11. Juli 2021

Tantalus

Gestern bin ich den neunten und voraussichtlich letzten Langen Kanten der Saison gefahren - das sind damit nun mehr als selbst im bisher erfolgreichsten Jahr 2020.

Dabei wurde mir jedoch nichts geschenkt. Zwar war die Witterung für solcherart Vorhaben erneut nahezu optimal - nicht zu warm und nur wenig Wind - dafür hatte es aber die Strecke vor allem auf den ersten 80 km ganz schön in sich. Es gab nämlich diesmal keine langen Anstiege, sondern viele kleinere Rampen mit teilweise ziemlich hohen Steigungsprozenten. Das Sägezahnprofil mit lauter kleinen Zacken spricht da eine deutliche Sprache ...

Jedenfalls ging das alles nicht spurlos an mir vorüber, und natürlich spielte der Kopf dabei wieder eine nicht zu unterschätzende Rolle. Immerhin kannte ich die Anfahrt nach Freiberg bereits und wußte genau, was mich bis dahin erwartet. Also war das "selbstverschuldetes Elend", doch gerade deswegen stelle ich mich ja diesen Herausforderungen. Auf dem Elberadweg hin- und zurückfahren kann jeder ...

Selbst hinter Freiberg erwarteten mich noch viele Berge, einer davon durchaus ungeplant. Denn im Striegistal wurde mir die einfachste Variante durch den Steinbruch des Hartsteinwerks Berbersdorf unmöglich gemacht (s. Track vom 10.07., km 80,7). Ein verschlossenes Tor und unmißverständliche Hinweise zwangen mich zur Umkehr und zusätzlichen Höhenmetern.

Einige Kilometer nach Döbeln luden mich einige prall mit Früchten behangene Kirschbäume zum Verweilen ein. Schon einmal an diesem Tag - kurz vor Obercunnersdorf (s. Track vom 110.07, km 37,4) - standen unmittelbar am Straßenrand Kirschbäume mit mehr rot als grün in den Ästen. Dort konnte ich jedoch nichts ausrichten. Die Zweige hingen zwar so tief herab, um diese vom Handbike aus zu erreichen. Doch aus der Nähe besehen, machte es letztlich ein Straßengraben und der unbefestigte Seitenstreifen sehr riskant, nach den Kirschen mit den Händen zu angeln. Irgendwie erinnerte mich das an Tantalus, der als Strafe der Götter weder die Früchte über seinem Haupte greifen, noch das Wasser, in welchem er stand, trinken konnte. Qualen mußte ich gestern allerdings deswegen keine erleiden, und beim zweiten Versuch am Ortsausgang von Lüttewitz (s. Track vom 110.07, km 107,5) war ich endlich erfolgreich. Auch, wenn ich "nur" an gelbe Kirschen rankam. Eine Frau, die dort gerade mit ihrem Hund spazierte, fragte mich, ob man das Obst von den Bäumen überhaupt essen könne. Dumme Frage!!! 

Ein Kornfeld vor der Windmühle von Ebersbach -
fast wie in alten Tagen (Aufnahmeort)
Als ich endlich Meißen erreicht hatte und beim Aufstieg aus dem Elbtal an den Elblandkliniken vorbeifuhr, kam mir außerdem spontan die Idee, dort meine inzwischen bedrohlich zur Neige gehenden Flüssigkeitsvorräte aufzufüllen. Die Dame an der Rezeption und der Wachmann schauten zwar etwas verdutzt, aber letzterer füllte mir liebenwürdigerweise meine Flasche mit eiskaltem Trinkwasser auf. Sogar mit Sprudel! Während der Freßpause bei dieser Gelegenheit wurde auch mein Tatendrang neu geweckt.

Die letzten 50 km und somit der Abgesang der Tour erwiesen sich einmal mehr als Fleißaufgabe. Allmählich zählte ich währenddessen hautsächlich die Höhenmeter, denn Berge hatte ich inzwischen ausreichend absolviert. In Rossendorf packte ich schließlich mein Geleucht aus, damit mich zum Schluß nicht noch die Autofahrer in der Dämmerung über den Haufen fahren. Punkt 22.00 Uhr war der Ausflug Geschichte.

Den statistischen Wochenschnitt rettete mir meine Freitagsrunde. Eigentlich sollte an diesem Tag der angekündigte MDR-Dreh stattfinden, doch nach der übereinstimmend verheerenden Wetterprognose einigten wir uns  auf eine Verlegung des Termins. - So schlimm kam es dann jedoch nicht. Nach dem Abzug des Regens startete ich deshalb schließlich gegen 10.15 Uhr zu einer Handbiketour.

Es wurde eine schnelle Runde, welche noch viel entspannter hätte enden können, wenn ich gegen 15.45 Uhr ein paar Minuten länger unter dem schützenden Dach eines Buswartehäuschens in Ullersdorf geblieben wäre. Denn da näherte sich mir gerade eine tiefschwarze Wolkenbank, so daß ich dort einen Zwischenstop einlegte. Nachdem ich jedoch das Wetterradar überprüft hatte und auf dem Handydisplay nichts Auffälliges zu sehen war, entschied ich mich zur Weiterfahrt. Eine echte Dummheit, denn wenige hundert Meter darauf öffnete der Himmel seine Schleusen. Schon nach kurzer Zeit schützte mich das dichte Blätterdach meines Zufluchtsortes am Straßenrand nicht mehr, so daß ich gründlich durchgespült wurde. Diese 10 Minuten mußten eigentlich nicht sein, weil danach die Wolken am Himmel wieder ganz unschuldig aussahen. Fazit: Öfter mal dem eigenen Bauchgefühl Vorrang vor irgendwelchen medialen Errungenschaften geben!

Am Folgetag war noch längst nicht wieder alles trocken.

Track der Handbiketour vom 09.07.2021
Track der Handbiketour vom 10.07.2021

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