4. August 2021

Bremsbelagfresser

Weil die Schweiz wieder von Dauerregen heimgsucht werden sollte und mein Sportfreund Rudy deswegen unser Treffen endgültig abgesagt hatte, verzichtete ich auf weitere Touren vom Rhonethal aus. Meine nächsten Ziele lagen an der italienisch-französischen Grenze, ungefähr hundert Kilometer westlich von Turin. Nach einer abenteuerlichen Anfahrt über Landstraßen schlug ich mein Basislager im Camping Gran Bosco bei Salbertrand auf.

Für den folgenden Tag hatte ich mir die Rundtour über Sestriere und den Colle delle Finestre vorgenommen. Anders als bei meiner ursprünglichen Planung entschied ich mich, die Tour entgegen des Uhrzeigersinns zu fahren, sodaß ich die auf den oberen 8,5 Kilometern geschotterte Nordrampe ab Susa zur Abfahrt nutzte. Auf die Assietta-Kammstraße verzichtete ich ganz. Das war - so stellte es sich später heraus - die einzig richtige Entscheidung.

Wie in diesem Jahr bereits gewohnt, fuhr ich noch in der Nacht gegen 3.30 Uhr los. Deshalb hatte ich die sonst stark befahrene Straße nicht nur bis Sestriere die meiste Zeit für mich allein, sondern erlebte erneut ein zauberhaftes Tageserwachen in den Bergen. Überdies kamen mir die morgendlichen Temperaturen von 10 - 13°C sehr entgegen. Ohne viel Schweiß passierte ich noch vor acht den höchsten Punkt der Hauptstraße des bekannten Wintersportorts auf 2033 m NHN.

Die anschließende Abfahrt lag schon bald hinter mir, und mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen machte ich mich an den zweiten Aufstieg des Tages. Das kleine Sträßchen zum Finestre erwies sich als eine ausgesprochen schöne Strecke. Tolle Ausblicke, fast ohne Verkehr, mit genügend Schatten durch Wald und Bewuchs und außerdem kurvenreich. Herz, was willst Du mehr!

Von der Paßhöhe des Colle delle Finestre schaut
man direkt in die steilen Schotterserpentinen
der Nordauffahrt (Aufnahmeort)
Als ich gegen elf oben stand, hatten endlich auch die Offroad-Kraftahrer ausgeschlafen und kamen mir auf der Schotterpiste hinab nach Susa zu Dutzenden entgegen. Dabei mußte ich mich auch ohne diese zusätzlichen beweglichen Hindernisse schon genügend mit dem Untergrund herumärgern. Um nicht eine Reifenpanne zu riskieren, fuhr ich nämlich die meiste Zeit über mit gezogener Bremse und langsamer als Schrittempo. - Ich zählte jeden Höhenmeter und jeden Kilometer bis zum Beginn des Asphalts!

Doch auch danach gab es keine Erholung, weil nun endlos viele enge Serpentinen folgten. Das gab den Bremsbelägen meiner Magura-Scheibenbremse den letzten Rest. Noch bevor ich Susa erreichte, hörte ich die charakteristischen Geräusche, wenn das Trägermetall allmählich auf der Bremsscheibe schleift. Ich war heilfroh darüber, daß ich nur noch relativ wenige Höhenmeter bis ins Tal hatte. - Die anschließenden mehr als 20 km und rund 500 Hm bis zum Camping zogen sich in der Gluthitze des Nachmittags länger hin als erwartet, brachten mich aber nicht mehr an den Rand der Erschöpfung. Ich fand genügend Brunnen, an denen ich meine Trinkvorräte auffüllen konnte.

Gestern wollte ich eigentlich den Tag nur dafür nutzen, mein Handbike wieder in Schuß zu bringen und den fälligen Blogartikel zu schreiben. Freilich war für den Mittwoch - also heute - viel Regen angekündigt, während am 3. August bei angenehmen Temperaturen die Sonne schien. Also setzte ich mich nach dem Wechsel der Bremsbeläge und dem Luftpumpen auf mein Gefährt, um in Richtung Bardonecchia zu fahren. Da war es schon 10.00 Uhr.

Es wurde eine recht entspannte Tour - im Vergleich zu den vorherigen Aktivitäten. Zunächst kletterte ich von Bardonecchia hinauf zum Weiler Rochemolles, weil es dort einen größeren Stausee gab. Ab dem Ort wären es dorthin noch knapp 4 km und 350 Hm auf einer Offroad-Piste analog der Finestre-Nordauffahrt gewesen. Das ersparte ich mir, zumal ich gerade eine interessante Alternative beim Stöbern auf Quaeldich.de entdeckt hatte.

Von dem letzten größeren Talort nach Susa startete ich gegen 13.15 Uhr noch einmal durch zum Col de l'Echelle (1766 m). Die 480 Hm sollten doch wohl noch zu schaffen sein! Auch dieser Anstieg war hinsichtlich der Steigung fast ausschließlich angenehm zu fahren. Allerdings schaute ich mich am höchsten Punkt zunächst etwas ratlos nach dem Paßschild um, bis ich bemerkte, daß diese markierte Stelle erst knapp 2 km später am Ende einer fast ebene Hochalm kam. Schnell hakte ich diesen Tagesordnungspunkt noch ab, bevor ich umkehrte.  Denn inzwischen hatte sich der Himmel zugezogen und Schlechtwetter war im Anmarsch.

Immerhin genehmigte ich mir in Bardonecchia noch einen kurzen "Stadtbummel" inkl. Besuch der Fußgängerzone. Ich habe aber schon schönere Flaniermeilen gesehen ... Wie im Sausewind rollte ich danach zurück zum Camping, doch während es bald darauf an meinen Tageszielen regnete, blieb es in Salbertrand bis jetzt trocken.

Sehr angenehm!

Track der Handbiketour vom 02.08.2021
Track der Handbiketour vom 03.08.2021

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