20. Oktober 2021

Baustellenrodeo

Zwar habe ich aufgrund der Streckenlänge eine Handbiketour ins Böhmische Mittelgebirge für dieses Jahr ad acta gelegt, doch im Zappenland war ich ebenfalls schon längere Zeit nicht mehr. Heutzutage kann man ja nicht mehr ausschließen, daß diese unberechenbaren Machthaber in der nun wieder anbrechenden (Grippe-)Virensaison erneut die Ländergrenzen dichtmachen oder eine Neuauflage von solch obskuren Maßnahmen, wie den persönlichen 15-km-Bewegungsradius, in Erwägung ziehen.

Mit dem Handbike einfach nur im Elbtal in unserer Nachbarland zu fahren, erschien mir jedoch zu einfach - also hakte ich bereits vor der deutsch-tschechischen Grenze mehrere Anstiege ab. Besonders viel Mühe bereitete mir dabei - vor allem wegen des frisch aufgeschütteten groben Schotters auf den ersten steilen 100 m - die Kletterei aus dem Krippenbachgrund zum Sattel zwischen Großem und Kleinem Zschirnstein (s. Track vom 18.10., km 23,9 - 26,1). Normalerweise tue ich mir diese schweißtreibende Rampe nur an, wenn ich mich schinden will. Doch ist immer noch die öffentliche Straße im Grund nahe der Forstmühle gesperrt, sodaß die einzige Alternative der weiter talaufwärts gelegene Forstweg gewesen wäre.

Die drei Dominanten von Tetschen: Schloß,
Tyrš-Brücke und Schäferwand (Pastýřská stěna, Aufnahmeort)
Als ich auf dem Elberadweg die Grenze schließlich nach rund 37 km überquerte, standen deshalb schon 600 Höhenmeter auf der Habenseite. Dabei kam die langwierigste Auffahrt erst noch. Ab Tetschen (Děčín) mußte ich nämlich auf rund 6 km Strecke immerhin fast 300 Hm am Stück bewältigen. Vor allem die ersten fünfhundert Meter wurden ziemlich stressig. Denn wegen der Sanierung der Hauptstraße durch das Polzental (údolí Ploučnice) am Ortsausgang von Tetschen steht mittels Ampelregelung nur ein Fahrstreifen für den Kraftverkehr zur Verfügung. Und das bei diesem langgezogenen Anstieg! Schon einmal war ich in den letzten Wochen hier und kannte deshalb eine Umfahrung. Sinnigerweise fanden dort gerade an beiden möglichen steil aufwärts führenden Nebenstraßen ebenfalls umfangreiche Bauarbeiten statt. Zudem war der eigentliche Polzentalradweg an dieser Stelle nur durch eine Schiebestrecke mit Treppen passierbar.

Mir blieb also nichts weiter übrig, als mich auf die einspurige Strecke zu wagen. Bei einer Fahrbahn, auf welcher eigentlich bei Gegenverkehr nur knapp ein Meter Platz zum Ausweichen blieb, eine ziemlich heikle Angelegenheit - weil ich darüberhinaus auch auf das unbedingte Verständnis der Fahrzeuglenker angewiesen war. Erfreulicherweise klappte alles viel besser als gedacht. Obwohl ich während der Bergauffahrt aufgrund der für mich zu kurzen Grünphasen der Ampel zweimal in den Gegenverkehr geriet - dann fuhr ich ganz weit ran an die Seite und wartete ab - agierten die Autofahrer extrem rücksichtsvoll und ohne Verärgerung. Ein Mann im Posttransporter grüßte mich sogar mit einem freundlichen kurzen Hupen und Handzeichen. Natürlich beeilte ich mich trotzdem, diese Gefahrenstelle hinter mich zu lassen. Das Schicksal soll man nicht zu oft herausfordern.

Die kurzen Bergauf-Sprints und danach der lange Anstieg brachten meinen Kreislauf jedenfalls ordentlich in Schwung. Es dürfte wohl fast das letzte Mal in dieser Saison gewesen sein, daß ich nur im Kurzarmtrikot und Ärmlingen gefahren bin. Nach Güntersdorf (Huntířov) kamen dann noch einige weitere Auffahrten, aber die waren wesentlich weniger anstrengend. Selbst die relativ kurze 14%-Rampe in Porschdorf (s. Track vom 18.10., km 102,8 - 103,5) brachte ich noch verhältnismäig zügig hinter mich. Die 15 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit erreichte ich bis zum Schluß aber nicht mehr.

Dafür kam endlich die Sonne.

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