)
Nur die Temperaturen um den Gefrierpunkt erinnerten mich noch an die Jahreszeit, doch später im sonnigen Elbtal mit dem Wind im Rücken oder auch in geschützten Lagen hätte man es durchaus selbst bei längeren Pausen ausgehalten. Ich aber wollte noch eine kleine Extrarunde über das romantische Kirnitzschtal sowie die aussichtsreiche Hohe Straße von Lichtenhain über Mitteln- und Altendorf zurück nach Bad Schandau fahren.

Auf dem kleinen für den Kraftverkehr gesperrten Sträßchen vom Lichtenhainer Wasserfall hinauf in den Ort (s. Track vom 28.01., km 75,9 - 78,6) geriet ich dabei völlig unerwartet in die Bredoille. Oberhalb des Wasserfalls finden nämlich gerade Bauarbeiten statt, wahrscheinlich zur Reparatur dieser Sehenswürdigkeit aus den touristischen Erschließerjahren der Sächsischen Schweiz. Jedenfalls war hier die Straße unterbrochen, weshalb eine tiefe und breite unbefestigte Rinne mußte vor der Weiterfahrt überwunden werden mußte.

Trotz behutsamen Anlaufs (auf der der leicht schotterigen Erdpiste) schaffte ich nicht ganz die Ausfahrt über die Steilrampe der Gegenseite und rutschte anschließend einigermaßen unkontrolliert wieder zurück. Leider wurde dabei mein linkes Hinterrad von der Baustellenböschung hochgedrückt, und ich kippte nach rechts um. Da lag ich nun auf der Seite im feuchten Dreck, festgebunden am Handbike, und dieses auch auf dem Bremsenausleger mit dem Scheibenbremshebel, dem empfindlichsten, bruchgefährdetsten Punkt meines ganzen Gefährts!

Zum "Absteigen" vom Handbike die ganzen Befestigungen zu lösen (Bauchgurt und Gürteltasche, Beinschlaufe und Fixierungsklettband für die Fußraste) funktionierte zwar auf der linken, oben liegenden Seite noch einigermaßen, stellte sich aber als echtes Problem beim rechten Bein unter dem Rad heraus - zumal ich Angst hatte, meine Bremsenkonstruktion ernsthaft zu beschädigen. Es dauerte eine geraume Weile auf dem nassen Untergrund, bis ich mich befreit hatte. Wie ich danach aussah, muß ich wohl nicht explizit beschreiben ... Zum Glück gab es jedoch keine Schäden am Bike, und nach ein paar Anläufen schaffte ich es auch wieder ganz allein auf den Sitz meines Handbikes. Gerade rechtzeitig übrigens, weil just in diesem Moment mir zwei Frauen mit Hund entgegenkamen, die mich schließlich auf meine Bitte hin bereitwillig aus der tiefen Senke schoben.

Gott sei Dank erlebe ich solche unangenehmen Überraschung nur extrem selten, doch diesmal war es offensichtlich mal wieder an der Zeit. Das Gelände auf der Baustelle hatte ich einfach unterschätzt und mußte dafür mit ein paar stressigen Minuten bezahlen. Sonst ging es jedoch glimpflich aus.

Nach dieser Entfesselungs-Aktion gab es an diesem Tag nichts mehr zu beanstanden, und während der Fahrt nachhause ergab sich sogar noch ein netter Schwatz mit einem Rennradler aus Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge, der gerade den Elberadweg erkundete.

Lektion gelernt!

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