In den vier Wochen rund um die Sonnenwende reicht das Tageslicht nun ebenfalls für solche langen Ausfahrten, sofern nicht irgendwelche unvorhergesehene Dinge passieren. Allerdings wird es inzwischen oft sommerlich warm. Wenn es dazu - wie an diesem Tag - sehr schwül ist und die Sonne drückt, kann die Fahrt auch zur Tortur werden.
Vorausschauend bin ich gestern also wieder bei Sonnenaufgang losgefahren. So hatte ich wenigstens zwei Stunden lang einigermaßen akzeptable Bedingungen. Danach wurde es unangenehmer. Noch mehr als sonst entzog die feuchte Hitze dem Körper Flüssigkeit, mehr oder weniger schwamm ich permanent im eigenen Saft. Ich hatte zwar fast 2,5 l Flüssigkeit mitgenommen, doch die würden trotz meiner fast sprichwörtlichen Sparsamkeit über den Tag nicht reichen. Ich spekulierte also schon von Anfang an auf die Möglichkeit, meine Vorräte wieder auffüllen zu können.
Nach den anspruchsvollen ersten 85 km, während der ich bereits meine 1l-Wasserflasche fast vollständig geleert hatte, ging es endlich den langen Anstieg aus Eichgraben hinauf in Richtung Lückendorf. Lt. Karte führt dieser Abschnitt durch Wald. Leider war die Schneise für die Straße jedoch so breit, daß ich auch hier permanent die Sonne auf's Dach bekam. Völlig unerwartet und wie eine Fata Morgana tauchte indes am Straßenrand ein Haus auf, zu dem die König-Albert-Quelle gehört (s. Track vom 13.6., km 86,6). Dort füllte gerade ein Einheimischer Wasserflaschen für den Eigenbedarf ab. Das war perfekt - allein hätte ich nämlich den Wasserhahn nicht ohne weiteres erreichen können. So konnte ich nicht nur gleich vorort etwas trinken, sondern auch meine Flasche danach wieder auffüllen lassen. Dankeschön!
Trotzdem mußte ich hier erstmals während der Tour kurze Erholungspausen bei der Auffahrt einlegen, obwohl die Straße an sich gar nicht so steil ist. Aber die Sonne und die Schwüle belasteten mich so sehr, daß ich nicht anders meine hohe Herzfrequenz in den Griff bekam. Noch immer lagen knapp 125 km vor mir ...
Kurz nach Mittag hatte ich endlich diesen Scharfrichter bewältigt. Viele Kilometer Abfahrt bzw. relativ flaches Gelände folgten nun, doch jeder noch so kleine Gegenanstieg forderte seinen Tribut. Von der Straße nach Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí) aus sah ich im Osten am Horizont den Jeschken (Ještěd) in nicht allzu großer Entfernung. Auch dorthin habe ich schon einmal einen Ausflug mit dem Handbike von zuhause aus unternommen, das war eine ernstzunehmende Herausforderung.
Im flachen Gelände zog sich nun die Fahrt ziemlich in die Länge. Bis Niemes benötigte ich mehr Zeit, als zunächst angenommen. Auch im Wald hinter Kummer (Hradčany) mußte ich umdisponieren, da sich die eigentlich geplante Strecke als unbefahrbare Sandpiste entpuppte. Letztlich kam ich dadurch gar nicht nach Böhmisch Leipa (Česká Lípa), sondern fuhr südlich an der Stadt vorbei. Den letzten ernstzunehmenden Anstieg umging ich dabei allerdings nicht. Bis auf über 400 m NHN mußte ich mich noch einmal hinaufquälen. Angesichts der Temperaturen (35°C in der Sonne, 29°C im Schatten) und der hohen Luftfeuchte hielt sich meine Begeisterung dafür diesmal in Grenzen. Zudem drohten nun heftige Unwetter. Obschon mir ein Berg den freien Blick nach Nordosten versperrte, kam doch das Donnern immer näher und setzte mich zusätzlich unter Druck. Dieser Abschnitt (s. Track vom 13.6., km 136,8 - 143,9) raubte mir wirklich beinahe den letzten Nerv!
Mein einziges Ziel war es, hinunter nach Oberpolitz (Horní Police) zu gelangen, wo ich eine öffentliche Trinkwasserstelle kannte. Daß das Druckventil nur mit viel Kraft betätigt werden konnte und man beim Füllen der Flasche aufgrund der Mechanik naßgespritzt wurde, war eindeutig das kleinere Übel.
Anschließend ging es so schnell wie möglich im Tal des Polzen (Ploučnice) westwärts nach Tetschen (Děčín) ins Elbtal. Im Rücken bauten sich die Gewitter auf, es war dort inzwischen rabenschwarz. Auch rechts von mir sah es bedrohlich aus und die ersten Blitze zuckten schon. Doch ich wollte wenigstens noch so weit wie möglich im Trockenen kommen. Selbst für einen kurzen Fotostop nahm ich mir nicht die Zeit. Dabei wirkte die Szenerie mit den Bergen, Tälern und Ortschaften unter schwarzem Himmel durchaus fotogen. In einer solchen Situation muß man eben Prioritäten setzen.
Als ich es dann bis nach Hause schaffte, ohne ein einziges Mal naß zu werden, war ich ziemlich perplex. Zumal der nasse Elberadweg und große Pfützen davon kündeten, daß sich hier die Regenwolken kurz zuvor entladen hatten. Aber - wie schon mehrmals auf früheren Touren - bin ich immer dort unterwegs gewesen, wo es nicht regnete.
Das Glück des Tüchtigen!
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