30. Juni 2024

Freundliche Nachbarn

Die Woche quälte mich mit großer Hitze. Obwohl es derzeit sehr lange hell ist und es sich somit noch lohnen würde, erst ab 16.00 Uhr zu einer kleinen Runde im Handbike aufzubrechen, machten Temperaturen über 30°C meine Überlegungen zunichte. Auch für das Wochenende sah es diesbezüglich nicht gut aus, außerdem waren für Sonntag wieder einmal Unwetter angekündigt.

Für mich bedeutete das, den ersten Tag des Wochenendes exzessiv für sportliche Aktivitäten zu nutzen. Eine Strecke für eine Handbiketour hatte ich mir schon überlegt; und am Freitag begab ich mich zeitiger in die Horizontale, damit ich sonnabends wenigstens die ersten Kilometer in der Nacht sowie am frühen Morgen zurücklegen konnten. Denn da herrschten immer noch angenehme Temperaturen um die 15°C - für mich also optimale Bedingungen.

Die ersten 600 Hm bis zum Nollendorfer Paß (Nakléřovský průsmyk) und damit den längsten und größten Anstieg schaffte ich daher vor der großen Hitze, erst nach der folgenden langen Abfahrt wurde es warm. Auch als ich später die Randgebiete des linkselbischen Böhmischen Mittelgebirges streifte,  ließ es sich aushalten. Denn nach einem kurzen Zwischenspiel durch das offene Gelände westlich des Milada-Sees (einem renaturiertem Tagebau-Restloch und inzwischen beliebtem Ziel für die Naherholung) tauchte ich in die ausgedehnten Wälder ein, die sich von den Hängen der Vulkanberge herabzogen. Die zweite längere Kletterei des Tages ließ sich also trotzdem immer noch leidlich gut bewältigen, obwohl der Schweiß wegen der hohen Luftfeuchte rann. Die vom kräftigen Regen des Vortags teils klatschnassen Straßen trugen dazu ein Übriges bei, allerdings wurde dabei durch die Verdunstung auch die Luft gekühlt.

Sommer im Böhmischen Mittelgebirge, am
Horizont in Bildmitte der Lobosch (Lovoš) und
rechts davon der Boretzer Berg (Boreč,
Aufnahmeort)
Bereits gegen 11.30 Uhr erreichte ich meinen Umkehrpunkt Leitmeritz (Litoměřice). Anschließend führte mich meine Tour ebenfalls wieder nur durch die Randgebiete des Böhmischen Mittelgebirges, diesmal auf der rechtselbischen Seite. Bei der Planung war mir nämlich klar geworden, daß die direktere Variante mit wesentlich mehr Anstiegen bei der zu erwartenden Hitze eine fragwürdige Schinderei bedeutet hätte. So kletterte ich nur noch einmal bis knapp über 400 m NHN, bevor es während der letzten 70 km bis auf zwei, drei kurze "Brems"berge nur noch rollte.

Der erste Teil der dritten und letzten große Auffahrt durch die mir noch unbekannte abwechslungsreiche Gegend hinter Leitmeritz (s. Track vom 29.06., km 102,3 - 117,2) überraschte mich übrigens nicht nur mit seinem welligen Profil, sondern wurde auch zum Brennpunkt meiner Tour. Weil es hier kaum schattige Straßenabschnitte gab, trocknete ich selbst dabei schneller aus, als mir lieb war. Trotz gewohnter Sparsamkeit mußte ich nun mehrmals zur Flasche greifen, um mir wenigstens den Mund anzufeuchten. In Konojed (Konojedy) trank ich den letzten Rest Wasser, nun verblieb mir nur noch ca. 1l Limonade. Da sah ich in einem Grundstück jemanden mit einem Gartenschlauch hantieren. Daraufhin fragte ich, ob ich nicht etwas Wasser bekommen könnte. Das Mädchen holte ihre Eltern, denen gegenüber ich mich erklärte. Natürlich halfen sie mir und füllten zweimal meine Flasche auf (die erste Füllung verdunstete sofort in der Kehle)! Wir unterhielten uns ein wenig, und der Mann ließ sich daraufhin nicht davon abhalten, mir zum Abschied ein Stieleis zu spendieren.

Aber das erlebe ich bei unseren Nachbarn immer wieder: Hilfe gegenüber Fremden ist für sie selbstverständlich, und wenn man mit ihnen auch noch tschechisch redet, geht - selbst wenn man die Sprache nicht perfekt beherrscht - noch eine ganze Menge mehr! Ich jedenfalls fühlte mich nach dem Wasser und dem Eis herrlich erfrischt und nahm mit neuem Elan die letzte Auffahrt unter die Räder.

Solche Erlebnisse motivieren mich ungemein!

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