9. Oktober 2020

E-(Hand)Bike - eine Glaubensfrage?

Abgesehen von meinem Ventoux-Bericht des Vorjahres sollte wohl jeder spätestens seit dem Blogeintrag über die Befahrung der Grossen Scheidegg meine unnachgiebig ablehnende Haltung gegenüber elektrischen Antriebshilfen im Radsport bemerkt haben. Manchen werden die harschen Worte dazu vermutlich befremden, doch obwohl es nicht nötig ist, mich dafür zu rechtfertigen, will ich wenigstens nachfolgend die Gründe für meine Einstellung darlegen.

Zunächst einmal: ich bin als RadSPORTLER aktiv. Zum Sport gehört Leistung, und damit verbunden Anstrengung. Wenn ich beim Handbiken nicht ins Schwitzen komme, habe ich etwas falsch gemacht - sage ich immer. Klar erfordert es viel Zeit und Training bzw. Fahrpraxis, bis man auch längere und / oder bergigere Strecken bewältigen kann. Denn sicherlich werden die wenigsten Leute solche Touren, wie ich sie derzeit regelmäßig fahre, einfach mal so aus dem Stand durchziehen. Aber auch bei mir ging es ja nicht von jetzt auf dann; immerhin fahre ich mittlerweile schon seit mehr als 21 Jahren im Handbike.

E-Rennrad für Warmduscher mit Größenwahn:
Geht's noch?!
Hingegen sind E-Bikes m.E. am ehesten eine sinnvolle Alternative für Genußradler oder Arbeitspendler, bei denen sportliche Aspekte NICHT im Vordergrund stehen. Zusätzlich fällt für mich auch die E-Handbikeunterstützung für Tetraplegiker darunter, gleichwohl es ihnen damit in vielen Gebieten überhaupt erst möglich wird, Rundtouren zu fahren. Man denke dabei beispielsweise nur an einen kurzen, steilen Anstieg, der eine sonst ohne Unterstützung fahrbare Strecke "zerhackt". Zu überlegen ist weiterhin der Einsatz von E-Bikes, wenn die Leistungsunterschiede in der Gruppe sehr groß sind und man trotzdem gemeinsam Touren unternehmen möchte. Die Frau meines tschechischen Kameraden begleitet uns hin und wieder auch mit ihrem E-Bike. Was Elektroräder mit Umweltschutz zu tun haben, erschließt sich mir trotzdem nicht. Mittlerweile sollte es sich ja herumgesprochen haben, welche Umweltmonster die Akkus sind.

Im wesentlichen läßt es sich auf zwei Punkte zurückführen, warum ich E-Biker nicht als vollwertige, gleichberechtigte Sportler akzeptiere:

1. Körperliche Leistung. Bei den heutigen E-(Hand)Bikes ist es Standard, daß sich der elektrische Antrieb automatisch zuschaltet, sobald die  Steuerelektronik Unterstützungsbedarf feststellt. Natürlich kann man das auch abschalten, aber wozu dann sonst das zusätzliche Gewicht für Akku und Motor mitschleppen? Im genannten Fall steht also die Frage im Raum, wo die eigene Leistung beginnt und ab wann der Motor die Arbeit verrichtet. Gerade weil die Grenzen dabei fließend sind, wird sich das nie exakt feststellen lassen. Die klassische Leistungsmessung kann das jedenfalls nicht, und selbst die Herzfrequenz ist von so vielen anderen Faktoren abhängig, um überhaupt als Meßgröße aussagefähig zu sein. Eine mit dem E-Bike gefahrene Strecke ist nie das Ergebnis ausschließlich selbst erbrachter Leistung!

2. Einstellung / Motivation. Nicht erst mit dem Aufkommen der E-Bikes und ihrer seuchengleichen Verbreitung beobachte ich, wie sich in der Gesellschaft grundlegende Einstellungen wandeln. Begünstigt durch technische Entwicklungen, greift als Ergebnis dieser so oft und repetitiv propagierten Individualität (um jeden Preis) ein immer hemmungsloserer Hedonismus um sich - "Ich will alles, gleich sofort, aber ohne Anstrengung!" Dabei darf allerdings auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Das jedoch ist es, was einfach nicht zusammenpaßt. Anstrengung hat per se nichts mit Spaß zu tun - es sei denn, man ist masochistisch veranlagt. Und je mehr man erreichen möchte, umso mehr muß man sich anstrengen. Auch klar, zumindest für mich. Die (nachträgliche) Freude über eine erbrachte Leistung wird hier einer augenblicksbezogenen Bespaßung geopfert, ohne ein nachhaltiges Gefühl der Zufriedenheit zu erzeugen. Solche Spaß-Erlebnisse verblassen in der Erinnerung schneller, als eine Schneeflocke auf dem Fensterbrett taut.

Für mich widerspiegelt der Trend zum E-(Hand)Bike nicht zuletzt die aktuelle mentale Verfassung vieler Menschen, Stichwort "Spaßgesellschaft". Diese ist jedoch diametral entgegengesetzt zu den von mir als erstrebenswert betrachteten Eigenschaften, die eine in sich gefestigte und damit gegenüber äußeren (negativen) Einflüssen resistente Persönlichkeit ausmachen. Das klingt hochtrabend, wird beim Nachdenken darüber aber umso verständlicher. Nur muß sich ein jeder selbst die Mühe machen.

Aber das hatte ich schon geschrieben ...

4 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Was für ein sinnloser, verbitterter Rant. Soll doch jeder sich so betätigen, wie er will.

Veit hat gesagt…

Normalerweise nehme ich Kommentare von Absendern, die nicht einmal mit ihrem Namen zu ihrer Meinung stehen, gar nicht ernst. Aber abgesehen davon davon, daß Sie offensichtlich die Intention des Beitrag nicht verstanden haben, ist Ihr Text nun wirklich absolut inhaltsfrei. Beispielsweise hätte mich Ihre Argumente interessiert, die für E-biken als Sport sprechen. Und um verbittert zu sein, habe ich gar keinen Grund - da scheinen Sie eher eigene Befindlichkeiten auf mich zu projizieren.

Noch einmal: ich bin zwar kein Fan von E-(Hand)Bikes, toleriere jedoch bestimmte Einsatzbereiche und Anwendungsfälle. Das steht alles in meinem Post. Nur mit SPORT hat Radfahren mit Elektroantrieb nichts zu tun. Schließlich ist das für mich nichts anderes, als eine technische Form des Dopings. Das, was der Anwender nicht selbst zu leisten imstande oder willens ist, versucht er durch zusätzliche Unterstützung zu erreichen.

Im Radsport geht es bei Doping oft um viel Geld, um den eigenen Lebensunterhalt. Bei E-(Hand)Bikefahrern, die sich selbst als Sportler sehen, wird es wohl hauptsächlich um das eigene Ego gehen. Genauer: um Anerkennung für eine Leistung, die man selbst sonst nie erbracht hätte. Letztlich kann sich jeder nennen, wie er will - ich habe in dem Beitrag nur meine eigene Ansicht dargelegt und wieso ich darauf komme. Nicht zuletzt machen sich ja solche Leute selbst etwas vor, und der Wert der erhaltenen Anerkennung relativiert sich, weil diese entweder aus Unwissen ("ich kenne keinen Behinderten, der so tolle Touren fährt") oder Mitleid bzw. Nachsicht wegen des offensichtlichen Handicaps ("Ach, ist das toll, was der arme Behinderte noch dank der Technik so kann") gezollt wird. Ignoranten bin auch ich schon mehr als genug begegnet. Ironischerweise sind das oft solche farblosen / faden Zeitgenossen, daß IHNEN eigentlich MEIN Mitleid gelten müßte.

Zu Schluß noch eine letzte Frage zum Thema Sport: Hat jemand schon einmal E-Rolli-Wett"läufe" als sportliche Disziplin erlebt, oder (seriöse, nicht von Touristikern initiierte) Radrennen mit E-Bikes?

Die meisten Radsportler haben übrigens eine ähnliche Haltung gegenüber technischer Unterstützung am Fahrzeug. Sie sollten einfach mal mit den Leuten reden ...

Anonym hat gesagt…

Vielleicht geht es den Leuten mit E-Unterstützung gar nicht um den puren Ausdauersport (Was in meinem Ursprungskommentar auch 0 vorkam)? Mit einem versicherungspflichtigen E-Bike (bis 45km/h) bekommt man auch eine ordentliche Ladung Adrenalin.

Was hat denn dann z.B. auch Downhill-Mountainbiking mit ihrer Definition von Sport zu tun, die sich mit einem Skilift hochfahren lassen nur um dann einen Parcour herunterzurasen?

Dass ihre Leistungen unter den Hobby-Handbikern herausstechen ist klar, aber das ist kein Grund sich hinzustellen, sich für etwas Besseres zu halten und die Freizeitbetätigung von anderen Menschen lächerlich zu machen. Man sollte jeden Anwendungsfall tolerieren, denn Toleranz ist die geringste Form der Akzeptanz. Aber Pauschalisieren ist ja ein großer Trend in den heutigen Zeiten.

Und ja, es gibt die World E-Bike Series, die auch Teil des offiziellen UCI Kalenders ist.


Naja, Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut und bei einem Blog mit anonymer Kommentar-Möglichkeit muss man auch mit konträren Meinungen rechnen.

Veit hat gesagt…

Ja genau, mit einem E-Bike kann man jede Menge Spaß haben und sich auch den besonderen Kick verschaffen. Das stelle ich doch gar nicht in Abrede.

Sport - ich schrieb es bereits mehrmals - hat für mich etwas mit Anstrengung zu tun. Egal, ob das beim Downhillfahren nötig ist, um sich auf dem Rad zu halten oder angestrengtes Nachdenken beim Schach. (Von puren Downhillern, wie Sie es beschreiben, bin ich aber auch nicht sonderlich begeistert.) Ich will auch nicht bezweifeln, daß sich E-Biker ebenfalls anstrengen müssen, zumindest in einem gewissen Rahmen. Aber im Vergleich mit Radfahrern ohne Zusatzantrieb, ist es einfach nicht fair, fehlende Kraft und Ausdauer durch einen Motor zu kompensieren und sich trotzdem als Sportler zu bezeichnen.

Sie werden es nicht wissen, aber im ersten Leben war ich leidenschaftlicher Bergsteiger (nicht nur) im Elbsandsteingebirge. Dort gelten schon beinahe seit Anbeginn des Klettersports sehr strenge Regeln, welche die Verwendung von künstlichen Hilfsmitteln zur Fortbewegung am Fels gleichsam verbieten. Im Höhenbergsteigen nannte man das später "by fair means", wenn auf die Verwendung von Flaschensauerstoff bei der Besteigung der Achttausender verzichtet wurde. In beiden Fällen hat sich inzwischen längst die Technisierung des Sports, gegen die sich dieses Vorgehen richtete, als Sackgasse erwiesen. Denn es war bzw. ist weder nachhaltig, noch bringt es den Sport voran.

Genau in dieser Tradition sehe ich mich, und zwar, ohne sich dabei für etwas Besseres zu halten oder die E-Bike-Fahrer pauschal herabzuwürdigen. Nur sind es für mich eben keine Leute, mit denen ich mich vergleiche bzw. die mit mir auf Augenhöhe SPORT treiben. Zwei Welten, die in meinen Augen hinsichtlich der Motivation eben nicht zusammenpassen ...

Noch eine Bemerkung: tatsächlich habe ich auch schon von Wettkämpfen mit E-Bikes gelesen - mit Verständnislosigkeit. Wer gewinnt dort: der mit dem stärksten, ausdauerndsten Motor? Oder, etwas sachlicher: wohl der mit der besten Fahrtechnik, mit der besten Reaktionszeit. Freilich, Formel-1-Rennen werden ja auch als Sport bezeichnet, weil dabei genau die letztgenannten Fähigkeiten entscheidend für den Erfolg sind. Das sind jedoch nicht die Eigenschaften, die ich als wesentlich im Radsport betrachte. Insofern bewege ich mich in einem ganz anderen Wirkungskreis. Und das hat nun gewiß nichts mit meinen eigenen sportlichen Leistungen zu tun, die ich gar nicht so herausgestellt wissen will.

Für mich hat jemand, der sein Rad den Berg hinauf auch mal schiebt, weil er ihn im Sattel nicht schafft, mehr Respekt verdient, als derjenige der sich damit brüstet, 70 km zu fahren, obwohl er das nur aufgrund seines e-Bikes schafft. Um ehrlich zu sein ("ich schaffe diesen Berg nicht mit dem Fahrrad"), braucht man nämlich Mut. Und Gelassenheit.

Sport frei!