Das war schon ein verrücktes Jahr 2020! Die im Spätwinter ausgerufene SARS-CoV-2-Pandemie durchkreuzte so ziemlich alle sportlichen Pläne, die ich mir für die Saison gemacht hatte. Aber der Reihe nach ...
Noch mit allen Bewegungsfreiheiten ausgestattet, ließ mich Anfang des Jahres der Winter im Stich. Es wollte und wollte nicht schneien, und als dann endlich mal an zwei Wochenenden ausreichend Schnee im Osterzgebirge lag, klappte es bei mir nicht. Sogar im sonst schneesicheren Isergebirge sah es meist ziemlich mau aus, so daß der Winter für mich ohne eine einzige Skitour zu Ende ging.Umso mehr freute ich mich auf den Frühling, denn endlich wollten Lád'a und ich mit unseren tschechischen Sportfreunden zum Saisonauftakt wieder mal in die Toskana fahren. Die ersten eintreffenden Horrormeldungen beflissentlich ignorierend, wurden wir bei der Quartiersuche schon bald darauf ausgebremst. Zwei Wochen später war das Vorhaben gestorben.
Bildergruß von einem Freund |
Allein im April absolvierte ich dabei drei Lange Kanten (Strecken über 200km) bis nach Südbrandenburg, zum Collmberg und rund um Dresden. Auch die folgenden zwei Langen Kanten zum Schloß Augustusburg im Erzgebirge und in den Fürst-Pückler-Park Bad Muskau waren perfekt als Vorbereitung für mein größtes Langstreckenvorhaben in diesem Jahr geeignet. Bereits kurz nach meiner erfolgreichen Nonstop-Tour nach Prag und zurück stand nämlich die Fahrt mit dem Handbike in die deutsche Hauptstadt auf meiner Wunschliste. Das Projekt "Berlin Alexanderplatz" konnte ich nun am letzten Maiwochenende verwirklichen. Mit 435 km Länge war die Tour nur reichlich 100 km kürzer als der Styrkeprøven, den ich im Jahr 2012 bewältigt hatte. Nach einem weiteren 200er ins Lausitzer Gebirge war ich immer noch hochmotiviert, um gleich das nächste Langstreckenprojekt anzugehen. Mit der Handbiketour nach Leipzig über 313 km führte ich endgültig die neue Kategorie "Ultra" bei der Klassifizierung meiner Strecken ein.
Summa summarum stehen im Jahr 2020 acht Strecken über 200 Kilometer auf der Endabrechnung - das sind doppelt so viele, wie durchschnittlich in den letzten Jahren. Außerdem habe ich mit 1761 km im April einen neuen Monatsbestwert sowie mit 1840 km im Juni einen Rekord für das monatliche Streckenpensum erreicht. Pandemiebedingte Einschränkungen im Sport gab es bei mir letztlich keine - eher andersherum.
Dafür stand der ebenfalls geplante Tourenurlaub in den Alpen lange Zeit auf der Kippe. In Nordwestitalien und Südostfrankreich mit dem Handbike auf Pässejagd zu gehen, hatte ich sowieso schon abgehakt. Dort weiterzumachen, wo ich im vergangenen Jahr verletzungsbedingt aufhören mußte, erschien mir angesichts der Reisebeschränkungen illusorisch. Deshalb lag mein Hauptaugenmerk für den Sommer auf der Schweiz.
Dazu kam, daß ich durch meine über die Internetplattform Strava veröffentlichten Aktivitäten inzwischen weitere Kontakte in das südliche Nachbarland geknüpft hatte. Besonders Silvia und ich waren uns als begeisterte Radsportler bald sympathisch, so daß wir einige gemeinsame Touren in ihrer Heimat planten. Sie war zwar der Meinung, daß sie aus dem Flachland kommt - aber ihre "Hügel" im Schweizer Jura sollten sich bei unseren Ausflügen als ernstzunehmende Herausforderungen entpuppen.
Glücklicherweise entspannte sich rechtzeitig vor dem Sommer die Lage. Meine Alpenfahrt verband ich gleich mit einem Besuch bei einem Freund aus der Zeit unserer Erstreha in Kreischa. Damit begannen für mich die schönsten Tage des Jahres. Silvia haute gleich von Beginn an ordentlich auf die Pauke. Manches Mal fragte ich mich, wie sie die Bummelei mit mir in den Bergen ertragen konnte - aber mein tschechischer Kamerad kann es ja auch. Lád'a und ich sind jedoch schon viele Jahre miteinander befreundet, meine Begleiterin in der Nordschweiz kannte mich bisher nur über das Internet. Jedenfalls werden den drei schönen Touren mit dieser tollen und supersportlichen Frau zukünftig gewiß weitere folgen, sofern es nach mir geht.
Danach habe ich während des Urlaubs noch den Chasseral, den höchsten Berg des Berner Juras, erklommen, bevor ich mir die Anstiege in den Alpen vornahm. Für zwei Touren im Wallis konnte sich endlich auch mal wieder mein Schweizer Handbike-Sportfreund Rudy einklinken, mit dem ich auch schon so manchen Paß bezwungen habe. Die anstrengendste aber auch eindruckvollste Bergtour wurde die Fahrt zum Männlichen über Grindelwald. Daß ich mich bergauf recht quälte, lag vermutlich auch an meinem nicht mehr 100%ig einsatztauglichem Gefährt. Für weitere Details gibt es meinen Reisebericht und kommentierte Bilder.
Eigentlich wollte ich meine Urlaubswoche im Spätherbst dann am liebsten an der Ostsee verbringen. Allerdings begann im Oktober wieder das ganze Corona-Theater, so daß dort die gewünschte Unterkunft dicht gemacht hatte. Auch meine Ausweichquartiere mußten sich den neu erlassenen Verordnungen beugen, so daß zum Schluß noch nicht einmal das relativ nah gelegene Görlitz übrig blieb.
Selbst zuhause wurde es bei all diesen Verbotsorgien der Politiker immer schwieriger, sich genügend freie Räume für die Ausübung des Sports zu bewahren. Es ist schon ein gewissermaßen trauriger Höhepunkt, wenn ich nicht mehr detailliert über meine Aktivitäten berichten und meine Tourentracks veröffentlichen kann, weil ich befürchten muß, nicht mehr nur diffamiert, sondern auch denunziert zu werden. Ein solches Handeln haben bisher die öffentlichen Berichterstatter ausschließlich den zentralistischen Staaten wie z.B. China unterstellt.
Obwohl das Handbike mit Abstand das wichtigste Sportgerät für mich ist, gab es im Jahr 2020 auch noch weitere Ereignisse, die in der Rückschau erwähnenswert sind. Unter der Rubrik "Rollstuhlwandern" zählt hier vor allem meine zweite "Besteigung" der Schneekoppe im Riesengebirge mit ausgiebiger Unterstützung durch meine Freunde. Auch diesmal war es eine klasse Aktion, über die ich mich sehr gefreut habe. Genauso gern erinnere ich mich an den kurzen Nachmittagsausflug zur Basteibrücke, denn dorthin gelangt man nur über viele Stufen, wozu unbedingt Hilfe erforderlich ist. Aber die Begleitung durch Fußgänger empfehle ich rollstuhlfahrenden Besuchern des Elbsandsteingebirges ja sowieso, wie u.a. in einem Beitrag des MDR-Magazins "Selbstbestimmt" zu hören ist.
Nach diesem Rückblick auf meine Aktivitäten komme ich nun zur trockenen Statistik. Vielleicht wundert sich mancher über die nun folgenden Zahlen, aber das Thema "Corona" ist für mich durchaus nicht ausschließlich negativ konnotiert. Es hängt eben auch davon ab, was man aus einer an sich ungünstigen Ausgangssituation macht. Ich konnte dabei oftmals sogar das Vorzeichen umdrehen und mir zuguterletzt selbst die Krone auf's Haupt setzen.
Die beeindruckendsten Zahlen liefert sicher die Zusammenfassung: Auf 121 Touren habe ich eine Strecke von 15.338 km zurückgelegt und dabei gleichzeitig 157.554 Hm bewältigt. Das sind durchschnittlich 126,7 km und 1302 Hm pro Tour oder 41,9 km und 430 Hm an jedem Kalendertag. Somit entspricht dies fast einem täglichen Marathon. Nicht zuletzt sind mit diesen Werten meine bisherigen Bestleistungen aus dem vergangenen Jahr nahezu pulverisiert worden, denn die alten Rekorde liegen 1899 km bzw. 15.791 Hm darunter. So viele Kilometer bin ich noch nie in einem Monat gefahren, und die Höhenmeter erreiche nur in den Alpenurlaubs-Monaten. Die mir zu Jahresbeginn geleistete Belohnung habe ich mir also redlich verdient! Auch wenn meine Durchschnittsgeschwindigkeit über alle Touren mit 15,3 km/h den Vergleich mit den Werten der Wettkampfathleten und auch zahlreicher anderer Freizeitsportler nicht standhält, so sind doch neben dem auf Robustheit statt Geschwindigkeit ausgelegten Handbike vor allem die vielen Höhenmeter ein triftiger Grund dafür. Meine diesbezügliche Bilanz dürfte unter den Radsportlern auf drei Rädern so ziemlich einzigartig sein.Auf Strava gibt es etliche Handbikergruppen, dreien von ihnen habe ich mich angeschlossen. Schaut man dort in die Statistiken der Mitglieder, sind fünfstellige Jahreskilometerleistungen gar nicht so selten. Allerdings zählen eben die meisten Vollzeit-Handbiker - wenn sie nicht gerade ein e-Handbike fahren - auch die Kilometer zuhause auf der Rolle, manchmal außerdem die vermutlich per Drehwiderstand simulierten Höhenmeter von irgendwelchen virtuell am Trainingsgerät "gefahrenen" Strecken. Das kommt für mich jedoch nicht infrage. Die Rolle ist ein Gerät für relativ kurze Trainingseinheiten unter definierbaren Bedingungen - nicht für stundenlange simulierte "Touren" vor einem Monitor, auf dem die Straße eingeblendet wird.
Draußen werden Helden geboren!
1 Kommentar :
Really great achievements! :)
Krteček by řekl:"Neuvěřitelné"
Ano, hrdinové se rodí venku, ne doma v teple na rotopedech...
Kommentar veröffentlichen