31. Dezember 2023

Starker Auftakt, starker Abgang

In den letzten Tagen des Jahres 2023 ist es wieder an der Zeit, die Geschehnisse der vergangenen 12 Monate Revue passieren zu lassen. Damit sind natürlich vorrangig meine sportlichen Aktivitäten gemeint, wenn mich auch zunehmend andere Dinge beschäftigen.

Die Welt verändert sich um mich herum, und zwar ganz und gar nicht zum Guten. Doch meine meistens sehr klare Meinung über bestimmte politische Entwicklungen sowie zum Umgang mit Konflikten gehört - so finde ich - nicht hierher. Ich halte es lieber mit einem alten Grundsatz, der Sport stets von Politik trennt - auch wenn zunehmend versucht wird, diesen politisch zu instrumentalisieren. Das alles gab es in diesem Land schon mindestens einmal ...

Der definitive Höhepunkt meines Sportlerjahres 2023 war unzweifelhaft die erfolgreiche Teilnahme von mir und meinen Freunden Christiane und Carsten am schwedischen Vasaloppet Ende Februar. Auf dieses Ziel hatten wir seit 2022 hingearbeitet, und mir war diese Veranstaltung so wichtig, daß ich über den gesamten Monat Februar nicht einen einzigen Kilometer im Handbike zurücklegte, sondern alle Energie für unser Vorhaben aufwandte. Es wurde ein beinahe triumphaler Durchmarsch, den ich nur gemeinsam mit meinen Freunden erreichen konnte. Mit unserer Teilnahme machten wir deutlich, wie Inklusion tatsächlich aussehen kann - ohne, daß die nicht eingeschränkten Sportler um die Behinderten herumtanzen, diese bespaßen und sich dabei selbst ob ihrer Großmütigkeit auf die Schultern klopfen.

Danach fiel ich erstmal in ein Motivationsloch, denn was für ein großes Projekt könnte es noch für mich geben?! Ich habe inzwischen so viel erreicht, da gehen mir allmählich die Ideen für realistisch umsetzbare anspruchsvolle Vorhaben aus.

Erst, als es nach der Tag-und-Nacht-Gleiche wieder lange genug hell für größere Strecken war und der Frühling mit für mich optimalen Radsport-Temperaturen lockte, besann ich mich auf alte Stärken. Nach dem ersten langen Kanten am 30.04. folgten im Mai drei, im Juni zwei und am 01.07. die letzte der diesjährigen Strecken mit mehr als 200 km Streckenlänge. Anfang September erreichte ich diese Entfernung zwar fast noch ein weiteres Mal, nach der Distanzkorrektur waren es dann an diesem Tag jedoch "nur" 199,2 km. Für mich gehörte es deshalb zu meinem Verständnis von Ehrlichkeit, diese Tour nicht als Langen Kanten anzuerkennen - auch wenn ich konditionell locker die noch fehlenden 800 m geschafft hätte. So sind es halt sieben 200+-Strecken ...

Aus diesen Langstrecken-Unternehmungen ragt meine Nonstop-Rundtour durch die drei größten sächsischen Städte Dresden, Chemnitz und Leipzig hervor. Die Idee zu diesem "Drei-Städte-Giro" lag bei mir schon eine Weile in der Schublade, zumal ich bereits in den vorangegangenen Jahren Lange Kanten nach Chemnitz (und zurück) sowie Leipzig (und zurück) erfolgreich absolviert hatte. Für die 324,54 km und 2.249 Hm benötigte ich brutto 23 Stunden und 17 Minuten, lt. Strava (netto, also reine Fahrzeit) 20:53:46.

Abgesehen von etlichen gemeinsamen Skitouren mit Christiane (und Carsten) zur Vorbereitung auf unseren Wasalauf, bin ich allerdings im Jahr 2023 unterdurchschnittlich oft mit meinen besten Freunden zusammen auf Tour gewesen. Lád'a war in dieser Saison sehr oft auf Reisen, und Christiane hatte ebenfalls fast das ganze Jahr über einen vollen Terminkalender. Trotzdem freute ich mich über die Ausfahrt mit meinem tschechischen Kameraden zum Drei-Länder-Eck Tschechien-Polen-Deutschland sowie über die Tour zum Varhany-Radweg, auf der mich Christiane begleitete. Immerhin klappte es am Ende meines Sommerurlaubs noch mit unserer Biwak-Tour, bei der Christiane, Lád'a und ich zwischen zwei Touren im Schlafsack in einer Schutzhütte im Osterzgebirge nächtigten.

Die nächste Erfolgsgeschichte war meine Alpenpässejagd mit dem Handbike im Sommer, welche mich durch Regionen des Gebirges in der Schweiz, in Italien sowie in Frankreich führte. Auch wenn es diesmal neben viel Licht auch einigen Schatten gab, kann ich sehr zufrieden auf diese drei Wochen zurückblicken.

Nach mehreren Jahren ohne größere oder längere Aktivitäten im Rollstuhl, war ich 2023 wieder häufiger sportlich mit diesem Gefährt unterwegs. Nicht zuletzt wurden meine Rolliwanderungen durch ein Projekt des Tourismusverbands Sächsische Schweiz ausgelöst, welches die Überprüfung und ggf. Neuerfassung von barrierefreien/-armen Wandervorschlägen im Gebiet und ihre Aufarbeitung bzw. alternativ Bereitstellung im Internet-Tourenportal für Gäste mit Mobilitätseinschränkungen beinhaltete.

Getreu meines Grundsatzes, daß Ausflüge mit Freunden viel schöner sind, als allein irgendwo herumzuwursteln, holte ich mir dafür liebe Begleiterinnen an Bord. Mit Ute, meiner Physiotherapeutin und inzwischen auch gute Freundin, sowie Peggy vom Tourismusverband, mit der mich meine Vergangenheit als Kletterer verbindet, unternahm ich etliche Ausflüge im Rollstuhl in die Sächsische Schweiz. Obwohl manchmal richtig anstrengend, hatten wir immer unseren Spaß dabei, wobei ich dank Peggy und vor allem Ute niemals hungern mußte.

Neben der Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Sächsische Schweiz engagierte ich mich 2023 übrigens auch noch bei weiteren Gelegenheiten. Erstmals konnte ich beispielsweise den Fortgang der Bauarbeiten zur Erweiterung der Saupsdorfer Hütte des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB) vor Ort begutachten. Der Initiative des umtriebigen Hüttenwart-Ehepaars ist es zu verdanken, daß diese Unterkunft bald auch für Gäste mit Handicap nutzbar sein wird. Desweiteren beteiligte ich mich im Mai an der Ausgestaltung des in diesem Jahr wieder aufgelegten Berggottesdienstes in der Kuhstallhöhle des Neuen Wildensteins, für den ich einen kurzen Impulsbeitrag beisteuerte. Außerdem ergab sich vor einigen Wochen die Möglichkeit, auf Einladung der Verwaltung der Festung Königstein, den dort veranstalteten historischen Weihnachtsmarkt auf seine barrierefreie Zugänglichkeit zu testen. Dieser Termin war vor allem deswegen interessant, weil sich daraus gewiß weitere Anlässe für gemeinsame Projekte mit den Verantwortlichen für die Festung zum Thema Barrierefreiheit entwickeln. Meine Begleiter und ich wurden von ihnen jedenfalls mit offenen Armen empfangen.

Statt - wie bei mir schon beinahe Tradition - im Herbst noch einmal ein paar freie Tage für Erkundungen im Handbike irgendwo in Deutschland zu planen, verbrachte ich fast den gesamten Monat Oktober im Nordschwarzwald. Während meiner (regulären) Reha in der Heinrich-Sommer-Klinik des Berufsförderungswerks in Bad Wildbad nutzte ich die behandlungsfreie Zeit für Handbiketouren und Rollispaziergänge. Das oft wesentlich anspruchsvollere Streckenprofil dieses Mittelgebirges setzte mir dabei auf meinen Unternehmungen im Handbike viel stärker konditionell zu, als ich es erwartet hatte. Wenigstens eine dieser Aktionen war ziemlich grenzwertig. Dagegen gefiel es mir auf dem Baumwipfelpfad mit dem barrierefrei berollbaren Aussichtsturm richtig gut - kein Wunder bei den spätsommerlichen Temperaturen weit über 20°C an diesem Nachmittag.

Fast hätte mein Tourenjahr mit Wintersport geendet, denn Ende November versank innerhalb weniger Tage die Landschaft bis hinunter ins Elbtal (wo ich wohne) im Schnee. Mit den drei darauffolgenden Ausfahrten im Tandemski-Gespann summierten sich dabei in meiner Skilanglauftouren-Bilanz für 2023 beachtliche 412 km auf 12 Touren, was einer durchschnittlichen Streckenlänge pro Tag von mehr als 34 km entspricht. Dann aber kam das große Tauwetter, und selbst das zweitägige Schneechaos in den Höhenlagen meiner Heimat unmittelbar vor Weihnachten änderte nichts mehr daran, daß keine weitere Skitour mit meinen Freunden im Restjahr folgte.

Dafür öffnete sich für mich völlig unerwartet ein Fenster, meine eigenen Vorgaben für Aktivitäten im Handbike hinsichtlich Streckenlänge und Höhenmeter bis zum Jahresende doch zu schaffen. Am 23.12. fehlten noch fast 620 km und 1875 Hm bis zur Ziellinie. Mit einem bisher (von mir) noch nie erlebten Kraftakt gelang mir dank akzeptabler Witterungsbedingungen das scheinbar Unmögliche - so, wie wahrscheinlich die wenigsten Leute gedacht hätten, daß ich mit meinem Langlaufschlitten (im Skitandem) beim Wasalauf überhaupt im Ziel ankomme.

Noch bin ich fähig, immer wieder zu überraschen!

PS: Die Abbildungen diese Beitrags enthalten alle statistischen Informationen meines Sportlerjahres 2023. Wer genau hinschaut, wird bemerken, daß ich hinsichtlich Durchschnittsgeschwindigkeit weit unter meinem angepeilten Wert liege. Statt mindestens 15,0 km/h sind es nämlich nur 14,6 km/h. Ich mache dafür nicht nur mein wartungsbedürftiges Handbike (u.a. verschlissene Lager und Antriebskomponenten) verantwortlich, ich selbst werde mich wohl ebenfalls dem altersbedingten Nachlassen der Leistungsfähigkeit stellen müssen. Aber damit kann ich leben, auch wenn's manchmal schwer fällt.

PPS: Auf meinen Facebook-Seiten habe ich eine weitere schlaglichtartige Zusammenfassung meines Sportlerjahres 2023 inklusive vierzig kommentierter Bilder veröffentlicht.

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