31. Mai 2021

Hecht im Haifischbecken

Die Tour zur Burg Kokorschin (Kokořín) stand in diesem Jahr auf meiner Wunschliste, seitdem die Grenzen zum Nachbarland wieder für den Tourismus offen waren. Im Handbike ist das durchaus eine Herausforderung, denn selbst mit dem dünnsten Brett komme ich dabei auf 238 km Streckenlänge für Hin- und Rückweg.

Nachdem mir Lád'a davon abgeraten hatte, dorthin am Pfingsmontag zu fahren (dieser Tag ist in der Tschechischen Republik kein Feiertag), bot sich die Runde als Wochenendprogramm an. Diesmal gab es einen entscheidenden Vorteil, in dessen Genuß ich beim Besuch der Burg kam: Lád'a konnte und wollte mich einen Großteil der Strecke begleiten. Auch Christiane schloß sich uns an, denn sie brauchte nach eigener Aussage "noch ein paar Trainingskilometer" für das geplanten Großprojekt von uns dreien.

Überhaupt wird mir diese Frau langsam unheimlich. Am Freitag fuhr sie im Urlaub zwischendurch mal schnell knapp 59 km und 1220 Hm zum und beim Geocaching nahe Frauenstein, am Sonnabend dann gleich 218 km und 1956 Hm auf der von mir in diesem Jahr bereits gefahrenen Sachsen-Süd-Nord-Tour, und ohne Pause gestern schließlich noch 294 km und 2109 Hm hintendran. Macht an den drei aufeinanderfolgenden Tagen zusammen schlappe 571 km und 5285 Hm ... Unglaublich!

Mit Christiane fuhr ich gestern übrigens schon ab Rosenthal gemeinsam, denn dort hatte sie mich nach ihrem längeren Anfahrtsweg aus der Gemeinde Kreischa eingeholt. In Kwitkau (Kvítkov) kam uns dann bei km 73 mein tschechischer Kamerad entgegen - ab da fuhren wir zu dritt. Kurz zuvor mußten Christiane und ich uns jedoch zusätzliche Kilometer und Höhenmeter auf einem kurzen Umweg mühen, denn aufgrund eines Brückenbaus waren rund 30 m der vorgesehenen Strecke unpassierbar. In Tschechien sollte man eben nie aufgestellte Sackgassenschilder - so wie in Deutschland - ignorieren ...

Immerhin entfaltete sich von der Hochfläche vor uns ein grandioses Panorama über das Böhmische Mittel- und Lausitzer Gebirge. Eine solch eindrucksvolle Landschaft mit unzähligen spitzen Vulkankegeln habe ich sonst noch nirgendwo gesehen. Sie begeistert mich immer wieder auf's neue. 

Die anschließende Fahrt durch die landschaftlich schönen Täler bis zum Tourenziel hätte mir sicherlich noch mehr gefallen, wenn dort nicht die Straßen in teils erbärmlichen Zustand gewesen wären. So galt ein großer Teil meiner Aufmerksamkeit immer den nächsten Schlaglöchern, die ich umkurven mußte.

Auf dem Weg in den Burghof der
Burg Kokořín (Aufnahmeort)
Die Burg Kokorschin wurde dann besonders für mich ein tolles Erlebnis. Denn mit Lád'a's ausgiebiger Hilfe gelangte ich dort sogar bis in den Burghof - ganz abgesehen davon, daß auch die Steigung der ersten Meter des Waldweges zur Burg zu groß ist ist, um diesen Abschnitt allein zu bewältigen. Die Holzrampe zur Brücke, über welche das Burgtor erreicht wird, war zum Schluß gefühlte 30° steil. Ohne Hilfe keine Chance im Handbike, aussichtslos mit dem Rolli ...

Nach diesem Höhepunkt unserer Tour fuhren wir zur Elbe und dort ab Wegstädtel (Štětí) meist auf dem Elberadweg wieder zurück. Für viele Handbiker wären die letzten etwa 135 Kilometer eine lange Tagestor - für Christiane und mich wurde das nur die Heimfahrt. Lád'a hatte am Ende noch etwas mehr in seiner Tourenbilanz aufzuweisen. Nach unserem Abschied in Tetschen (Děčín) addierten sich weitere reichlich 40 km und 300 hm zu seiner Strecke, sodaß er mit 302 km und 2460 Hm unser Champion des Tages wurde.

Sowohl gegen die Aktion meines Sportfreunds, als auch gegen Christianes Dreitagetraining, nimmt sich meine Bilanz vom Wochenende eher bescheiden aus. Doch als Hecht im Haifischbecken habe ich mich wieder mit meinen Freunden sehr wohl gefühlt. Schließlich werde ich ja nicht gefressen, sondern gut umsorgt.

Mein Glück!

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