Drei Touren und eine (unangenehme) Überraschung, so die Bilanz meiner 44. Kalenderwoche der aktuellen Handbikesaison. Die Konsequenzen für mein Gefährt kann ich noch nicht abschätzen, doch könnten einige Entscheidungen anstehen, die ich mir gern erspart hätte.
Zum Reformationstag bin ich wieder mal mit dem Handbike hinauf ins Osterzgebirge gefahren. Bevor erst die Kälte und dann der Schnee kommt, wollte noch noch einmal zum höchsten Punkt in unserem Landkreis, dem Kahleberg mit 905,1 m ü. NHN. Die Aussicht ist etwas tiefer gelegen auf rund 900 m.
Dafür wählte ich wählte den klassischen Anstieg von Norden über das Müglitztal, wobei ich diesmal ohne den kurzen Zwischenanstieg via Köttewitz direkt aus dem Elbtal kam. Streicht man dabei meine Anfahrt nach Heidenau, bin ich also ab dem Elberadweg (Höhe 116 m ü. NHN) so ziemlich genau 45 km bergauf bis zum Aussichtspunkt auf dem Kahleberg gefahren. Das ist eine der längsten möglichen Strecken in unserer Region, auf der es durchweg aufwärts geht. Ab Pirna waren es sogar knapp über 50 km bis zum Gipfel.
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Blick vom Kahleberg nach Norden über die Galgenteiche (Aufnahmeort) |
An diesem Tag spürte ich zum ersten Mal die kommende Kälte. Bei dichter Bewölkung herrschten am höchsten Punkt nur 8-9°C, auch für mich durchaus kein Wohlfühlklima. Darum hielt ich mich dort nicht lange auf, sondern fuhr bald wieder los. So, wie ich dabei an Höhe verlor, wurde es wärmer. Auch die Sonne zeigte sich nun, sodaß ich noch in Dresden für ein paar zusätzliche Kilometer auf die andere Elbseite wechselte. Als ich viertel Vier zuhause ankam, lag erneut eine schnelle Rund hinter mir.
Der 1. November war für mich zwar kein Brückentag, doch mache ich freitags im Homeoffice sowieso schon zeitig Feierabend. Lt. der Wetterprognosen sollte es der letzte wärmere und zugleich sonnige Tag sein. Deshalb gönnte ich mir auch keine Pause und setzte mich kurz nach Mittag auf's Rad. Halbtags sind hundert Kilometer nun zwar nicht mehr vor Anbruch der Dunkelheit zu schaffen, doch um mein angestrebtes Wochenziel zu erreichen, gab ich mich auch mit 70 km, minimal jedoch 41 km zufrieden.
Erneut war ich gut in Schwung. Bis Bad Schandau, dann nahm meine Fahrt ein abruptes Ende. Als ich auf der Linksabbiegerspur der Zufahrtsstraße aus Richtung Rathmannsdorf an der Kreuzung vor der Brückenauffahrt wartete, rammte mich von schräg hinten ein Kleintransporter. Er war mir zuvor sehr dicht aufgefahren und hatte mich daher nicht mehr gesehen, weil ich mich nun bereits außerhalb seines Sichtsfelds unterhalb der Motorhaube befand. Auch meine Flagge war ihm nicht aufgefallen. Es ruckelte, es schepperte, doch bevor er schließlich den Zusammenstoß bemerkte und anhielt, war mein linkes Hinterrad schon Schrott. Bei diesem Zeitlupen-Unfall war mir selbst zwar nicht passiert, aber ich hockte zunächst ziemlich hilflos in meinem demolierten Handbike auf der Straße.
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Nach dem Unfall - schon auf der Verkehrsinsel (Aufnahmeort) |
Erfreulicherweise kamen sofort mehrere der gerade Anwesenden zur Unfallstelle und boten mir ihre Unterstützung an. Auch ein Zeuge gab mir schnell seine Kontaktdaten und blieb noch eine ganze Weile vorort. Zunächst wurde ich in meinem Gefährt auf eine Verkehrsinsel getragen, auch der Unfallverursacher räumte die Kreuzung und fuhr an die Seite. Ihn hatte der Vorfall mental sichtlich mitgenommen, sodaß ich ihm eigentlich nicht so richtig böse sein konnte. Auch zeigte er sich sofort kooperativ und bot mir an, mich und mein nicht mehr fahrtaugliches Handbike nachhause zu bringen. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir endlich abfahrbereit waren. Während dieser Zeit kamen immer wieder Leute zu uns, um wegen möglicher Hilfe nachzufragen bzw. um beim Aufräumen und Verpacken zu helfen. Diese Anteilnahme fand ich wirklich sehr nett! Zum Schluß wurde ich von den Sanitätern eines hinzugekommenen Krankenwagens noch in einem Krankenstuhl zum Auto gerollt - eine tolle Show für alle Autofahrer, die gerade vorbeikamen ...
Bereits auf der Heimfahrt im Auto überlegte ich mir, wie es nun weitergehen könnte. Die Versicherungsfragen sind das eine - hier muß der Autofahrer aktiv werden. Doch wie komme ich an ein neues Hinterrad?! Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die Felgengröße (Hohlkammerfelge 24-Loch für ERTRO 23-571) inzwischen so unüblich ist, um unkompliziert Ersatz zu erhalten. Mein Fahrradmechaniker bei Bike24 kann mir damit jedenfalls nicht helfen. Nun hoffe ich auf den Hersteller, doch auch er scheint diese Felgen sowie das Befestigungssystem über Steckachsen nicht mehr beim Bau seiner Handbikes zu verwenden. Das Thema wird mich daher wahrscheinlich mehr beschäftigen, als mir lieb ist.
Immerhin gab es auch etwas Positives im Nachgang. Als ich mir vor Jahren Gedanken zum Rollstuhltransport im Handbike machte, bemerkte ich, daß meine Rollstuhlräder mit deren Steckachsen ohne weiteres auf die Steckachsenadapter meines Handbikes paßten. Am Freitagabend probierte ich das natürlich sofort aus, und es funktionierte tatsächlich! Somit kann ich die Räder meines Zweit-Rollstuhls nun erst einmal als Notbehelf für mein Handbike verwenden. Diese sind zwar nur 24'' statt der originalen 26'' groß, doch in der Fahrpraxis macht sich das nicht spürbar bemerkbar. Wenn die Greifreife nicht noch an den Rädern wären, würden Außenstehende den Unterschied wahrscheinlich gar nicht bemerken ...
Nach einem nassen Morgen brach ich gestern gleich zu einer Testfahrt auf. Die führte mich zuerst zu Freunden, wo mir Gerald außerdem meinen am Ende aufgespleisten Glasfaserstab für die Flagge fachmännisch kürzte, damit ich ihn wieder in der dafür vorgesehenen Halterung verankern konnte. Danach sammelte ich auf moderater Strecke noch ein paar Höhenmeter bevor ich die letzten 40 km auf dem Elberadweg nachhause fuhr. Als ich zwanzig Minuten nach Sonnenuntergang schließlich zuhause eintraf, war ich sehr zufrieden. Denn meine Rolliräder am Handbike hatten sich nicht nur als guter Ersatz bewährt, sondern ich konnte trotz des Unfalls auch alle meine Vorgaben erfüllen.
Nun hoffe ich inständig, daß es bald eine gute Lösung zur Beseitigung der Unfallfolgen an meinem Handbike gibt. Ewig will/kann ich ja nicht mit Rollstuhlrädern fahren.