28. Juni 2020

Auf der Hut

Nach dem gestrigen Ausflug brauche ich unbedingt einen Ruhetag. Dabei verlief meine erste Tour am Freitag noch recht entspannt. Ein Freund hatte anläßlich seines Geburtstags in ganz kleiner Runde abends in den Fährgarten Dresden-Johannstadt eingeladen, einem sehr beliebten Biergarten am Elberadweg. Natürlich wollte ich dorthin nicht mit Auto fahren, aber auch nicht auf dem einfachsten Weg entlang der Elbe. Das hob ich mir für den Rückweg auf.

Da es bereits früher Nachmittag war, als ich aufbrach, wurde es nur eine kleinere Runde. Immerhin kam ich bis zum Wilisch, ein ganzes Stück südlich von Kreischa. Immer die Uhr im Blick, um zur vereinbarten Zeit in Dresden zu sein, dehnte ich meine Tour noch bis Rabenau aus, bevor ich im durch Freital im Weißeritztal zurück zur Elbe fuhr. Am Felsenkeller bog ich auf der Suche nach einem Verbindungsweg noch einmal kurz rechts ab, weil ich eine alternative Strecke hinauf nach Coschütz testen wollte. Auf dem letzten Stück wurde dieser Weg allerdings sehr steil, und kleine Absätze machten zusätzlich die Weiterfahrt unmöglich. Bergab würde es vielleicht funktionieren, doch die unweit gelegene Verbindung über die Heidenschanze ist sicher besser. Dort kann man als Handbiker lediglich den Fußgängertunnel aufgrund der Stufen nicht (mehr) nutzen, sondern muß einen größeren Umweg fahren.

Später machte ich es mir mit meinen Freunden auf der Wiese am rammelvollen Fährgarten auf der Decke gemütlich. Beim Schwatzen und Essen wurde es ziemlich spät, bevor ich mich schließlich kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf den Heimweg machte. Aber diesmal hatte ich ja Licht mitgenommen ...

Trotzdem ging es am nächsten Tag relativ zeitig auf die Piste. Die ersten 40 km mit der Fahrt über den höchstgelegenen Teil des Elbsandsteingebirges - es bildet hier bei Schneeberg (Sněžník) quasi die Fortsetzung des Erzgebirgskamms in Richtung Osten - rollte es ganz gut. Doch kurz nach meiner Ankunft im Elbtal schlug dann die Hitze erbarmungslos zu. Zwar hatte ich zuvor unterhalb des Hohen Schneebergs (Děčínský Sněžník, 723 m NHN) auch schon fast 600 m über Seehöhe erreicht. Doch der zweite große Anstieg von Tichlowitz (Těchlovice) hinauf nach Reichen (Rychnov) ist nicht ohne Grund unter Radsportlern berüchtigt. Dazu stand die Sonne inzwischen so hoch, daß selbst außerhalb der Siedlungen der Wald nicht mehr schützen konnte. Dieser Glutofen hatte zu dieser Zeit eher das Ambiente eines Sado-Maso-Studios. Die letzten zwei Kilometer wurden für mich die Hölle, durch die ich mich nur noch stückweise hocharbeiten konnte.

Meine Flüssigkeitsvorräte waren bereits bedrohlich dezimiert, als ich endlich kurz vor dem Mittag oben in Reichen (Rychnov) ankam. Auf der Suche nach der vermuteten Quelle fuhr ich zum Dorfplatz, auf welchem gerade die Vorbereitungen für ein an diesem Tag stattfindendes Fest im Gange waren. Leider konnte ich dort noch nichts kaufen, doch der freundliche Chef des Ganzen bot mir Trinkwasser aus einem großen Kanister an. Den ersten halben Liter leerte ich auf Ex, auch ein weiteres Glas Wasser paßte mühelos in meinen Bauch. Während unserer Unterhaltung bekam ich gleich noch meine Wasserflasche aufgefüllt. Der gute Mann konnte es gar nicht richtig fassen, wie ich diese Rampe aus dem Elbtal so ganz ohne Motor hinaufgekommen bin.

Auf der nun folgenden langen Abfahrt erholte ich mich wieder etwas, doch schon am nächsten Anstieg hinter Sandau (Žandov) litt ich erneut unter dieser glühenden Hitze. 14.30 Uhr hatte ich es bis Rosendorf (Růžová) geschafft. Dort wollte ich unbedingt auf den Hutberg (Pastevní vrch), der inzwischen nicht zuletzt wegen des neuen Aussichtsturms überregional bekannt ist. Nach dem intensiven Kartenstudium vermutete ich, daß ich es allein mit dem Handbike bis knapp unterhalb des Gipfels schaffen könnte. Es war dann aber doch nicht so einfach. Ohne Hilfe kam ich bald nicht mehr weiter. Glücklicherweise machten bei diesem schönen Wetter viele Wanderer einen Abstecher zum Gipfel, und die ersten, die mich überholten, waren zwei tschechische Mädels. Bereitwillig halfen sie mir, und weil ich bißchen ein schlechtes Gewissen hatte, ließ ich sie ziehen, als es danach etwas besser wurde. Trotzdem mußte ich mir kurz darauf noch einmal helfen lassen - und wieder waren es zwei nette und hübsche junge Tschechinnen. Ich denke, mein Tschechisch ist in solchen Fällen unbedingt von Vorteil...

Auf dem Hutberg oberhalb von Rosendorf
(Aufnahmeort)
Die Fahrt auf den Hutberg (dessen Name leitet sich vom Hüten - Schafen, Kühe - ab) war natürlich der absolute Höhepunkt des Wochenendes. Diesen Ort haben ganz gewiß noch nicht so viele Rollifahrer erreicht. War die Auffahrt schon nicht ohne Hilfe im Handbike zu schaffen (wegen der fehlenden Bodenhaftung selbst nicht mit e-Motor-Unterstützung), so stellte außerdem die Abfahrt eine Herausforderung dar. Auf der teilweise seitlich abschüssigen Wiesenpiste, drohte ich nicht nur einmal umzukippen, was ich nur mit enormer seitlicher Gewichtsverlagerung durch Herauslehnen und gleichzeitig entsprechend langsamem Heruntertasten verhindern konnte.

Nach diesem Abenteuer war die Tour gelaufen. Am Ende mußte ich mich jedoch auf dem Elberadweg sputen, um nicht noch in ein Gewitter zu kommen. Pünktlich mit den ersten Regenschauern erreichte ich aber trocken mein Zuhause. Dumm nur, daß gerade der Strom ausgefallen war und ich deshalb eine dreiviertel Stunde vor dem Haus warten mußte, bis der Aufzug wieder funktionierte.

Aber das gehört nicht mehr zur Geschichte.

1 Kommentar :

Láďa hat gesagt…

Co říkal Lenin? Učit se, učit se, učit se! 😁
Ale jsi dobrý, to je hrozný kopec do Rychnova a v tom vedru, ani nemluvím. 😏