15. August 2024

Der lange Weg nach oben

Camping Piona bei Colico am Comer See: 200 m s.l.m. (metri sul livello del mare), Passo San Marco: 1992 m s.l.m. - allein diese Fakten legten nahe, daß meine siebente Urlaubsunternehmung im Handbike kein Spaziergang werden würde. Allein die Höhendifferenz beträgt nämlich schon 1800 m.

Ufer am Camping Piona in der Piona-Bucht des
Comer Sees (Aufnahmeort)
Ich wollte deshalb gestern auch sehr zeitig losfahren, vor allem, um der erwarteten Hitze aus dem Weg zu gehen. Wenige Meter später guckte ich jedoch erstmal dumm aus der Wäsche: das massive Tour zum Camping war noch verschlossenen, so wie es bei der Anmeldung angekündigt worden war. Leider ließ sich der Fußgängereingang nicht mit meinem Handbike passieren, also mußte ich warten, bis sich dann das Tour um kurz vor Sieben öffnete.

Dann aber Tempo! Diesmal hatte ich keine passende Strecke nach Morbegno, dem Ausgangsort der Paßbefahrung, geplant. Deshalb ließ ich mich durch das Navi lotsen, welches mich dorthin auf kilometerweit schnurgerader und verkehrsintensiver Landstraße führte. Aber zum Einrollen war die Verbindung am noch kühlen Morgen ganz gut.

Die Auffahrt begann unmittelbar am Ortsausgang von Morbegno, doch stieg die Straße in den langgestreckten Serpentinen ganz gleichmäßig mit einer Steigung von ca. 6-8% an. Außerdem fuhr ich herrlich kühl im Schatten. Die ersten 600 Hm bis Valle waren dementsprechend "schnell" gewonnen. Dort tankte ich zum ersten Mal Wasser nach. Bei der Ortsdurchfahrt von Albaredo wurde es steiler, doch konnte ich auch hier bei den letzten Häusern noch einmal die Flasche leeren und gleich wieder auffüllen. Beim Blick auf den Wegweiser am Straßenrand wurde mir jedoch klar, daß es bis zum Paß noch 6 km weiter - nämlich insgesamt 26 km ab Morbegno - war, als ich bisher im Kopf abgespeichert hatte.

Vielleicht bremste mich diese Einsicht mental aus, jedenfalls mühte ich mich ziemlich in den nachfolgenden Serpentinen. Allerdings schreibt darüber auch der Autor der Paßbeschreibung auf Quaeldich.de von einem "zäh" zu fahrenden Abschnitt. Mittlerweile zogen erste Wolken auf, was mir aber gar nicht unwillkommen war. Denn die Straße lag nun immer mehr in der Sonne. Obwohl ich versuchte, mit meinen Trinkvorräten sparsam umzugehen, nahmen sie dennoch beständig ab. Bis zum Paß sollte es jedoch reichen. Kurz nach der Baumgrenze passierte ich unmittelbar an der Straße gelegene Almhütten, wo gerade zwei Männer und zwei Frauen zugange waren. Der Versuchung konnte ich nicht widerstehen: weil ich auch hier weder Quelle noch Brunnen sah, hielt ich meine fast leere Flasche hoch und bat um Nachschub. Irgendwo würde es doch bei den Hütten Wasser geben! So war es auch, und die nette Hirtin (?) füllte mir gleich mehrmals (ich trank reichlich!) nach.

Knapp unterhalb des Passes schweift der Blick
tief hinunter ins Veltlin (Aufnahmeort)
Solcherart gestärkt, ging es an die letzten drei Kilometer, auf denen noch fast dreihundert Höhenmeter überwunden werden mußten. Ich wollte baldmöglich am Paß ankommen, grummelte und rumpelte es doch inzwischen recht bedrohlich um mich herum. Da war Schlechtwetter im Anzug! Trotz kürzerer Ruhepausen ging es nun leidlich gut voran, und tatsächlich schaffte ich es bis 14.30 Uhr zur Paßhöhe. Geschafft! Der Blick zurück bestätigte mir meine Befürchtung: während sich über mir blauer Himmel erstreckte, verschwanden das Tal und der untere Teil der Anfahrtsstrecke hinter dichten Regenschleiern. Ich mußte nun zwar warten, blieb dafür aber trocken.

Auch die anschließende Rückfahrt ins Tal auf der gleichen Strecke absolvierte ich im Trockenen, teils jedoch auf noch nassen Straßen. Pünktlich bei meiner Ankunft in Morbegno ging der nächste größere Schauer nieder. Natürlich fand ich sofort einen passenden Unterstand. Nach einer reichlichen Viertel Stunde konnte ich weiter und steuerte auf den Radweg durch das Veltlin ("Sentiero Valtellina") zu, der mich entlang des Flusses Adda völlig kraftverkehrsfrei zurück bis Colico brachte. Kurz davor zwang mich Regen erneut zu einer Pause, diesmal unter einer Brücke, wo ich schließlich mehr als eine Stunde ausharren mußte.

Erst 19.10 Uhr rollte ich in meinem Basislager wieder ein, doch war ich dafür den ganzen Tag nicht naß geworden. Bei einem Wetter, welches so regnerisch gar nicht angekündigt wurde, ist das beachtlich!

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